Der Chaos-Pakt
lassen.«
»Bevor Ihr mit dem Wald kämpft«, schaltete sich Sylenia ein, die am Rand des Gebüschs aufgetaucht war, »solltet Ihr vielleicht etwas essen.«
»Da hat sie nicht ganz Unrecht.« Nylan stand auf und schnappte sich seinen Sohn, um ihn ins kleine Haus zu tragen. Dabei streifte er mit der Schulter den Sichtschirm aus grün überzogener Keramik. So gut eingerichtet – und so eilig aufgegeben. Dann fiel ihm ein, dass er wahrscheinlich auch selbst möglichst schnell aus einer Gegend verschwunden wäre, wo diese riesigen Katzen in größerer Zahl herumschlichen. Die Einheimischen besaßen ja, wie Ayrlyn richtig bemerkt hatte, im Allgemeinen keine Waffen.
Mehrere Brotlaibe waren auf großen Blättern ausgelegt, dazu gab es Nüsse und eine Art gelber Äpfel.
»Das sind Birnäpfel«, erklärte Sylenia. »Yusek hat mir einmal einen mitgebracht. Die hier sind aber noch besser, weil sie frischer sind.«
Nylan schnitt sich eine Scheibe Brot ab und kaute das feuchte und klebrige Etwas. »Was ist denn das?«
»Das ist Kürbisbrot, es ist leider nicht besser gelungen. Ich kann zwar backen, aber mit nur einem Topf ...« Die dunkelhaarige Frau schüttelte den Kopf. »Weryl ist gut darin, die genießbaren Früchte und ähnliche Dinge zu finden. Ich folge ihm einfach.«
Ayrlyn und Nylan sahen Weryl an. Spürte er den Wald auf die gleiche Weise wie die Töne der Lutar?
»Da! Ahwen!«
»Wie lange hält sich dieses Brot? Können wir es mitnehmen?«, fragte Ayrlyn. »Wir brauchen etwas für den Rückweg.«
Falls wir überhaupt so weit kommen.
»Pessimist«, meinte sie stirnrunzelnd.
»Ich könnte es in Blätter wickeln«, meinte Sylenia achselzuckend. »Wollt Ihr bald aufbrechen?«
»So bald noch nicht«, sagte Ayrlyn, nachdem sie einen Schluck Wasser getrunken hatte. »Die Nüsse sind gut.«
»Sie müssen gekocht werden, sonst sind sie bitter.«
Nylan war froh, dass Sylenia sich mit der einheimischen Vegetation auskannte. Auf sich allein gestellt, wäre er wahrscheinlich verhungert. Aber das wäre ihnen ja im ersten Jahr in Westwind auch schon beinahe so ergangen und zum größten Teil nur deshalb, weil sie das Land nicht kannten. Er probierte die Nüsse, die wirklich gut schmeckten. Er aß weiter, bis ihm bewusst wurde, dass er eigentlich nicht mehr hungrig war, sondern sich nur noch voll stopfte.
»Nervös?«
Nylan nickte. »Und du?«
»Natürlich.«
Nylan wischte sich den Mund ab und trank noch einen kleinen Schluck Wasser. Dann stand er auf.
»Da! Ahwen!«
Nylan bückte sich, hob Weryl hoch und nahm ihn einen Augenblick fest in die Arme. Weryl erwiderte die Umarmung und drehte den Kopf herum.
»Er will dich auch umarmen.« Nylan reichte Weryl an die rothaarige Frau weiter.
Ayrlyn umarmte den silberhaarigen Jungen und Nylan spürte, dass sie weinte. »Mach's gut, Weryl, mach's gut.« Sie stellte ihn auf den gekachelten Boden und Sylenia nahm ihn sofort an der Hand.
Nylan schluckte. Ist es auch richtig, was ich jetzt tun will? Gibt es wirklich keine andere Möglichkeit?
Nein, antwortete Ayrlyn.
Sie gingen rasch zu hinteren Tür, wo die Pferde warteten, die sie schon vorher gesattelt hatten.
»Es ist beängstigend«, sagte er, als er aufgestiegen war.
Sie nickte nur und schürzte die Lippen.
Ohne ein weiteres Wort zu reden, ritten sie dem Wald entgegen und überließen es ihren Pferden, den besten Weg zur unsichtbaren Mauer und der Grenze zwischen dem alten Reich des Waldes und dem neu eroberten Gebiet zu finden.
»Wir können es schaffen. Wir müssen nur an das Gleichgewicht denken.«
»Daran zu denken ist leicht, aber uns darauf einzulassen und es für uns zu nutzen wird alles andere als leicht werden.«
»Nichts Wichtiges war jemals leicht.«
Nylan nickte. Auch damit hatte sie Recht.
Nachdem sie die Stuten an Bäume gebunden hatten, die seit dem vergangenen Tag merklich dicker geworden waren, gingen sie langsam zu den von Ranken überwucherten Mauerresten, die seit gestern merklich kleiner geworden waren.
»Für etwas, das nicht denkt, ist der Wald ausgesprochen zielstrebig«, bemerkte Ayrlyn.
»Gedanken und Intelligenz sind nur Illusionen, denen sich Primaten hingeben«, meinte Nylan. Sein Mund war ausgetrocknet. Die schmalen grün-grauen Blätter der neuen Bäume schienen zu rascheln, obwohl kein Lufthauch zu spüren war. Vom älteren Wald wehte ihnen eine Art Nebel oder Dunst entgegen und brachte den Duft verschiedener Blumen mit, üppig aber nicht zu aufdringlich.
Nylan schluckte
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