Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung

Titel: Der Bund des Raben 01 - Dieb der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
Vom Netzwerk:
wanderte über das Tablett, das zwischen ihnen auf einem niedrigen Tisch stand. Sie war überrascht über die Qualität der Speisen.
    »Wie könnt Ihr es wagen, mir dies anzubieten, wenn der Unrat, den Ihr meinen Jungen vorsetzt, kaum für einen Hund geeignet ist, von verängstigten kleinen Kindern ganz zu schweigen?«, sagte sie. »Jeder soll sofort einen Teller hiervon bekommen.«
    Sie spürte, wie der Hauptmann lächelte. »Du hast es gehört. Frisches Lamm und Gemüse für die Jungen.«
    »Ja, Herr.« Die Tür wurde geschlossen.
    »Ich bin ja nicht unvernünftig«, erklärte der Hauptmann.
    Eriennes Gesicht verriet ihre Abscheu. »Ihr habt mitten in der Nacht zwei unschuldige Kinder aus ihrem Heim entführt und in einen kalten Turm eingesperrt, verstört, wie sie waren. Ihr habt mich von ihnen ferngehalten und ihnen Dreck zu essen vorgesetzt, den ich nicht einmal meinen Schweinen geben würde. Kommt mir nicht mit Vernunft.« Ohne ihn anzusehen, suchte sie sich etwas Fleisch und Gemüse aus und aß schweigend. Sie schenkte sich ein Glas Wein ein und trank es, während sie wieder das Feuer anstarrte. Die ganze Zeit über sah der Hauptmann ihr zu und wartete.
    »Nun fragt«, sagte sie und stellte das leere Glas auf den Tisch. »Ich glaube nicht, dass ich irgendwelche Geheimnisse vor Euch habe.«
    »Das würde die Sache sicherlich einfacher machen«, erklärte der Hauptmann. »Ich bin froh, dass Ihr zur Zusammenarbeit bereit seid.«
    »Glaubt nicht, es geschehe aus Furcht vor Euch oder Eurer Truppe lahmer Affen«, erwiderte Erienne überheblich.
»Meine Kinder sind mir wichtig, und ich bin bereit, ihnen in jeder erdenklichen Weise zu helfen, solange nicht das Kolleg von Dordover kompromittiert wird.«
    »Sehr gut.« Der Hauptmann füllte sein Glas nach. »Ich wünschte allerdings, Ihr würdet mich anschauen.«
    »Dabei würde mir übel. Euren Namen auszusprechen, ist eine Beleidigung für mein Kolleg, und mit Euch zu reden, kommt einer Ketzerei gleich. Nun stellt Eure Fragen. In einer Stunde will ich meine Söhne wieder besuchen.« Erienne blickte weiter ins Feuer und zog Trost aus dessen Wärme und Farbe.
    »Das sollt Ihr tun, Erienne, das sollt Ihr tun.« Der Hauptmann streckte seine Beine zum Feuer hin aus, und zwei abgestoßene, vor Alter rissige braune Reitstiefel tauchten in Eriennes Gesichtsfeld auf. »Nun gut, ich bin sehr beunruhigt, weil die sogenannten dimensionalen Forschungen und Untersuchungen die Grundfesten Balaias stark erschüttern.«
    »Nun, Ihr wart hier sicher sehr fleißig, nicht wahr?«, erwiderte Erienne nach kurzem Nachdenken.
    »Freche Bemerkungen werden Euch wehtun«, sagte der Hauptmann. Es bestand nicht der geringste Zweifel, was er damit meinte.
    »Ich wollte damit sagen, dass nur wenige Menschen überhaupt etwas über die Existenz der Dimensionsmagie wissen, ganz zu schweigen von den möglichen Gefahren, die sie mit sich bringt.«
    »In der Tat.« Der Hauptmann beugte sich vor und kratzte sich am linken Bein. Erienne sah kurz sein ergrauendes Haar, das auf dem Schädel bereits schütter wurde. »Im Gegensatz zur landläufigen Ansicht glaube ich durchaus an den Wert der Magie, wenn sie richtig eingesetzt wird. Mir sind allerdings auch ihre Gefahren bewusst, weil ich mir
Zeit genommen habe, es selbst herauszufinden. Wenn man in den Dimensionen herumpfuscht, könnte meiner Ansicht nach das Gleichgewicht der heute existierenden Welt beeinträchtigt werden.«
    »Ihr redet mit dem falschen Kolleg«, sagte Erienne.
    »Nun ja, es ist erheblich schwieriger, einen Xetesk-Magier in die Hände zu bekommen«, gab der Hauptmann giftig zurück.
    »Ich würde gern einräumen, dass es mir aufrichtig leidtut«, gab Erienne zurück. Jetzt endlich schaute sie ihn an. Sein graues Haar war kurzgeschnitten, und auch sein Bart, in dem es noch einige braune Strähnen gab, war sauber gestutzt. Er hatte Ringe unter den Augen, und die roten Flecken auf den Wangen und der Nase verrieten, dass er gern zur Flasche griff. Er wurde offenbar auch fett, da er die mittleren Jahre hinter sich hatte, was Ledermantel und Hemd nicht verbergen konnten. Er reagierte nicht auf ihr plötzlich erwachtes Interesse.
    »Aber Septern war ein Dordover-Magier.«
    »Wir haben bereits festgestellt, dass Ihr Eure Hausaufgaben gemacht habt.« Erienne füllte ihr Glas nach. »So ist Euch sicher auch bekannt, dass er seit mehr als dreihundert Jahren für tot gehalten wird.«
    »Und das ist alles, was wir wissen?«, erwiderte der Hauptmann.

Weitere Kostenlose Bücher