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Der Cellist von Sarajevo

Titel: Der Cellist von Sarajevo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Galloway
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Feind zu haben.
    »Setzen«, sagt er und schiebt mit einem Fuß einen Stuhl heraus. »Und lassen Sie Ihr Gewehr bei der Tür.«
    Strijela stellt behutsam ihr Gewehr ab und setzt sich. Sie spürt, dass ihr die Situation rasch entgleitet. Voller Unbehagen wartet sie darauf, dass er fortfährt, und überlegt, wie sie das Geschehen wieder in den Griff bekommen kann.
    »Ich bin Oberst Edin Karaman«, sagt der Mann mit barschem Tonfall. »Sie werden Strijela genannt?«
    »Ja.«
    »Und wie lautet Ihr richtiger Name?«
    Er schaut sie an, erwartet eine Antwort. Strijela strafft sich und erwidert seinen Blick. »Strijela ist mein richtiger Name«, sagt sie.
    Er zögert kurz. »Spielt keine Rolle«, sagt er. »Wenn ich Ihren Namen kennen müsste, wüsste ich ihn bereits.« Er nimmt einen Aktenordner von einem Stapel, der auf dem Tisch liegt, und schlägt ihn auf. »Ihre Einheit wurde aufgelöst. Sie wurden mir zugeteilt.«
    Er schaut sie nicht an, als er das sagt, aber Strijela ist sich bewusst, dass er ihre Reaktion einschätzen will. »Was ist mit Nermin Filipović?«
    »Filipović wurde getötet, wie Sie sicher wissen.« Er blickt auf. »Ich habe Sie seit einiger Zeit beobachtet. Sie verfügen über eine Reihe eindrucksvoller Fähigkeiten.«
    Strijela schaut auf Edin Karamans Hände. Sie sind glatt, sauber, ohne Schwielen. Sie passen nicht zu seinem übrigen Erscheinungsbild. »Was wollen Sie von mir?«
    »Ich möchte, dass Sie so weitermachen wie bisher«, sagt er und schließt die Akte. »Aber unter meinem Befehl.«
    »Nein«, sagt Strijela. »So arbeite ich nicht.«
    Er lächelt. »Sie haben mich missverstanden.«
    Strijela schüttelt den Kopf. »Das glaube ich nicht.«
    »Doch«, sagt er. »Sie haben mich völlig missverstanden. Ich bitte Sie nicht darum. Ich befehle es Ihnen. Wir sind im Krieg. Ich habe nicht um diesen Krieg gebeten, aber unsere Feinde haben darauf bestanden, und jetzt müssen sie die Folgen tragen. Sie sind ein Teil der Lösung und werden sich dementsprechend verhalten.«
    »Ich habe bereits einen Auftrag«, sagt sie, »den ich zu Ende bringen muss.« Sie schwitzt, spürt, wie ihr ein Tropfen hinten an der Wade hinabläuft.
    »Der Cellist geht Sie nichts mehr an. Wir haben ihm jemand anders zugeteilt.« Er nimmt einen tiefen Zug von seiner Zigarette.
    »Warum?«
    »Weil ich es sage. Filipović hat Ihre Fähigkeiten nicht richtig genutzt, hat zugelassen, dass Sie auf gewöhnliche Soldaten und unwichtige Angelegenheiten wie diesen Cellisten vergeudet werden.« Edin Karaman steht auf. »Sie werden mit meinen Männern draußen mitgehen. Sie werden Sie zu Ihrem Späher bringen. Er wird Ihnen alles Weitere bezüglich Ihres Auftrags erklären.«
    Strijela steht nicht auf. Sie legt die Hände auf den Tisch und starrt ihn an. »Ich arbeite nicht mit einem Späher. Ich suche mir meine Ziele selber aus.«
    Er blickt auf sie herab. »Nein, das werden Sie nicht. Ich muss Sie noch einmal daran erinnern, dass Sie keine andere Wahl haben. Sie werden das tun, was zur Verteidigung der Stadt erforderlich ist, und darüber entscheide ich. Gehen Sie jetzt.«
    Sie zögert, weiß nicht recht, was sie machen soll. Es ist nicht so gelaufen, wie sie gedacht hat. Ihr wird klar, dass sie naiv war und dass sie sich und vor allem die Situation nicht im Griff hatte. Sie hat keine andere Möglichkeit.
    Als sie aufsteht und sich zum Gehen wendet, fragt sie sich, was ihr Vater sagen würde, wenn er noch lebte. Wusste er, dass es dazu kommen würde? Hat er mehr von der Eigendynamik des Krieges verstanden als sie, von den Menschen, die auf beiden Seiten daran mitwirken? Sie bezweifelt es. Er wollte lediglich, dass seine Tochter in Sicherheit war. Er konnte nicht wissen, dass sie sich so gut aufs Töten verstand und dadurch verwundbar wurde.
    »Noch ein Letztes«, ruft Karaman. Sie dreht sich zu ihm um. Er hat die Hände vor der Brust gefaltet und schaut sie mit ernster Miene an. »Manche Menschen in dieser Stadt halten den Krieg für komplizierter, als er tatsächlich ist. Für den Fall, dass Sie dazugehören, werde ich Ihnen erklären, wie es wirklich um Sarajevo bestellt ist. Es gibt uns, und es gibt die anderen. Jeder, und das meine ich wortwörtlich, fällt in eine der beiden Kategorien. Ich kann nur hoffen, dass Sie sich darüber im Klaren sind, wo Sie stehen.« Er hebt eine Hand und winkt sie weg, wie man eine Fliege vom Teller scheucht.
    Strijela bückt sich und ergreift ihr Gewehr. Das vertraute Gewicht tröstet sie. Wenn man

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