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Der Cellist von Sarajevo

Titel: Der Cellist von Sarajevo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Galloway
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will, dass sie die Männer auf den Bergen tötet, na schön, dann macht sie das eben. Alles, was bislang in ihrem Leben geschehen ist, alle Entscheidungen, die sie getroffen hat, haben sie an diesen Punkt geführt. Nun muss sie nur noch die Folgen tragen.

Kenan
    Entschlossenen Schrittes geht er durch die Stadt, über die nach Osten führenden Straßenbahngleise, durch die Strossmayer-Straße nach Norden und über die Straßenbahngleise in Richtung Westen. Als er auf der anderen Seite der Hauptstraße ankommt, legt er eine Ruhepause ein und lässt die Flaschen zu Boden sinken. Er will sie gerade wieder hochheben, als er Ismet den Berg herunterkommen sieht. Er wartet auf seinen Freund.
    Ismet lächelt, als er ihn sieht. »Weshalb hast du so lange gebraucht?«
    Kenan lächelt nicht. Er weiß nicht recht, was er sagen soll. »Die Brauerei wurde beschossen.«
    Ismet nickt und zieht eine grimmige Miene. »Ist alles in Ordnung?«, fragt er und mustert ihn.
    »Mir fehlt nichts. Wo willst du hin?« Er weiß, dass er Ismet nichts vormachen kann, aber er will im Moment nicht darüber reden.
    »Zum Markt. Komm mit«, sagt er und will Kenans Wasser übernehmen.
    »Sind die Maden schon alle?« Kenan wuchtet das Wasser hoch, bevor Ismet es ihm abnehmen kann.
    »Lass dir wenigstens helfen.«
    »Ist schon gut. Ich kann sie nicht ausbalancieren, wenn du mir hilfst. Wirklich.« Er wendet sich nach Westen, in Richtung Markt. »Gehen wir.« Er hat fünfzehn Mark in der Tasche. Wenn er Glück hat, findet er möglicherweise ein Schnäppchen. Irgendetwas für die Kinder vielleicht.
    Als sie zum Markt laufen, fällt ihm auf, dass Ismet nicht raucht. Das ist ungewöhnlich, und außerdem wünscht er sich, Ismet würde ihm eine Zigarette anbieten. Er fragt sich, ob Ismet deshalb nicht raucht, weil er sich sonst dazu verpflichtet fühlen würde, mit ihm zu teilen.
    Der Markt ist überlaufen, und Kenan wird durch sein Wasser behindert. »Warte hier«, sagt Ismet. »Ich sehe zu, ob es irgendwas Lohnendes gibt. Wenn ja, hole ich dich.«
    Er schaut Ismet hinterher, als dieser im Getümmel verschwindet. Es ist einer der geschäftigsten Märkte der Stadt, aber der Platz ist nicht allzu groß, deshalb hat man so viele Stände wie möglich aufgestellt. Eigentlich ist das hier kein Schwarzmarkt, doch er ist davon überzeugt, dass viele Waren, die hier verkauft werden, auf illegale Weise in die Stadt geschafft wurden. Ich habe hier fast ein Leben lang eingekauft, denkt er. Ein großer Prozentsatz der Lebensmittel, die er zu sich genommen hat, die ihn zu dem gemacht haben, der er ist, stammt von diesen Ständen. Er hätte sich nie vorgestellt, dass er eines Tages das Gefühl haben würde, dieser Markt nehme ihn als Geisel.
    Kenan denkt an den Tunnel, durch den man sämtliche Kinder aus Sarajevo herausschaffen könnte, durch den sich die Stadt retten ließe. Stattdessen wurden dort Gleise für die Karren verlegt, mit denen man Waren transportiert, die hier zu aberwitzig überzogenen Preisen verkauft werden. Das ist die neue Straßenbahn. Und dann wird Kenan klar, was aus seiner Waschmaschine geworden ist. Er hat es seinerzeit nicht bedacht, aber was soll jemand mit einem Elektrogerät in einer Stadt anfangen, in der es keinen Strom gibt? Jetzt wird ihm klar, dass die Karren, die mit Schwarzmarktwaren beladen in die Stadt rollen, nicht leer zurückfahren. Irgendwo, in einer anderen Stadt, wäscht jemand seine Kleidung mit dieser Maschine, die er für einen Apfel und ein Ei erstanden hat, ohne zu wissen, dass er dadurch einen Beitrag zur Zerstörung dieser Stadt leistet.
    Ein Stück weiter die Straße entlang, in Richtung Westen, sieht er einen Mann neben einem schwarzen Mercedes stehen. Er trägt einen nagelneuen Trainingsanzug und ist offensichtlich gut genährt. Rauchend steht er da und scheint auf jemanden zu warten. Ab und zu schaut er die Straße entlang, zu Kenan, in die Richtung, aus der Autos kommen.
    Ein großer Lastwagen fährt vorbei. Kenan kennt ihn von der Brauerei her; es ist einer von denen, die mit Wasser beladen an ihm vorbeigerast sind, als er den Berg hinaufstieg. Er hatte angenommen, er wäre für die Truppen an der Front oder für das Krankenhaus bestimmt. Doch der Lastwagen hält hinter dem schwarzen Mercedes, der Fahrer steigt aus und spricht mit dem Mann, der danebensteht. Kenan hört nicht, was sie bereden, aber der Mann reicht dem Fahrer ein Blatt Papier und schlägt ihm auf den Rücken. Der Fahrer steigt wieder in den Lastwagen

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