Der Bund der Drachenlanze - 11 Tina Daniell
Besucher, »und der junge Magier ist verschwunden. Er hat Solace mit zwei Freunden verlassen.
Auch sie könnten auf dem Weg hierher sein.«
Seufzend hob der Nachtmeister seinen riesigen Kopf.
Seine Hörner ragten nach oben, als er die Augen an den
dunklen Himmel wandte, um nach Vorzeichen Ausschau
zu halten. Der Nachtmeister war unbesorgt. Im Gegenteil,
er war außerordentlich zuversichtlich.
Es ging etwas vor sich, doch das konnte nichts Wichtiges
sein. Das waren lästige Kleinigkeiten. Fesz war unterwegs,
um mit dem Gefangenen in Lacynos fertigzuwerden. Er
selbst würde sich auf die Ankunft der jungen Frau vorbereiten. Die andere n würden wieder auftauchen, egal wohin
sie verschwunden waren. Welche Ge fa hr konnten sie schon
für das unausweichliche Kommen von Sargonnas darstellen?
»Du hast deine Sache gut gemacht«, knurrte der Nachtmeister dem Schuppenwesen zu.
Dieses kippte erneut Schnaps in sich hinein. Noch vor
Tagesanbruch würde es verschwinden. Keiner konnte
schwören, es gesehen zu haben. Keiner würde sagen können, wer oder was dem Nachtmeister gedient hatte.
Kapitel 7
Flucht aus Ogerstadt
Rums. Raistlin, Flint und Tanis landeten ineinander
verknäult auf dem Boden eines kleinen, rechteckigen,
nichtssagenden Raums mit gekalkten Wänden. Obwohl
erst Sekunden verstrichen waren, seit sie von der Klippe
gesprungen waren, hatte die Zeit während ihres Falls
scheinbar angehalten und sich gedehnt. Alle drei fanden
sich atemlos, benommen und orientierungslos wieder. Flint
war der erste der Gefährten, der taumelnd auf die Beine
kam, gefolgt von dem Halbelfen und dem jungen Zauberer.
Kein Fenster, keine Luke unterbrach die glatten Steinmauern und die Decke des Raums, in dem sie sich befanden. Der einzige Zugang schien eine dicke Eichentür zu
sein. Obwohl er durch das Erlebnis der Reise durch das
Portal immer noch sprachlos war, kroch Tanis hin und
drückte sein Ohr an die Tür, konnte jedoch nichts hören.
In der Mitte des Raums stand sein einziger interessanter
Einrichtungsgegenstand, ein riesiges, vergoldetes, ovales
Stüc k Glas. Es war glänzend und verlockend wie ein Spiegel, und doch war es kein Spiegel. Das Oval lag auf einem
Holzpodest, das in einem scharfen Winkel hochgelehnt
war. An seinem breitesten Punkt bog sich die reflektierende
Oberfläche des Ovals zu einer weiten Vertiefung, die in der
Mitte von einem haarfeinen Schlitz unterbrochen wurde.
Mit dem schwarzen Edelstein, den die Ogerin ihm gegeben hatte, näherte sich Raistlin dem Oval. Er umklammerte
das Amulett fest. Dann murmelte er einen obskuren
Spruch, dem ein einfacher Befehl folgte: »Tor schließen.«
Die Oberfläche bewegte sich fast unmerklich wie ein Augenzwinkern. Der haarfeine Ritz verschwand. Raistlin
nahm das Amulett ab, wickelte es in ein Tuch und steckte
es in eine der Falten seines Umhangs.
»Natürlich bin ich dankbar, daß wir nicht auf diesen Felsen zerschmettert sind«, sagte Flint, »aber wo sind wir?«
Raistlin, der damit beschäftigt war, das Amulett zu verbergen, sagte nichts. Tanis war an der Tür aufgestanden
und zog vergeblich an der stählernen Klinke.
»Abgeschlossen«, sagte Tanis.
»Hab’ ich eigentlich erwartet«, sagte Raistlin.
»Fest versiegelt«, fuhr Tanis fort, der sich hingehockt hatte und durch das Schlüsselloch spähte. »Kein Luftzug. Ich
kann nichts weiter sehen als einen dunklen Gang und ein
paar Türen.«
»Innen oder außen?« wollte Flint wissen, der dazu kam.
»Was?« fragte Tanis.
»Ist die Tür von innen oder außen verschlossen?«
»Ja, natürlich von außen, oder?« fragte Tanis verwirrt.
»Sei dir da nicht so sicher«, warnte Raistlin, der herüber
kam, um sich die Tür anzusehen. Er lehnte sich an die
Wand und schüttelte den Kopf, damit er wieder klar würde. Flint und Tanis wechselten Blicke. »Mir scheint, ich bin
noch etwas wacklig auf den Beinen«, erklärte der junge
Magier.
»Es ist von innen abgeschlossen«, erklärte Flint bestimmt,
nachdem er sich den Mechanismus des Schlosses gründlich
angesehen hatte.
»Wie kann es von innen abgeschlossen sein? Das ist doch
völlig unlogisch.«
Doch Flint achtete nicht länger auf Tanis. Er hatte eines
seiner langen, dünnen Messer und eine Nähnadel herausgeholt und pulte in dem Schloß herum. Der kleine Zwerg
mußte sich nicht weit bücken, um genau zu sehen, was er
tat. Minutenlang sagte keiner ein Wort, während er mit
seinen Möchtegerndietrichen an dem Schloß herumfummelte.
»Wie schade, daß
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