Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition)
gibt, die so präzise sein könnten. Oder so, ähm, gründlich.«
Temellin unterbrach sie an dieser Stelle, indem er aufstand. » Ich glaube, es ist Zeit für deinen Unterricht, Ungar. Danke, dass du das gemacht hast.« Er öffnete ihr die Tür und folgte ihr, als sie nach draußen ging. » Warte hier bitte einen Moment, Arrant«, sagte er, bevor er die Tür hinter sich zuzog. » Nun?«, fragte er. » Hast du irgendeine Vorstellung, wie du ihm helfen kannst?«
Sie schüttelte den Kopf und versuchte immer noch, ihre Bestürzung zu verbergen.
» Hast du jemals einen Schüler mit ähnlichen Schwierigkeiten gehabt?«
Sie schüttelte erneut den Kopf.
» Die Wahrheit bitte, Magoria.«
Auf ihrer Brust lag ein schweres Gewicht, und sie atmete aus, als könnte sie die Last dadurch etwas lindern. » Ich bin verwirrt. Wenn du mich das anfangs gefragt hättest, hätte ich gesagt, dass ich noch nie jemanden mit so wenig Kontrolle und so wenig Macht gesehen habe – nun, abgesehen von seinen bemerkenswerten Fähigkeiten, sich zu verbergen. Aber was hat er da gerade gemacht? Illusionslose Seele, was für eine Macht! Ich habe gespürt, wie sie seinen Cabochon verlassen hat. Ihr Widerhall hat mich ins Zwerchfell getroffen.« Um ihre tiefe Verlegenheit zu verbergen, sprach sie rasch weiter. » Jemand, der Zugang zu so viel Macht hat, könnte gefährlich sein, wenn er sie nicht kontrollieren kann. Aber ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Es tut mir leid, Magor.«
» Vielleicht sein Vertrauen aufbauen? Ich weiß es auch nicht, Ungar. Ich kann dir nur Folgendes sagen: Er hat– allein mit seinem Cabochon– Dinge getan, die niemand von uns mit dem Schwert in der Hand zustande gebracht hätte. Denkst du, du kannst ihm helfen?«
Sie rührte sich unbehaglich. » Temel«, sagte sie und wandte sich jetzt an den Freund, nicht an den Illusionisten, aber mit einer Unbeholfenheit, die sie nur schwer verbergen konnte, » erinnerst du dich an den Tag auf der Strebe– als wir auf dem Weg zurück zur Illusion waren, um die drohende Invasion der Tyraner über die Apenaden aufzuhalten? Sarana ist als Essenza zu uns gekommen.«
Er nickte und wirkte plötzlich angespannt.
Dumme Frage. Als könnte er das je vergessen. Sie alle waren in Panik gewesen, als Garis mit Neuigkeiten für Temellin aufgekreuzt war. Ungar hatte damals nicht alles richtig verstanden, aber es war offensichtlich, dass Arrants Mutter Temellins schwangerer Frau den Bauch aufgeschnitten und das Baby den Illusionierern übergeben hatte. Schlimmer noch, die Illusion wurde von einer tyranischen Legion unter dem Kommando eines Mannes namens Favonius angegriffen.
Ungar erschauerte bei der Erinnerung. Sie alle hatten Angst gehabt, dass die Illusion an Tyr fallen könnte… » An dem Tag waren zwei Essenzas da«, sprach sie weiter. » Zerise sagte, die andere war Saranas Baby. War das Arrant?«
» Ja.«
Das Wort war wie ein Peitschenknall, aber sie machte weiter. » Das war eine ziemlich große Anforderung für ein ungeborenes Kind. Möglicherweise schauen wir auf einen Schaden, der vor langer Zeit angerichtet wurde– bevor er überhaupt geboren war. Es könnte sein, dass es nicht… nicht zu heilen ist.«
» Das weiß ich.«
Sie schalt sich im Stillen. Du Närrin, Ungar. Natürlich hat er längst daran gedacht.
» Wirst du es versuchen?«, fragte Temellin. » Um seinetwillen, aber auch um meinetwillen?«
» Ich werde mein Bestes tun. Um unser aller willen.« Aber sie wusste nicht, wie, und das Gewicht in ihrer Brust wurde schwerer.
» Bitte. Wenn möglich, erwähne noch niemandem gegenüber etwas von seinen Problemen.«
» Es– es hat bereits Gerüchte gegeben…«
» Ich weiß. Aber geben wir ihnen zunächst mal keine Nahrung. Gib Arrant eine Chance. Ich denke, es wäre das Beste, wenn du ihn eine Weile persönlich unterrichtest. Wir sollten ihn nicht in eine Klasse mit anderen Schülern stecken. Er muss Zuversicht aufbauen. Wie auch immer, wir werden später weiter darüber sprechen.« Er öffnete die Tür und ging wieder ins Zimmer zurück.
Sie atmete tief durch und machte sich auf den Weg zur Akademie. Die Glocke auf dem Dach, die von einem der älteren Schüler mithilfe eines durch Magormacht erschaffenen Windes geläutet wurde, klingelte zur ersten Stunde, und so nahm sie den kürzesten Weg: die Hintertreppe, die zu der Gasse führte, die zwischen den ummauerten Gärten verlief und von dort zum Übungsgelände der Akademie.
In der Gasse stieß sie auf
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