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Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung

Titel: Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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den linken Handballen ins Auge und zog die Hand hoch. Der Bolzen traf sein Ziel. Er starb auf der Stelle und ging wie ein nasser Sack zu Boden.
    »Verdammt auch«, keuchte sie. Sie rollte ihn auf den Rücken und barg den Bolzen, den sie an seinem Fellumhang abwischte. Sie hatte Mühe mit dem schweren Körper, als sie ihn in die Schatten des Eingangs zerrte. Was hatte er so weit abseits der anderen und zu Fuß getan? Jetzt musste sie sich beeilen. Es würde nicht lange dauern, bis der Schamane vermisst wurde.
    Weniger als fünf Minuten später erreichte sie den Platz
und hatte Mühe, bei dem Anblick, der sich ihren Augen bot, ruhig zu bleiben. Der Platz war etwas mehr als eine Viertelmeile breit und mit weißem Stein gepflastert. Von Osten her führte ein mit schimmerndem Quarz ausgelegter Weg zur Pyramide. Das Grabmal der Wytchlords ragte mindestens zweihundert Fuß hoch in den Nachthimmel empor. Abgesehen von der Treppe, die zu den sechs Wachfeuern auf der Spitze führten, war das Bauwerk fugenlos glatt. Es war ein atemberaubender Anblick und den ärgsten Feinden, die Balaia je gehabt hatte, durchaus angemessen.
    Diese Feinde hatten sich nun erneut erhoben. Selyn betrachtete die erstaunliche Architektur, doch zugleich starrte sie fassungslos über das Heer der Jünger, die reglos und schweigsam vor dem offenen Eingang des Tunnels knieten.
    Auf dem Platz vor der Pyramide drängten sich die mit dunklen Kapuzenmänteln bekleideten Jünger und starrten in die von Laternen eingerahmte schwarze Öffnung. Sie warteten, weiter nichts. Selyn spürte die Atmosphäre wie einen körperlichen Druck, der auf ihren Schultern lastete. Die Luft war zum Schneiden dick und knisterte vor Erwartung. Doch am stärksten war das Gefühl des anstürmenden Bösen, das sie beinahe auf der Zunge schmecken konnte. Über der Pyramide brauten sich die Wolken zu einer undurchdringlichen schwarzen Masse zusammen. Selyn schauderte. Das einzige Geräusch, das sie außer ihrem eigenen pochenden Herzen hören konnte, war der Atem der Jünger, langsam und bewusst gesteuert, als gehöre diese Übung zu irgendeiner Zeremonie, die jeden Augenblick beginnen sollte.
    Mehr brauchte sie nicht zu sehen. Das Wiedererwachen musste in wenigen Tagen, vielleicht sogar schon in Stunden geschehen. Sie kehrte zu ihrem Dach zurück und begann die Kommunion mit Styliann.

     
    »Faszinierend«, sagte Styliann, während er den Unbekannten umkreiste. »Ein Protektor ohne Maske.«
    Der Unbekannte und Denser standen im Zelt, aus dem die Utensilien der Konferenz bereits entfernt worden waren. Die Tische und Stühle waren fort, zum Transport verpackt, und die Delegationen planten bereits den Aufbruch in die relative Sicherheit ihrer eigenen Städte. Es würde keine weiteren Konferenzen am See mehr geben, bevor nicht der Krieg beendet war. An Stelle der Möbel hatte man einen groben Tisch und Bänke ohne Lehnen aufgestellt. Auf einem Feuer kochte ein Topf Wasser.
    Hinter ihnen am Tisch saßen Ilkar und Erienne, die gerade erst eingetroffen waren. Der Julatsaner hatte aus seiner Freude, den Unbekannten zu sehen, und aus seiner Bewunderung für Denser keinen Hehl gemacht. Barras hatte ihn beruhigt, doch Ilkar lächelte immer noch breit, und die Brote auf dem Tisch blieben unbeachtet. Erienne war sofort zu Denser geeilt, um ihn zu trösten und seine Schmerzen ein wenig zu lindern, doch er hatte ihre Gegenwart kaum wahrgenommen. Die Ältesten der Kollegs standen in der Nähe und waren wider Willen beeindruckt über die Leistung, die Laryon mit seinem Leben bezahlt hatte.
    Der Unbekannte starrte auf Styliann hinab. Vor seinem mächtigen Körper wirkte sogar der xeteskianische Herr vom Berg eher unbeeindruckend. Der große Krieger hatte die Axt abgelegt, die Sol benutzt hatte, und wieder das Zweihandschwert genommen, das sein Markenzeichen war.
    »Ich bin kein Protektor«, sagte er. »Ich bin auch kein Ergebnis eines Experiments, das von Euch oder irgendeinem Magier erforscht werden könnte. Wenn Ihr mit mir reden wollt, dann stellt Euch vor mich und seht mich an.«
    Styliann beendete seine Wanderung. »Entschuldigt, Unbekannter.« Er lächelte. »Aber Ihr seid ein Meilenstein
der magischen Forschung und ein wichtiger Schritt vorwärts für Xetesk.«
    »Ich bin ein Toter, der wieder lebt«, konterte der Unbekannte. »Ich hätte den Tod vorgezogen, doch Xetesk hat sich anders entschieden. Dies war das letzte Mal, dass Ihr über mein Schicksal entschieden habt.«
    »Das klingt ein

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