Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung
er sein Lebtag nicht mehr vergessen. Oh, ja, er hatte schon öfter gesehen, wie Schilde brachen und die Menschen dahinter der Magie zum Opfer fielen. Doch er hatte noch nie gesehen, dass ein Feind so schlecht auf das Ausmaß und die Qualität der Magie vorbereitet war, der er ausgesetzt wurde. Dabei waren hier nur vierzig Magier im Einsatz. Auf der Burg wartete die doppelte Anzahl.
Blackthorne beobachtete die Entwicklung leidenschaftslos, aber recht zufrieden.
»Vergesst nicht, dass sie gekommen sind, um uns zu töten, unser Land zu nehmen und uns für immer aus Balaia zu vertreiben«, sagte er. »Wenn ihre Schamanen nicht stark genug sind, dann sollten wir darüber keine Träne verlieren.«
»Warum habt Ihr sie nicht einfach auf dem Wasser vernichtet?« , fragte Gresse.
»Ich hatte keine Ahnung, dass wir so erfolgreich sein würden«, räumte Blackthorne ein. Er nagte an seiner Unterlippe. »Ich konnte ihnen meine Stadt nicht kampflos überlassen. Aber was soll werden, wenn sie uns nun den ganzen Weg bis Blackthorne hetzen?«
Immer noch drangen die Wesmen weiter vor, und immer noch hielten Blackthornes Männer die Verteidigung aufrecht. Das Meer schien jetzt im Bereich einer halben Meile zu brennen, doch die unbeschädigten oder nur leicht beschädigten Schiffe segelten einfach weiter durch die schwimmenden Menschen und die Wracks. Dutzende, Hunderte Boote rückten heran; die ersten landeten schon auf dem Kies und wurden von Blackthornes Kriegern mit Schwertern und Feuer empfangen.
Die Wesmen sprangen in die Brandung und auf den Strand. Brüllend rannten sie das Ufer hoch, die Äxte gehoben und mit Schwertern fuchtelnd. Blackthornes Männer machten sie einfach nieder. Das abschüssige Gelände war ihr stärkster Verbündeter, und sie hatten Reihen von Bogenschützen im Rücken, die hoch über dem Meer in den Dünen standen, während die Feinde brennend und desorientiert durchs Wasser waten mussten.
Wie der Baron es befohlen hatte, wurden die ersten Boote in Brand gesteckt und umgedreht, um den folgenden Schiffen den Weg zu versperren. Doch Hunderte weiterer Boote näherten sich in einem Bereich von einer Meile der Küste. Die erschöpften Magier eilten zu ihren Pferden, und als der Ansturm der Wesmen die kleine Truppe der Verteidiger zu überrennen drohte, befahl Blackthorne den Rückzug.
Blackthornes Männer hatten das erste Gefecht des Krieges
gewonnen und kaum einen Kratzer davongetragen. Die Wesmen, die sofort die Verfolgung aufnahmen, starben in einer Sintflut von magischem Feuer. Die Fallen im Sand explodierten, jagten orangefarbene, gelbe und blaue Blitze in den Himmel und ließen alles in Flammen aufgehen, was sie erfassten. In Fontänen spritzte der Sand in die Luft, rieselte wieder herunter und regnete als staubiger Schauer auf die Toten und Verletzten herab.
Die Überlebenden, die immer noch nach Tausenden zählten, machten sich sofort daran, am Strand einen Brückenkopf einzurichten. Blackthorne drehte sich im Sattel um und lächelte.
»Niemand nimmt meine Burg ein«, sagte er zu sich selbst. »Niemand.«
Gresse schnappte die Worte auf, doch er hatte seine Zweifel. Zwar hatten sie einen Sieg errungen, doch als er über den Strand blickte, wo sich der Rauch auflöste und Boot auf Boot das Ufer erreichte, wurde ihm klar, dass die bisher geschätzten Zahlen zu niedrig waren. Außerdem würden die Schamanen nicht ein zweites Mal unvorbereitet angreifen.
Die Stunde der Wahrheit sollte an den Mauern der Burg von Blackthorne schlagen.
Der Understone-Pass war das Ergebnis einer gewaltigen Anstrengung. Ein natürlicher Riss im Berg, der im Zickzack durch die Blackthorne-Berge verlief, war zu einem gangbaren Weg erweitert worden. Zehnmal so viele Menschenleben wie Jahre hatte es gekostet, den Durchgang auf Befehl einer Gruppe von Baronen, den Vorgängern der Handelsallianz von Korina, zu öffnen. Das Ergebnis war eine sichere Route durch Balaias ansonsten fast unüberwindliche Gebirgskette.
Hinter dem aus dem Fels gehauenen Torbogen am Eingang des Passes senkte sich das Felsendach so weit, dass gerade eben ein Planwagen hindurchpasste. Erst mehr als dreihundert Schritt weiter im Innern wurde die Decke wieder höher. Der Pass war durchgängig mindestens zwei Wagenbreiten weit und führte durch unglaublich hohe natürliche Gewölbe und über Abgründe, deren Grund mit den Knochen von Verunglückten und Ermordeten übersät war.
Anderswo bewegte man sich wieder dicht unter dem Felsendach, und
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