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Der Cartoonist

Der Cartoonist

Titel: Der Cartoonist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Costello
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gehen, merkte
er, dass er mehr als angesäuselt war, genau wie die Nutte, und ihre
hartnäckigen Annäherungsversuche jetzt seltsamerweise als schmeichelhaft
empfand. Immer noch winkte und zwinkerte sie ihm von ihrem Hocker an der
benachbarten offenen Bar aus zu.
    Was für ein
anhängliches Straßenhündchen, dachte Scott, musste kichern und winkte zurück.
Inzwischen hatte er die grässliche Angst, die ihn letzte Nacht gepackt hatte,
fast vergessen. Allerdings nagte trotz der Erschöpfung und der milden, vom
Alkohol verursachten Euphorie irgendetwas an ihm, beschäftigte sein
Unterbewusstsein. Es war irgendein Detail, das er nicht richtig fassen konnte, das
ihm immer wieder entglitt. Irgendetwas passte nicht zusammen, fügte sich nicht
recht ins Bild. Es hatte mit den Zeichnungen des Alten zu tun: Irgendetwas
daran war widersinnig, ohne dass er es hätte benennen können, aber es war
eindeutig in den Bildern enthalten.
    Während Scott
wartete, wurde ihm vage bewusst, dass er die Arbeiten des Alten mit sich
herumschleppte: Sie lagen zusammengefaltet in der Seitentasche seiner
TWA-Flugtasche. Es kam ihm so vor, als könne er sie darin spüren - wie ein
Gewicht, gerade so schwer, dass die Trageriemen der Tasche unangenehm in seine
Schulter schnitten.
    »Ihre
Bordkarte, bitte. Ihre Bordkarte, Sir?!«
    »Was ...?«
    Ohne es zu
merken, war Scott bis zur Spitze der Warteschlange aufgerückt. Jetzt sah er
sich einer gereizten Stewardess aus Puerto Rico in adretter blauer Uniform
gegenüber, die ungeduldig die behandschuhten Finger ausstreckte. Der Passagier
vor Scott war bereits ans Ende der Zugangsrampe gelangt und bog gerade um die
Ecke.
    Die Leute
hinter Scott murmelten aufgebracht.
    Er reichte der
Stewardess die Bordkarte.
    »Am Ende der
Rampe links halten«, erklärte sie. »Sollen wir Ihnen helfen, Sir ?«
    »Nein, ddd...
danke .«
    Meine Güte, so
betrunken war er doch gar nicht ... Oder doch?
    Vorsichtig
machte sich Scott auf den Weg. Beim Blick durch die lange, halb durchsichtige
Seitenwand der Rampe fiel ihm die konisch geformte Spitze des Flugzeugs auf,
die mit einem großen, roten Punkt markiert war. Er musste dabei an eine riesige
Brust denken - die wogende, Männer verschlingende Brust in Woody Allens Film Was Sie schon immer über Sex missen wollten (aber nie zu fragen wagten). Danach dachte er an all das eiskalte Gebräu in seinem Magen (er hätte nicht
sagen können, wie viele Biere es seit Ottawa gewesen waren) und an die Mitleid
erregende, abgehalfterte Hure in der Wartehalle. Er lächelte.
    Wie
angewiesen, wandte sich Scott am Ende der Rampe nach links. Vom Rollfeld her
drang kühle Luft herüber, die nach Treibstoff stank. Er spürte, wie sie an
seinem Haar zauste und den Schweiß auf seiner Stirn trocknete. Nachdem er ins
Flugzeug gestiegen war, zeigte er der Stewardess kurz die Bordkarte und zwängte
sich durch den Gang, bis er seinen Sitz gefunden hatte.
    »Möchten Sie
etwas trinken, Sir ?«
    Zusammengekrümmt
und halb schlafend saß Scott auf seinem Fensterplatz weit hinten im Flugzeug.
Eingelullt vom sanften Vibrieren der Rolls-Royce-Turbinen, war er auf der
Stelle friedlich eingenickt. Neben ihm thronte eine Frau, die so übergewichtig
war, dass ihr Fett über den Sitz hinaus bis in den Gang schwabbelte. Sie las
ein dickes Taschenbuch und roch so schal nach Schweiß wie ein ganzer
Sportumkleide-»Nein, danke«, erwiderte Scott. »Ich glaube, ich habe genug
gehabt .«
    Lächelnd ging
die Stewardess weiter, um die übrigen Passagiere mit Getränken vom scheppernden
Rollwagen zu versorgen.
    Die fette Frau
drehte sich zu Scott um, ließ das Taschenbuch in den Schoß sinken und lächelte
ihm zu. Hastig (und wohl auch ein bisschen unhöflich, wie er fürchtete) wandte
sich Scott dem Fenster zu. Als er einen Blick auf die Armbanduhr warf, ging ihm
auf, dass sie tatsächlich gestartet und auf halbem Weg nach Boston waren, ohne
dass er es mitbekommen hatte.
    Jenseits des
Fensters wölbte sich ein klarer, fast wolkenloser Himmel, dessen Horizont einen
sanften Bogen beschrieb. Nur eine einzige Wolke, die sich dunkel vor dem
sternenbesäten Himmel abzeichnete, trieb gemächlich auf halber Höhe dahin. Ihr
oberer Rand verschleierte einen Teil des Mondes und schimmerte schwach. Als
Scott mit träumerischem Blick hinübersah, fiel ihm ein, wie der nächtliche
Himmel ihn in seiner Kindheit fasziniert hatte. Gemeinsam mit einem Kumpel war
er oft auf den Zaun hinten im Garten gestiegen und von dort aus

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