Der Chaos-Pakt
Chaos jemals auf sinnvolle Weise zusammenkommen können.«
»Daa...«, rief Weryl und stieß eine pummelige Faust in den Himmel.
»Selber daa«, antwortete Nylan.
»Waa-daa...«
»Also gut, also gut«, sagte Ayrlyn und langte nach der Wasserflasche. »Aber versuche bitte, mich nicht vollzusabbern.«
»Viel Glück«, sagte Nylan.
»Ich mache das hier nur, weil ich so edelmütig bin ... und weil ich dich liebe, du dickköpfiger Schmied. Aber treibe es nicht zu weit. Deine Schulter ist inzwischen ganz gut verheilt.«
»Dank deiner tatkräftigen Hilfe.«
»Ja, es hilft, wenn man beim Heilen die Ordnungs-Kräfte einsetzen kann, besonders bei Infektionen. Aber wir brauchen trotzdem dringend Desinfektionsmittel.«
»Wir könnten Alkohol aus Wein destillieren.«
»Wie denn? Ist es nicht schwer, die nötigen Leitungen zu schmieden?« Sie setzte dem Jungen die Flasche an die Lippen und überraschenderweise tropfte kaum etwas heraus.
»Du kannst das gut.«
»Natürlich.« Grinsend verschloss Ayrlyn die Flasche mit dem Korken und verstaute sie in der Halterung.
»Hmm ... Leitungen zu schmieden dürfte schwierig sein, aber vielleicht müssen sie nur teilweise aus Eisen bestehen. Der Rest könnte aus Ton gebrannt und glasiert werden. Außerdem können wir den Alkoholgehalt steigern, indem wir den Wein oder was auch immer einfrieren und das Eis entfernen. So haben sie früher Winterwein gemacht.«
»Ich dachte mir schon, dass du dir etwas einfallen lässt.« Ayrlyn löste Weryls Hand von ihrem Schwertgriff. »War sonst noch etwas Wichtiges in deinem Traum?«
»Alles weiß ich nicht mehr. Er schien lange zu dauern, aber das Wichtigste war, dass Ordnung und Chaos und die Bäume miteinander verbunden waren.«
»Das hat sicher etwas zu bedeuten«, überlegte Ayrlyn. Ein Schatten fiel über die Straße, als eine Wolke sich vor die Sonne schob.
»Wahrscheinlich.« Aber was war der Sinn? Wollte der Traum ihm sagen, dass Bäume Ordnung und Chaos brauchten? Nylan runzelte die Stirn. Echtes Chaos würde die Bäume töten ... oder nicht? Und was hatten die Bäume mit der Zukunft zu tun? War es ein Bild, das ihm sein Unterbewusstsein geliefert hatte, um ihm zu zeigen, dass auch er selbst im Brennpunkt verschiedener Kraftfelder stand? Er schob die Erinnerungen an den Traum beiseite und schaute nach oben. Der Himmel war immer noch bewölkt und ohne die sengende Sonne schien der Wind kühler zu sein.
»Wie weit ist es noch bis nach Lornth?«, fragte er nach einer Weile.
»Noch ungefähr fünf Tage.«
»Fünf Tage?«, stöhnte Nylan.
»Mehr oder weniger.«
Nylan blickte zur Straße, zur anscheinend endlosen Reihe der Eisenholzbäume auf der rechten Seite. Vielleicht gab es noch andere Eisenholzwälder. Er konnte nicht glauben, dass sie die nächsten fünf Tage an einem völlig nutzlosen Eisenholzwald vorbeireiten würden.
Aber andererseits hatte er auf Candar schon eine ganze Reihe von Überraschungen erlebt, nicht zuletzt hinsichtlich der Fähigkeiten, die er selbst und Ayrlyn entwickelt hatten. Er schüttelte den Kopf und rutschte im Sattel hin und her. Noch fünf Tage?
Weryl gluckste fröhlich und stieß Ayrlyn wieder einmal einen Ellenbogen in die Rippen. Sie hielt seinen Arm fest und zog ihn von sich weg. »Nein.«
Nylan konnte beinahe die geistige Kraft spüren, die hinter dem Verbot steckte.
Weryl verzog das Gesicht und begann zu weinen.
Ayrlyn schüttelte den Kopf. »Man darf ihm doch nicht erlauben, einfach anderen Leuten wehzutun.« Dann umarmte sie ihn mit dem freien Arm. »Schon gut, schon gut.«
Der Junge schluchzte noch eine Weile, dann starrte er wieder das Vieh auf der Südseite der Straße an. Aber er stieß Ayrlyn nicht mehr mit den Ellenbogen.
XXIX
N ylan blickte vom Lagerfeuer auf, als Ayrlyn mit Weryls nassen Sachen in die Schutzhütte trat. Sie ließ die schiefe Tür offen stehen, damit etwas Licht hereinfiel, denn es gab hier nur ein einsames Fenster mit klapprigen Läden. Ihre Hände waren vom Waschen im kalten Wasser des Bachs gerötet.
Der Schmied streckte einen Arm aus, um den silberhaarigen Jungen daran zu hindern, sich dem Feuer zu nähern, das sich aus kleinen Spänen nährte. »Nein.«
Weryl sah ihn verwirrt an, machte aber keine Anstalten, über den Arm seines Vaters zu klettern.
»Er versteht es«, sagte Ayrlyn.
»Er ist zu jung, um es wirklich zu verstehen. Ich habe das schon vor Jahren im Fach Kinderpsychologie gelernt.«
»Kinderpsychologie? Ich dachte, du bist
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