Der Bund der Drei
weitergehen ?«
Dann, auf der Fahrt, vergaßen wir unsern Hundekummer für eine Weile, weil wir uns so über Weffchen freuen mußten. Als wir den Wagen an einem Waldrand parkten und einen langen Spaziergang machten, war es plötzlich ein anderer Hund. Aus seinen Augen war die seltsam dumpfe Verschlossenheit verschwunden. Sie glänzten hell, und er verdrehte sie schelmisch, während er um uns herumsprang. Er fand ein Maulwurfsloch und begann zu buddeln, ganz allein, selig und ungestört. Kein Cocki, der ihn von dem Loch verdrängte gerade dann, wenn es interessant wurde, und kein Peter als ewig lauernde schwarze Drohung im Hintergrund.
Mit einemmal begann er auch zu spielen, schleppte Stöckchen herbei, rannte nach Tannenzapfen, durchstöberte in kleinen Kreisen den Wald, sah jeden Vogel, jedes Eichhörnchen, und zwischendurch kam er hundertmal zurück.
»Da siehst du es«, sagte ich, als wir wieder im Wagen saßen und weiter nach Waldhausen fuhren, »jeder von ihnen wäre glücklich als Alleinhund .«
Frauchen schwieg.
»Sagtest du was ?« fragte ich nach einer Weile.
Ihre Hand streichelte mechanisch das Köpfchen Weffis, der auf ihrem Schoß saß: »Vielleicht hast du recht, man müßte sie alle drei weggeben, denn so geht es ja einfach nicht mehr weiter. Wir selbst sind nervös und böse geworden, das ist dir vielleicht gar nicht aufgefallen .«
Und dann: »Erzähl mir doch mal von deinem Rolf !«
Ich ließ Muckelchen langsam an den Mauern der Tannen vorbeirollen und wunderte mich, wie fern ich jetzt von dem war, was ich in der Nacht gefühlt hatte. Dann aber erzählte ich:
Rolf
Voriges Jahr, im tiefen Herbst, kam ich in das Hotel in Waldhausen. Die Bäume, weißt du, waren wie lodernde Flammen in der klaren Morgensonne, und unter sich hatten sie bunte Teppiche von Blättern gebreitet. Von den Häuptern der Dreitausender fraßen sich die weißen Ströme frischen Schnees jeden Tag tiefer ins Tal, und am Morgen lag dicker Reif über allen Wiesen. Aber die Luft war klar, und es waren jene unbeschreiblichen Tage des Ausklanges, die im Gebirge wolkenlosen Himmel bringen, den durchsichtigen Himmel des Indianersommers...
Die Wirtsleute kannte ich schon von früher, als ich noch unverheiratet war. Als ich sie in der Halle begrüßte, kam plötzlich ein Wolfshund auf mich zu, von einer Schönheit, daß mir der Atem stockte. Löwengolden der Grundton des Felles, kohlschwarz die Decke darauf. Aus den Winkeln der großen, glänzenden Augen, zu den prachtvoll emporgestreckten Ohren herüber, liefen zwei rauchschwarze Streifen, als trage er eine lustige Maske vor dem Gesicht. Die gewaltigen Reißzähne schneeweiß, der blutrote Zungenlappen seitwärts heraushängend, die Lefzen schwarz eingefaßt, schwarz auch die Unterseite des Kiefers, breit und mächtig die Brust, tief der Bug, die Beine lang und nervig, die Hüften schmal. Ich kniete nieder und strich ihm über den Kopf. »Wie heißt er ?«
»Rolf. Bitte Vorsicht, Fremden gegenüber ist er unberechenbar .«
Das Tier hatte sich meine Liebkosung, offenbar in der ersten Überraschung, gefallen lassen, jetzt aber übertrug sich die durch Warnung erzeugte Unsicherheit meiner Hand auf ihn, er zog die Lefzen hoch und stieß ein dumpfes Knurren aus. Ich konnte noch gerade die Hand zurückziehen, einen Zentimeter hinter meinen Fingerspitzen schlugen die Zähne mit hölzernem Klappen zu.
Von diesem Augenblick an erwachte in mir der sportliche Ehrgeiz, die Liebe Rolfs zu gewinnen. Wenn ich ihn richtig taxiert hatte, würde er trotz des Schnappens meine erste Liebkosung nicht vergessen haben. Am besten war es, so zu tun, als beachte man ihn gar nicht. Ich setzte mich zum Abendessen nieder in dem kleinen Extrazimmer mit der Eichentäfelung und den alten Zinnkrügen. Durch die Glastür sah ich ihn kommen. Er blickte hindurch, stellte die Ohren auf, dann richtete er sich hoch, drückte die Klinke nieder, kam auf mich zu und stellte sich neben mich. Ich fühlte seine großen Augen auf mir, aß aber ruhig weiter und studierte anscheinend das Lokalblättchen. Plötzlich wurde mein Ellbogen mit einem Ruck hochgeworfen. Eine lange Schnauze schob sich zwischen Arm und Lehne, wich dann wieder zurück. Ich wandte mich ihm zu und mußte lachen.
»Na, du Lump, willst du mich wieder beißen ?«
Tiefe Verbeugung vorn, in der er ein paar Sekunden verharrte. Dann sank er auf der Hinterhand zusammen, während der buschige Schweif den Teppich fegte.
»So ?« sagte ich, »wollen wir uns
Weitere Kostenlose Bücher