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Der Bund der silbernen Lanze: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Der Bund der silbernen Lanze: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Bund der silbernen Lanze: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Schulligen
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Äbtissin kaum ausgesprochen, als die zuvor noch beängstigende Durchdringlichkeit aus Karolinas Blick verschwand und einer Freude Platz machte, die ihre Züge weicher, beinahe zärtlich werden ließ. Es fiel nicht schwer zu erraten, dass Karolina Heloïse zugetan war.
    »Heloïse? Ach, wie lange habe ich keine Nachricht mehr von ihr erhalten. Ich hoffe, dass es ihr gut geht. Doch von ihr lasst uns später reden. Zunächst zu Euch – Ihr wirkt ja völlig verstört. Versucht erst mal, Euch zu beruhigen und mir zu erklären, was geschehen ist«, entgegnete sie und deutete dabei auf zwei hölzerne Schemel. Die Gefasstheit, mit der sie sprach, wirkte wohltuend auf Laetitia. Trotzdem bereitete ihr das Erklären Mühe. Widerwillig blickte sie an ihrem über und über mit Blut befleckten Gewand hinab. Mit gesenktem Haupt begann sie zu berichten. Obgleich Deutsch die Sprache ihrer Kindheit gewesen war, musste sie sich konzentrieren. Mittlerweile hatte sich ihre Zunge sehr an die französische Sprache gewöhnt. »Ach, ich weiß gar nicht recht, wo ich anfangen soll. Ein Mord, ich habe einen Mord beobachtet.«
    »Einen Mord? Ihr habt einen Mord beobachtet?«
    »Ach, was rede ich. Ich meine, ich habe ihn nicht beobachtet, sondern kam hinzu, als der Mörder bereits geflohen war und dann starb Burkhard, er starb vor meinen Augen.«
    »Burkhard, der Kaufmann, wurde ermordet?«, fragte Karolina.
    Laetitia verstummte. Kaum wahrnehmbar, schwang ein eigentümlicher Klang in Karolinas Stimme mit. Ein Schatten von Misstrauen flog über Laetitias Herz. Dabei wusste sie zunächst nicht zu sagen, was genau dieses Gefühl in ihr ausgelöst hatte. Wie aus Nebel schälte sich zaghaft die Erkenntnis heraus, dass sie in Karolinas Stimme ein Element vermisst hatte, das sie unweigerlich zu hören erwartet hatte. Etwas, das eine natürliche Reaktion auf die ungeheuerliche Nachricht zwingend enthielt: Erstaunen. In Karolinas Frage hatte weder Erstaunen noch Erschütterung mitgeschwungen. Stattdessen hatte ihr Ausruf eher wie eine Bestätigung geklungen, als habe sie von einem Geschehnis erfahren, das – mit Ausnahme vom Zeitpunkt seines Eintreffens – exakt vorausgesagt war. In ihrem Gesicht war ebenfalls keinerlei Bestürzung erkennbar. Lediglich ihr Blick hatte sich für den Bruchteil einer Sekunde verdunkelt.
    Ihre Beobachtungen erschienen Laetitia unheimlich und warfen ein fragwürdiges Licht auf Karolina. War es denkbar, dass ihr Näheres über die Umstände des Verbrechens bekannt war? Andererseits musste Laetitia sich eingestehen, dass die Bilder des Mordes, die ihren Geist bedrängten, die eigene Wahrnehmung auf unnatürliche Weise schärften. Vielleicht reagierte sie zu stark auf eine nichtige Beobachtung? Womöglich fand sich eine harmlose Erklärung für den gefassten Eindruck, den Karolina machte. Der Reisemantel, den Karolina trug, verriet Laetitia, dass sie unmittelbar nach ihr im Kloster eingetroffen war. Womöglich hatte sie auf dem Weg durch die Stadt eine verdächtige Beobachtung gemacht oder von dem Mord erfahren? Aber wäre es in diesem Fall nicht natürlich, dass sie das erwähnte? In Laetitia kam eine Saite zum Schwingen, die sie zur Vorsicht mahnte. Verunsichert rückte sie auf der Schemelkante hin und her. Sie wurde die Bilder des Verbrechens nicht los, genauso wenig wie die Erinnerung an die Stille in Burkhards Haus, die das Grauen ankündigte, das sie dort erwartete hatte. Laetitia war zumute, als müsste ihr der Schädel bersten. Sie konnte das Erlebte nicht für sich behalten, selbst wenn ihr Vertrauen zu Karolina getrübt war. Mit einem Male sprudelten die Worte wie Quellwasser aus ihr hervor. Sie berichtete von dem Fremden und der der rothaarigen Frau, die sie beobachtet, und dem schrecklichen Moment, als sie Burkhard gefunden hatte. Ohne Unterbrechung lauschte Karolina ihrer Schilderung, einzig hier und da mit ihrer Hand beruhigend über Laetitias Arm streichend. Lediglich was Burkhard ihr im Sterben zugeflüstert hatte, behielt Laetitia für sich – ohne dass sie vor sich Rechenschaft darüber ablegen konnte, aus welchen Gründen sie schwieg. »Und dann bin ich davongerannt. War gar nicht so einfach, die Wachen abzuschütteln, die sich mir an die Fersen geheftet hatten.«
    »Und Ihr habt Euch ohne weitere Probleme bis hierher durchgeschlagen?«
    »Ja, zum Glück wusste ich ungefähr, wo das Stift liegt.«
    »Herzukommen war ein guter Entschluss. Hier seid Ihr erst mal vor falschen Verdächtigungen und Verfolgung

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