Der Captain ist 'ne Lady
war natürlich völlig unmöglich. Er hatte sein Leben hier und kontrollierte seine Familie und die Ranch. Sie dagegen lebte fürs Fliegen, und sie würde fern der Ranch in einer zivilisierten Umgebung lernen müssen, für sich und ihr Leben die volle Verantwortung zu übernehmen.
Sie wollte Cinco nicht lieben, weil das nur Schmerz bedeutete, wenn alles endete. Und sie könnte es nicht ertragen, von ihm eine Abfuhr zu bekommen.
Cinco kam zu ihr. “Meri, geh mit Abby. Sie sorgt für deine Sicherheit. Ich helfe bei den Löscharbeiten.”
“Ich will auch helfen”, widersprach sie.
“Nein, das ist zu gefährlich”, erklärte er entschieden. “Wir setzen Pumpen und Schläuche ein, und einer der Piloten holt mit dem Hubschrauber Wasser vom Fluss.” Lächelnd fügte er hinzu: “Alles wird gut. Wir löschen den Brand bestimmt sehr rasch. Lass sie nicht aus den Augen”, ermahnte er seine Schwester. “Und haltet euch vom Stall fern. Dieser Brand gefällt mir gar nicht. Ich glaube, er wurde absichtlich gelegt. Solange ich nicht mehr weiß, schwebt Meredith möglicherweise in großer Gefahr.” Ohne darüber nachzudenken, zog er Meredith plötzlich an sich und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss. Anschließend sah er genauso verwirrt drein wie sie.
“Pass auf dich auf, Schatz”, flüsterte er, ließ sie stehen und ging zu seinen Leuten, die bereits das Feuer bekämpften.
Eine Stunde später standen Meredith und Abby noch immer in der kalten Nachtluft und blickten zum Stall hinüber. Obwohl sie einige Hundert Meter entfernt waren, sahen sie deutlich, dass die eine Hälfte eingestürzt war und die andere noch immer brannte.
Abby unterbrach die Verbindung auf ihrem Handy, über das sie mit dem Hubschrauberpiloten gesprochen hatte. “Jetzt wird es besser. Der Wind hat sich gelegt.”
“Das hilft?”, fragte Meredith.
“Ja. Wenigstens greift das Feuer nicht auf andere Gebäude über”, erklärte Abby. “Das ist sehr wichtig. Der einzige Hubschrauberpilot, den wir haben, ist bereits völlig erschöpft. Er ist gestern den ganzen Tag an den Zäunen Streife geflogen.”
“Ich könnte den Hubschrauber auch fliegen”, meinte Meredith. “Wenn ihr mir erklärt, wo der Fluss ist, lerne ich schnell, wie man Wasser transportiert. Ich würde den Mann gern ablösen.”
Doch Abby schüttelte energisch den Kopf. “Nein, Cinco würde einen Tobsuchtsanfall bekommen, wenn er erfahren würde, dass ich das zugelassen habe.”
“Wieso denn? Sicher, er hat gemeint, es wäre zu auffällig, wenn auf der Ranch eine Pilotin auftaucht, aber hier handelt es sich um einen Notfall. Mir droht doch in der Luft keine Gefahr von Richard Rourke.”
“Das ist nicht das Problem”, wehrte Abby ab. “Du musst Cinco einfach nehmen, wie er ist. Tut mir leid.”
“Abby”, fragte Meredith neugierig, “was ist denn das wahre Problem? Ich möchte euch gern helfen.”
Abby zögerte. “Eigentlich sollte Cinco dir die Geschichte selber erzählen”, meinte sie dann, “aber dazu wird es vermutlich nicht so bald kommen. Er war vor einigen Jahren verlobt. Die Frau hieß Ellen.”
“Das weiß ich”, fiel Meredith ihr ins Wort. “Das hat er mir schon anvertraut.”
“Du weißt aber nicht, dass sie ums Leben kam, als sie auf dem Weg hierher war, um ihn zu heiraten. Es war ein Flugzeugabsturz.” Abby legte Meredith die Hand auf den Arm. “Er hatte ihr eine gemietete Maschine geschickt, weil er dachte, das wäre sicherer und sie würde so früher auf der Ranch eintreffen. Seither hat er Angst vor kleinen Maschinen. Kein Mitglied unserer Familie ist seither geflogen.”
Jetzt verstand Meredith einiges, und sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
“Mein Bruder hat sich stets um andere gesorgt”, fuhr Abby fort. “Das fing schon an, als er noch ganz klein war. Da hat er sich um die Tiere gekümmert. Auch heute kann er noch alles, was vier Beine hat, so gut wie ein richtiger Tierarzt behandeln. Er baut eine richtige Beziehung zu den Tieren auf. Nach dem Tod unserer Eltern ist er in das Geschäft mit Sicherheit und Personenschutz eingestiegen. Es reichte ihm nicht mehr, nur auf der Ranch für andere da zu sein. Er wollte allen helfen.”
Abby seufzte und strich sich das Haar aus dem Gesicht. “Manchmal glaube ich, er macht sich Vorwürfe und denkt, Mom und Dad wären nicht verschwunden, wenn er besser aufgepasst hätte. Ellens Tod hat ihm dann den letzten Schlag versetzt. Es hat ihn fast umgebracht. Und nun bist du hier aufgetaucht.
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