Der Bund: Dunkle Götter 2 (German Edition)
hatte große Mühe, gleichmütig zu sprechen.
»Wenigstens lernst du schnell«, antwortete er.
»Was denn?«
»Du hast keine Zeit verschwendet und mich nicht mit den Fäusten angegriffen. Du hast nicht gezögert, und du hast meine Fähigkeit, dich zu bedrohen, mit dem geringsten Aufwand ausgeschaltet.« Er klopfte sich den Staub von der Kleidung. »Wenn du mein Schüler wärst, würde ich mich freuen.«
»Und da ich nicht dein Schüler bin?«
»Ich werde dafür sorgen, dass du nicht noch einmal eine solche Gelegenheit erhältst.« Er grinste böse. Das war bei diesem großen Mann ein ungewöhnlicher Anblick, der mich an ein gefährliches, zähnefletschendes Tier erinnerte.
Kurz darauf ritten wir, die Maultiere im Schlepp, die Straße hinunter. Als wir den Schauplatz des Hinterhalts erreichten, bestand Cyhan darauf, die Toten zu untersuchen. Ich widersprach nicht. Er sollte ruhig wissen, mit wem er da unterwegs war. Marc leistete ihm Gesellschaft, Penny blieb auf dem Pferd sitzen, weil sie ohnehin schon genug hatte. Wir schwiegen.
Als die beiden zurückkehrten, machte Marc ein schockiertes Gesicht. Cyhan war zurückhaltender. »So etwas habe ich noch nie gesehen«, erklärte der Veteran. »Was hast du eingesetzt?«
»Steine.« Ich zog einen aus der Tasche und warf ihn hinüber. Geschickt fing er ihn auf.
»Wie bist du auf diese Idee gekommen?«, fragte er.
»Ich habe eine lebhafte Phantasie.« Sarkasmus ist auf jeden Fall eine meiner Stärken.
»Einige Wegelagerer sehen so aus, als wären sie weggelaufen.«
»Ich dachte, sie haben Freunde«, erwiderte ich. Meine Selbstzweifel wollte ich ihm nicht zeigen.
»Das könnte sein«, antwortete er. »Ein paar von ihnen hatten gewiss Familien. Der Ausrüstung und Kleidung nach zu urteilen, waren wohl Wächter aus der Stadt dabei.«
Ich bekam Schuldgefühle, als ich an die Frauen und Kinder dachte, doch dieses Gefühl kämpfte ich nieder. »Sie hätten sich eben einen anderen Nebenerwerb suchen sollen.« Er grunzte, sagte aber nichts weiter dazu.
Danach ritten wir schweigend weiter. Marc versuchte mehrmals, ein Gespräch in Gang zu bringen, doch nicht einmal er konnte die dicke Wolke vertreiben, die über uns hing. Penelope antwortete auf keine seiner Fragen. Cyhan war nicht ganz so zurückhaltend, beschränkte sich aber auf einsilbige Antworten. Marc sparte sich die Mühe, es auch bei mir zu versuchen.
Am Abend schlugen wir das Lager auf, nachdem uns keine weiteren Menschen auf der Straße begegnet waren. Penny übte mit ihrem Lehrer, und sogar ich konnte sehen, dass sie besser wurde. Sie nahm ihre Aufgabe besonders ernst. Nach dem Essen schlug Cyhan vor, dass sie mit mir Wache hielt. Ich glaube, damit wollte er uns eine Gelegenheit geben, uns auszusöhnen.
»Lieber nicht«, sagte sie einfach nur, und das war es dann.
Als ich meine Schicht hinter mir hatte, schlief ich schlecht. Ich wachte oft auf und träumte von den Männern, die ich getötet hatte. Irgendwann erschien mir auch die versteinerte Frau. Sie blickte auf die von mir umgebrachten Männer hinab, ging langsam von einem zum anderen, beugte sich über sie und legte ihnen die Hand auf die Oberkörper. Bei dieser Berührung sanken sie in die Erde hinunter, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Als sie fertig war, blickte sie mich an, und ich entdeckte Tränen in ihren Augen. Schimmernde Kristalle, die unablässig auf die stille Erde fielen. Sie öffnete den Mund und wollte schon etwas sagen, doch ich konnte die Worte nicht verstehen. Sie wirkte zugleich schön und bekümmert. Auch wenn ich es nicht hören konnte, dachte ich, sie flehe mich an und bitte um etwas, doch was es auch sein mochte, es lag nicht mehr in meiner Macht, ihr den Wunsch zu erfüllen.
Plötzlich wachte ich schwitzend auf und sah mich im Lager um. Penny saß neben Cyhan. Sie redeten leise, er hatte sie in den Arm genommen. Wahrscheinlich wollte er sie nur trösten, doch der Anblick entfachte ein böses Feuer in meinem Bauch. Ich schloss die Augen, um es nicht zu sehen. Es ging mich sowieso nichts mehr an, und sie brauchte doch jemanden, wenn ich nicht mehr da war. Vorausgesetzt natürlich, ich fand einen Weg, unsere verfluchte Bindung loszuwerden.
Wie üblich kam die Morgendämmerung viel zu früh. Wir brachen das Lager ab und machten uns auf den Weg. Vögel zwitscherten, und ein milder Wind wehte, der die angenehmen Gerüche von Blumen und anderen Pflanzen mit sich trug. Kurz und gut, es war ein elender Tag. Ich habe nie verstanden,
Weitere Kostenlose Bücher