Der Cartoonist
weiter
verengte.
Warum kommt
denn niemand? Bob! Krista! Bitte! BITTE!
Scott Bowman
dachte an seinen Tod. Nur knapp vier Meter unter seinem eigenen Anlegesteg
würde er gleich ertrinken.
Plötzlich
schnappte es in seinem Kopf: Er tauchte in Leere ein, in reine, ursprüngliche
Leere, jenseits aller schlichten Angstvorstellungen. Er würde sich dem Drang
nach Luft nicht länger widersetzen. Luft war jetzt sein Ein und Alles, das Zentrum
seines schwindenden Universums, und Scotts Körper gehorchte diesem alles
übertönenden Befehl. Hilflos öffnete er den Mund und atmete tief ein. Und das
Wasser bahnte sich den Weg durch Zugänge, die von der Natur dafür nicht
vorgesehen waren.
Als die Erstickungswelle
wie Feuer durch sein Hirn toste, quollen seine Augen hervor. Seine Brust wehrte
sich wütend und versuchte, das Wasser aus den Lungen zu vertreiben. Von weit
her hörte er das mechanische Tuckern von Andersons Außenbordmotor - vielleicht
waren es aber auch die rasselnden Knochen des Sensenmanns. Scott war es egal,
er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Er war nur noch ein verzweifeltes
Tier, das sich jetzt mit solcher Wildheit aufbäumte, dass sich die Sehnen aus
den Knochen lösten.
Aber sein Bein
ließ sich nicht bewegen.
Sein Gehirn
schwoll an, unzählige Bilder strömten in grellen Farben auf ihn ein, Wasser
trat an die Stelle der Luft.
Scott war dabei zu ertrinken.
Durch
Nebelschleier, die sich dichter und dichter um ihn legten, sah er den Anker,
der wie irgendein bizarres Seeungeheuer mit silbernen Schuppen und
speerformigen Flossen durchs Wasser schnitt. Nahe einer seltsam verlockenden,
tödlichen Euphorie, unfähig, noch irgendetwas zu erfassen, sah Scott mit
dumpfer Ehrfurcht zu, wie das Ding näher und näher rückte.
Und dann
bemerkte er das gelbe Nylontau.
Direkt über
ihm war Bob Andersons Boot. Und es zog einen Anker hinter sich her.
Getrieben von
letzten Überlebensinstinkten, richtete Scott den Blick auf das Tau und stürzte
sich darauf. Als er es in den Händen hielt und bemerkte, wie es sich unter
seinem Griff straffte, stemmte er den freien Fuß gegen den Felsbrocken, der den
anderen Fuß festhielt, und drückte ein letztes Mal dagegen.
Oben an der
Wasseroberfläche gab Anderson mit dem Außenbordmotor Vollgas.
Und Scotts
Bein löste sich aus der Falle.
6
Nachdem Scott
das Seil losgelassen hatte, strampelte er blindlings nach oben, hoch zum Licht
und der rettenden Luft. Direkt unter dem Anlegesteg schnellte er an die
Oberfläche, stieß mit dem Kopf gegen eines der Fässer und warf sein Gesicht dem
erlösenden Sauerstoff im knappen Luftraum entgegen. Mit den Fingern griff er
zwischen die Holzlatten des Stegs und krallte sich daran wie an Landehaken
fest. Hustend und spuckend riss er den Mund auf und sog gierig die Luft ein ...
die köstliche Luft, die lebendige Luft. Die Stimme seiner Tochter klang hoch,
hektisch und überschlug sich vor Angst, während sie seinen Namen schrie, doch
sie erfüllte ihn mit einem seltsamen Triumphgefühl. Dass er sie hörte, hieß: Er
war am Leben! Darauf hatte er nicht mehr zu hoffen gewagt.
Jetzt kniete
Kath auf dem Steg nieder, spähte durch die Bretter hindurch und griff nach
Scotts Fingern. Dann war auch Krista da, deren Stimme Angst und Hysterie
verriet und wie das Echo ihrer Tochter klang.
»Scott! Oh,
allmächtiger Gott! Alles in Ordnung? Oh, du Mistkerl, du hast mich zu Tode
erschreckt! Kommst du da allein wieder raus? Oh, Gott... Oh, Gott!«
Kurz darauf
waren Bob Anderson und Frank Mills über ihm, und Scott konnte aus seiner
Froschperspektive erkennen, wie sie alle ihn durch die Risse im Holz
anstarrten. In seiner Kehle stieg ein irres Lachen auf und erzeugte nichts als
Husten. Mehrmals spuckte er einen ganzen Mund voll Seewasser aus, blickte mit
brennenden Augen durch die Stegbretter nach oben ... und atmete.
Andersons
dröhnender Befehl beendete mit einem Schlag das panische Hin und Her weiblicher
Stimmen: »Jetzt reicht's! Ihm fehlt nichts. Wir müssen ihn nur da unten
rausholen .« »Oh, Scott... ich dachte, du wärst... ich ...«
»Fred, bring die Dame zurück ins Haus ...« »Nein«, sagte Krista und zerrte an
Andersons Ärmel. »Mir geht's gut. Ich möchte helfen .«
Bob kniete
sich mit einem Bein nieder und blickte Scott mit seinen ruhigen braunen Augen
an. »Meinen Sie, dass Sie Ihren Hintern irgendwie da unten rauskriegen, Scotty ?«
Beim Versuch
zu antworten, brachte Scott nichts als eine heftige Hustenattacke hervor,
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