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Der Chaos-Pakt

Titel: Der Chaos-Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt jr.
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Heilerin rückte die Lutar zurecht, stimmte einige Saiten nach und sang weiter.
     
    Wenn weicher Schnee auf harte Steine fällt,
    Wenn scharfer Wind durch starre Wälder weht,
    Wenn schweres Eis die Welt gefangen hält,
    Dann sing mir von der Zeit, wenn dieser kalte Bann vergeht.
     
    Wenn grüne Spitzen den Schnee durchbrechen,
    Wenn kalte Bäche frisches Wasser führen,
    Wenn frühlingstolle Hasen den Futterplatz vergessen,
    Dann lässt mich dieses Lied die Liebe spüren.
     
    Wenn goldnes Gras ein Lied der Sonne singt,
    Wenn rote Blüten mit den Köpfen nicken, allerorten,
    Wenn das Fohlen munter auf der Wiese springt,
    Dann träumst du schon vom Herbst,
    von diesem Lied, von seinen Worten.
     
    Danach herrschte tiefes Schweigen im Saal, nur ein-, zweimal von leisem Husten durchbrochen. Die Erinnerung an Sybra war für die meisten Überlebenden noch zu frisch. Sogar die Frauen, die aus Candar stammten, konnten den Schmerz fast körperlich spüren.
    »Jetzt vielleicht etwas Fröhliches?«, schlug Huldran vor.
    Ayrlyn nickte, sprach sich murmelnd mit Istril ab und sang das nächste Lied.
     
    Den ganzen Tag zog ich mein Boot voll Stein
    Dann kam ich heim und fand dich nicht allein
    Da nahm ich den verfluchten Stein
    Und schlug ihn auf dein Knabenhaar
    So gingst du auf die Fahrt, die deine letzte war.
     
    Nylan fand das Lied nicht gerade fröhlich, aber die einheimischen Frauen schienen es zu lieben. Vielleicht lag es daran, dass Ayrlyn in ihrer Version die Geschlechterrollen vertauscht hatte.
    Was dann als letztes Lied kam, war vorherzusehen.
    »Das Lied der Wächterinnen, das Lied der Wächterinnen!«, verlangten die neuen Rekrutinnen.
    Ayrlyn sah müde zu Nylan, Istril starrte den Boden an. Die Laute in der Hand, baute Ayrlyn sich vor dem Herd auf, stimmte noch einmal nach und schlug ein paar Akkorde an, bevor sie begann.
     
    ... von den längst verlornen himmlischen Gefilden
    bis zu Westwinds eisiger Feste
    werden wir stets die Klingen schwingen,
    denn Ehre ist für uns das Höchste!
     
    Von den Himmeln und den eisbedeckten Türmen
    zu der Dämonen Unterschlupf hinab
    schleudern wir die grellen Blitze
    und bringen jedem Feind den Tod.
     
    Als Wächterinnen Westwind zu beschützen,
    ist in Eis und Sommerhitze unsre Pflicht
    Die Schwerter allzeit blank gezogen,
    denn Ehre ist für uns das Höchste ...
     
    Nylan hatte seine Zweifel, was die Ehre anging, denn es schien ihm, als würden diejenigen, die oft über die Ehre sprachen, viele andere Menschen töten und anschließend einen viel höheren Preis dafür zu zahlen haben, als man es sich je ausgemalt hätte.
    Er unterdrückte ein Gähnen, während er sich von der Bank erhob und sich den steifen Rücken rieb. Die Bänke waren aus Hartholz gebaut und wurden unbequem, wenn man eine Weile darauf saß, ob nun jemand sang oder nicht.
    Er sah sich um, aber Ayrlyn, Istril, Siret, Huldran und Ryba waren schon vor ihm gegangen.
    Er zuckte mit den Achseln und suchte vor dem Zubettgehen noch einmal die Toilette auf. Morgen würde er wieder Schwerter schmieden. Er hielt das nach wie vor für keine besonders gute Idee, aber er wusste andererseits auch keine andere Lösung.
    Daryns Prothese zu formen hatte viel, viel länger gedauert, als er angenommen hatte, denn er musste sie genau an den Stumpf anpassen. Es war wie bei Relyns Armprothese. Auch dafür hatte er länger gebraucht als geplant und all die kleinen Pausen zwischen dem endlosen Schmieden der Waffen dafür hergegeben.
    Er unterdrückte abermals ein Gähnen, während er zur Toilette im unteren Stockwerk ging. Er versuchte, nicht an die Kinder zu denken, nicht an Ryba und nicht an die Dunkelheit, die über Candar lag.

 
VIII
     
    D er stämmige grauhaarige Mann wartete, während Zeldyan niederkniete und Nessleks Rücken tätschelte, bis der Junge wieder gleichmäßig atmete. Dann legte sie ihn auf den Rücken und deckte ihn zu.
    Nach einem letzten Blick auf ihren Sohn richtete sie sich auf, durchquerte den Raum und setzte sich Gethen gegenüber an den niedrigen Tisch, wo sie die beiden bereitgestellten Weinkelche füllte. Sie nahm einen kleinen Schluck und knabberte an dem Gebäck, das sie schon vorher gekostet hatte.
    »Was wolltest du gerade sagen?«, erkundigte er sich.
    »Vater«, begann Zeldyan zögernd, »du erinnerst dich doch an Hissl, den Magier, der die Eisenholzwälder bekommen wollte, indem er eine Expedition zur Niederwerfung der Engel anführte?«
    »Ich habe davon gehört. Wie du sicher noch

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