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Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
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Taschenlampe hüpfte nun den Pfad vom Kloster herunter. Es näherte sich eine verhüllte Gestalt, das Gesicht im Schatten der Kapuze verborgen. Willer blieb an der offenen Wagentür stehen, einen Stiefel auf das Einstiegsblech gestützt.
    Der Mönch kam mit ausgestreckter Hand auf ihn zu. »Bruder Henry, Abt des Klosters Christ in the Desert.«
    Der Mann war klein, bewegte sich forsch, hatte leuchtende Augen und ein getrimmtes Ziegenbärtchen. Willer gab ihm die Hand und war verblüfft über diese freundliche, selbstsichere Begrüßung.
    »Lieutenant Willer, Mordkommission Santa Fé«, sagte er und hielt ihm seine Dienstmarke hin, »und das ist Sergeant Hernandez.«
    »Schön, schön.« Der Mönch begutachtete die Marke im Licht der Taschenlampe und gab sie ihm zurück. »Könnten Sie bitte das Blaulicht ausschalten, Lieutenant? Die Brüder schlafen.«
    »Ja. Natürlich.«
    Hernandez kroch in den Wagen und schaltete es aus.
    Dieser Mönch machte Willer verlegen, er fühlte sich in die Defensive gedrängt. Vielleicht hätte er die Sirene nicht so heulen lassen sollen. »Wir suchen einen Mann namens Thomas Broadbent«, erklärte er. »Anscheinend ist er mit einem Ihrer Brüder befreundet, Wyman Ford. Wir haben Grund zu der Annahme, dass er sich hier oder in der näheren Umgebung aufhält.«
    »Ich kenne diesen Mr. Broadbent nicht«, sagte der Abt. »Und Bruder Wyman ist nicht hier.«
    »Wo ist er?«
    »Er ist vor drei Tagen aufgebrochen, zu Exerzitien in der Wüste – um in der Einsamkeit zu beten.«
    In der Einsamkeit beten, klar doch, dachte Willer. »Und wann kommt er zurück?«
    »Er hätte eigentlich gestern zurück sein müssen.«
    »Ach ja?«
    Willer musterte eindringlich das Gesicht des Mannes. Seine Miene wirkte absolut aufrichtig. Er sagte jedenfalls die Wahrheit.
    »Sie kennen diesen Broadbent also nicht? Soweit ich informiert bin, war er einige Male hier oben. Blondes Haar, groß, fährt einen 57er Chevy Pick-up.«
    »Ach ja, der Mann mit dem fabelhaften Oldtimer. Jetzt weiß ich, wen Sie meinen. Er war zwei Mal hier, soweit ich weiß. Zuletzt vor etwa einer Woche.«
    »Er war vor vier Tagen hier, laut meinen Informationen. Am Tag bevor dieser Mönch, Ford, zu seinen ›Exerzitien‹ in die Wüste aufgebrochen ist.«
    »Das kann gut sein«, sagte der Abt milde.
    Willer holte sein Notizbuch hervor, versah den Eintrag mit einer Überschrift und kritzelte etwas aufs Papier.
    »Lieutenant, darf ich fragen, worum es hier geht?«, bat der Abt. »Wir sind es nicht gewöhnt, mitten in der Nacht Besuch von der Polizei zu bekommen.«
    Willer knallte sein Notizbuch zu. »Ich habe einen Haftbefehl für Broadbent.«
    Der Abt musterte Willer einen Moment lang, und sein Blick erwies sich als unerwartet irritierend. »Einen Haftbefehl?«
    »Das sagte ich, ja.«
    »Weswegen, wenn ich fragen darf?«
    »Bei allem gebotenen Respekt, Vater, das kann ich Ihnen nicht sagen.«
    Schweigen.
    »Können wir uns irgendwo in Ruhe unterhalten?«, fragte Willer.
    »Ja, selbstverständlich. Im Kloster stehen wir zwar unter einem Schweigegelübde, aber wir können uns im Disputationsraum unterhalten. Wenn Sie mir folgen möchten?«
    »Klar«, sagte Willer und warf Hernandez einen Blick zu.
    Sie folgten dem Mönch den gewundenen Pfad hinauf und gingen zu einem kleinen Adobe-Gebäude hinter der Kirche. Der Abt blieb an der Tür stehen und bedachte Willer mit einem fragenden Blick. Willer starrte ihn an.
    »Entschuldigen Sie, Lieutenant: Ihre Zigarette?«
    »Oh, ja, sicher.« Willer ließ sie fallen und trat sie mit dem Absatz aus, spürte den missbilligenden Blick des Mönchs auf sich ruhen und ärgerte sich über das Gefühl, dass er irgendwie in die Schranken verwiesen worden sei.
    Der Mönch wandte sich ab, und sie folgten ihm hinein. Das kleine Gebäude hatte nur zwei quadratische, weiß getünchte Räume. In dem größeren standen Bänke an den Wänden, und ein Kruzifix hing an der Wand gegenüber der Tür. Das andere Zimmer enthielt nichts als einen groben Holztisch, eine Lampe und einen Laptop mit Drucker.
    Der Mönch schaltete das Licht an, und sie setzten sich auf die harten Bänke. Willer rutschte hin und her, versuchte eine bequeme Position zu finden und holte Notizbuch und Stift hervor. Mit jeder Minute wurde er gereizter, wenn er daran dachte, dass Ford und Broadbent nicht hier waren und sie so viel Zeit auf die Fahrt zum Kloster vergeudet hatten. Warum zum Teufel hatten diese Mönche kein Telefon?
    »Herr Abt, ich muss Ihnen

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