Der Captain ist 'ne Lady
einmal verlobt. Sie sind erst der zweite Mann, der überhaupt die Gelegenheit hatte, mich so zu küssen.”
“Das glaube ich nicht”, wehrte er ab und sah sie forschend an. “Eine Frau mit Ihrem Aussehen verabredet sich nie? Warum denn nicht?”
“Keine Zeit und keine Lust”, entgegnete sie beiläufig.
Er war sichtlich verwirrt und schien ihr kein Wort zu glauben.
“Erinnern Sie sich, was ich Ihnen von meinem Vater erzählt habe?”, fragte sie, damit er sie verstand. “Konteradmiral Stanton Powell?”
Cinco nickte.
“Nach dem Tod meiner Mutter kontrollierte er mein ganzes Leben”, fuhr sie fort. “Das erstreckte sich auf alles. Auf meine Garderobe, mein Essen, wo ich zur Schule ging, wen ich als Freund haben durfte und wen nicht. Mein Leben wurde bis in die kleinste Kleinigkeit geplant und mit militärischer Präzision ausgeführt.”
“Und er hat Ihnen nicht erlaubt, sich mit Männern zu verabreden”, stellte Cinco fest.
“Genau”, bestätigte sie. “Ich durfte auch sonst nichts machen, was für die anderen Mädchen selbstverständlich war.”
“Was haben Sie nach dem Unterricht und in den Ferien getan?”
“Gelernt. Um wenigstens etwas Abwechslung zu haben, besuchte ich Kurse in Selbstverteidigung, Schießen, Segeln und Fliegen. Ich hatte immer viel zu viel zu tun, um Freundschaften zu schließen oder mit jemandem auszugehen.”
“Und wie war es am College?”
“Mein Vater hat mich auf die Air Force Academy geschickt. Die Navy kam nicht infrage, damit niemand behaupten konnte, er würde mir helfen. Als Nächstes kam dann West Point an die Reihe, aber ich liebte mittlerweile die Fliegerei so sehr, dass ich den Mut fand, meine Wünsche auszusprechen.”
“Warum haben Sie nicht rebelliert?”, warf er ein. “Sie hätten weglaufen oder wenigstens versuchen können, sich heimlich zu vergnügen. Auf mich wirken Sie jedenfalls sehr unabhängig.”
Genau diese Frage hatte sie sich selbst bereits unzählige Male gestellt. “Ich weiß es nicht”, antwortete sie aufrichtig. “Nein, wirklich”, betonte sie, als er ungläubig den Kopf schüttelte. “Als ich noch klein war, verlangte mein Vater von mir Gehorsam als Beweis dafür, dass ich ihn liebe. Ich musste ihn überzeugen, dass ich die Zeit und die Mühe wert war, die er mir schenkte.”
“Und was wäre gewesen, wenn Sie nicht gehorcht hätten?”, fragte Cinco.
“Er hat gedroht, mich dann zu verlassen, wie Mom das getan hatte. Er würde weggehen und nie zurückkommen.”
“Sie Ärmste”, sagte Cinco wieder und wollte sie an sich ziehen, doch sie wich ihm aus.
“Auf der Academy hatte er endlich keine Kontrolle mehr über mich”, fuhr sie fort. “Ich habe meinen Mut zusammengenommen und versucht, Freundschaften zu schließen und mich zu verabreden, aber mir fehlte die Erfahrung, die die anderen hatten. Und ich hatte noch immer Angst, meinen Vater zu enttäuschen. Ich wollte ihn nicht in Verlegenheit bringen. Eigentlich hätte ich wissen müssen, dass er mich auch weiterhin kontrollierte, wenn auch aus der Ferne.”
Meredith lächelte bedauernd und schüttelte über sich selbst den Kopf. Damals war sie noch sehr naiv gewesen. “Dann verliebte ich mich”, fuhr sie mit ihrer Geschichte fort. “Das heißt, ich war überzeugt, mich verliebt zu haben. Er war der erste Mann, der sich überhaupt um mich kümmerte, und er machte einen netten Eindruck. Wenige Wochen später waren wir bereits verlobt und sprachen über unsere gemeinsame Zukunft.”
“Meredith”, fiel Cinco ihr ins Wort, “Sie brauchen mir nicht alles zu erzählen. Ich verstehe Sie schon.”
“Die erste intime Erfahrung mit ihm brachte mir gar nichts”, gestand sie trotzdem. “Es war nicht aufregend, und es war nicht unangenehm. Nichts war so, wie ich es erwartet hatte. Ich habe viele Liebesgeschichten gelesen und gehört, wie andere über ihr Leben sprachen. Bei mir tat sich aber nichts, einfach nichts.”
Befangen rückte Cinco seinen Stetson zurecht und schob die Hände in die Hosentaschen.
“Ich nahm an, es wäre meine Schuld und ich hätte an meinen Verlobten zu hohe Anforderungen gestellt. Ziemlich überraschend für mich verließ er dann die Air Force, löste die Verlobung und verschwand. Erst ein Jahr später habe ich herausgefunden, dass mein Vater gedroht hatte, seine Laufbahn zu zerstören, falls er mich nicht verlassen würde. Und er hat dafür gesorgt, dass mein Verlobter die Marine-Akademie besuchte.”
“Ich kann mir vorstellen, wie
Weitere Kostenlose Bücher