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Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
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verspottet, doch die schiere Hartnäckigkeit des Mannes erschreckte und erstaunte ihn. Was zum Teufel wollte der Kerl?
    Plötzlich fiel Corvus das Telefon im hinteren Teil des Lagerraums ein, bei den Arbeitsflächen. Er würde den Sicherheitsdienst rufen, damit die Wachen den Mistkerl festnahmen. Er drehte sich um, aber es war so dunkel, der Raum war so riesig und so vollgestopft mit Regalen und frei stehenden Dinosaurierskeletten, dass ihm sofort klar wurde: Er konnte unmöglich dorthin gelangen, ohne Licht zu machen. Aber wenn er das Licht einschaltete, würde der Mann davonlaufen. Er zog sein Handy aus der Tasche – aber natürlich hatte es so tief unter der Erde kein Netz. Der Mann bearbeitete immer noch den Türknauf und verursachte bei seinen unablässigen Versuchen, hereinzukommen, alle möglichen kratzenden und klickenden Geräusche. Es war nicht zu fassen.
    Plötzlich weichere Geräusche, ein schärferes Klicken – und dann starrte Corvus ungläubig auf die Tür.
    Die Leuchtanzeige war soeben auf Grün gesprungen.

11
    Tom war am Auto des Entführers vorbeigefahren, der neben der Straße gehalten und das Licht ausgeschaltet hatte; er war weitergefahren, bis er außer Sichtweite war, und hatte dann gewendet. Die Straße hinter ihm blieb dunkel. Der Mann war offenbar auf eine der vielen Forststraßen abgebogen, die hinauf in die Canjilon Mountains führten.
    Tom beschleunigte, fuhr wieder in Richtung Süden und fand nach wenigen Minuten die Stelle, wo der Mann neben der Straße gehalten hatte – er hatte deutliche Reifenspuren im Sand hinterlassen. Unmittelbar dahinter ging eine Forststraße ab, und Tom sah, dass die Reifenspuren ihr folgten.
    Tom steuerte den Dodge langsam denselben Waldweg entlang und ließ die Scheinwerfer ausgeschaltet. Die Straße stieg in die Vorberge der Canjilons oberhalb der Mesa de los Viejos an, und als er immer höher kam, wich das dichte Gestrüpp der niedrigen Piñon-Kiefern und Wacholderbüsche allmählich einem hohen, dunklen Kiefernwald. Er widerstand dem Impuls, die Scheinwerfer einzuschalten und Gas zu geben; das Überraschungsmoment war sein einziger Vorteil. Er spürte im tiefsten Herzen, dass Sally noch lebte. Sie konnte nicht tot sein. Das hätte er gefühlt.
    Die Straße wand sich in Serpentinen einen steilen, dicht mit Gelb-Kiefern bewachsenen Hang hinauf und führte oben um eine Felsenklippe herum. Der Wald blieb zurück, und Tom bot sich ein weiter Blick über die Mesas, beherrscht vom dunklen Umriss der Mesa de los Viejos. Die Straße führte jedoch zurück in den Wald, und bald ragte vor ihm ein Maschendrahtzaun aus der Dunkelheit auf, neu und glänzend, mit einem Doppeltor, das den Weg versperrte. Auf einem verwitterten Schild daneben stand:
    CCC-CAMP PERDIZ CREEK
    Am Zaun war ein offensichtlich neues Schild befestigt:
    Privatgrund
    Betreten verboten
    Jeder unbefugte Zutritt wird zur Anzeige gebracht
    Es war eine Art privater Insel innerhalb des Staatswaldes. Tom hielt neben dem Waldweg und stellte den Motor ab. Nun, da er einen Augenblick Zeit hatte, zog er die Waffe aus dem Türfach. Es war ein abgegriffener J.C.-Higgins-»88«-Revolver, 5,6 mm, absoluter Schrott. Er überprüfte den Zylinder – sämtliche neun Kammern waren leer.
    Er kramte einen Wust alter Straßenkarten und eine leere Whiskyflasche aus dem Türfach und tastete es ab, doch es war keine Munition darin. Also riss er das Handschuhfach auf und durchwühlte es, warf weitere Straßenkarten und leere Flaschen auf den Boden und fand ganz unten eine einzige, zerkratzte Patrone, die er in den Zylinder schob; dann steckte er sich den Revolver in den Gürtel. Er griff nach der starken Taschenlampe, die er im Handschuhfach gefunden hatte, und suchte den ganzen Wagen ab, schaute unter die Sitze, in sämtliche Nischen und Winkel, fand aber keine einzige weitere Patrone.
    Er verließ den Pick-up. Draußen waren nur das Flüstern der nächtlichen Brise in den Bäumen und der leise Ruf einer Eule zu hören. Das Tor war mit einem Vorhängeschloss versehen. Er spähte hindurch. Die Straße verschwand vor ihm zwischen den Bäumen, und dort, in weiter Ferne, konnte er einen schwachen Lichtschein erkennen.
    Eine Hütte.
    Tom kletterte über den Zaun, ließ sich auf der anderen Seite fallen und rannte leise den Weg entlang.

12
    Sally kroch durch den dunklen Tunnel und hielt gleich darauf wieder inne, um zu lauschen. Sie konnte den Mann herumkrabbeln und fluchen hören – offenbar suchte er nach seiner

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