Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas - Preston
Vom Netzwerk:
Taschenlampe.
    Sie spähte in die Dunkelheit. Wo führte dieser Stollen hin? Sie tastete nach ihren Streichhölzern, wagte aber nicht, eines anzuzünden, weil sie sich damit zur beleuchteten Zielscheibe gemacht hätte. Blindlings kroch sie weiter, so leise wie möglich. Weitere Schüsse krachten, doch er schoss einfach um sich, aufs Geratewohl in die Dunkelheit hinein. Sie krabbelte so schnell sie konnte, schürfte sich auf dem steinigen Boden der Mine die Knie auf und tastete sich mit den Händen voran. Nach ein paar Minuten berührte sie etwas Kaltes – einen schleimigen, verrotteten Holzbalken, der unter ihrem Griff schwankte. Sie roch einen Schwall kalter Minenluft, die von unten heraufwehte. Sie legte sich auf den Bauch, tastete an dem groben Geländer vorbei und berührte eine scharfe Steinkante. Sie rutschte vor und tastete nach unten – der Fels war glitschig und nass, offenbar die senkrechte Wand eines Schachtes.
    In der Hoffnung, dass es einen Weg außen herum gab, richtete sie sich auf und tastete sich an dem Geländer entlang.
    Eine laute Stimme hallte durch den Gang. »Du kannst hier nicht raus, Miststück. Das Tor ist verschlossen, und ich hab den Schlüssel.« Eine Pause, dann sprach er wieder, bemüht, ruhiger zu klingen. »Hör mal, ich tu dir ja nichts. Vergiss das alles. Seien wir doch vernünftig. Wir können über alles reden.«
    Sally erreichte die Wand des Stollens. Der Abgrund erstreckte sich offenbar von einer Seite bis zur anderen und versperrte ihr den Weg. Mit hämmerndem Herzen blieb sie stehen.
    »He, das Ganze tut mir leid. Ich hab mich hinreißen lassen.«
    Sie konnte ihn immer noch nach der Taschenlampe kramen hören, die ihm heruntergefallen war – und die vielleicht noch funktionierte. Sie musste hinunter in diesen Schacht, so schnell wie möglich.
    Sie tastete sich zurück, am Geländer entlang, bis sie auf eine Lücke stieß. Führte hier eine Leiter nach unten? Sie legte sich wieder auf den Bauch und schob sich über den Rand des Abgrunds nach vorn, befühlte die nasse Felswand unter sich – eine Leiter! Die oberste Sprosse fühlte sich weich und schwammig an und war vermutlich total morsch.
    Sie musste sich das anschauen, bevor sie da hinunterkletterte. Sie musste ein Streichholz riskieren.
    »He, ich weiß, dass du da bist. Komm, sei vernünftig. Ich verspreche dir, ich werde dich frei lassen.«
    Sie zog die Streichholzschachtel aus der Tasche, nahm eines heraus. Dann schob sie die Arme über den Abgrund und riss es an, wobei sie darauf achtete, die Flamme unterhalb der Kante zu halten. In dem aufsteigenden Luftzug flackerte die kleine Flamme und färbte sich blau, aber sie spendete genug Licht, so dass Sally eine vergammelte Holzleiter erkennen konnte, die in ein schwarzes, scheinbar bodenloses Loch hinabführte. Viele Sprossen waren zerbrochen oder mit Moder und weißlichem Schimmel umhüllt. Es wäre Selbstmord, diese Leiter hinabzusteigen.
    Krach! Der Schuss traf den Felsen unmittelbar rechts von ihr, Steinsplitter prasselten gegen ihre Schulter.
    Sie schnappte erschrocken nach Luft und ließ das Streichholz fallen, das in kleinen Spiralen in die Dunkelheit hinabsank; die Flamme flackerte und erlosch gleich darauf.
    »Miststück! Ich bring dich um!«
    Sie schwang sich über die Kante ins schwarze Nichts, tastete mit dem Fuß unter sich, fand eine verfaulte Sprosse, belastete sie vorsichtig und ließ sich dann langsam hinab, wobei sie bereits die nächste Sprosse überprüfte.
    Sie hörte einen gedämpften, triumphierenden Aufschrei, dann ein Klicken – und plötzlich glitt der Strahl einer Taschenlampe an ihrem Kopf vorbei.
    Sie duckte sich und kletterte hastig die Leiter hinunter. Beinahe augenblicklich zerbrach eine Sprosse, und ihr Bein schwang frei in den Schacht hinein, bevor sie wieder festen Halt fand. Die ganze Leiter knarrte und schwankte.
    Abwärts ging es, Sprosse um Sprosse, sie rutschte immer wieder aus, keuchte vor Anstrengung, die Leiter wackelte, Wasser tropfte auf sie herab. Eine weitere Sprosse zerbrach unter ihrem Fuß, die nächste ebenfalls, so dass sie durchfiel, sich nur noch mit den Händen festhielt, während ihre Beine erneut in die Dunkelheit flogen. Sie schnappte nach Luft, hangelte sich mit den Händen weiter abwärts und tastete mit den Füßen unter sich, bis sie endlich wieder auf eine feste Sprosse traf.
    Plötzlich erschien der Lichtstrahl an der Kante des Schachts, das grelle Leuchten fing sie ein. Sie warf sich zur Seite, als der

Weitere Kostenlose Bücher