Der Chaos-Pakt
Ingenieur.« Ayrlyn hängte die Windeln, Weryls Hosen und sein Hemd an einen niedrigen Dachsparren. »Er wird bald größere Sachen brauchen. Die hier werden eng.«
»Ich weiß. Vielleicht können wir in Lornth einen Schneider finden.«
»Ha, die Leute hier machen die Kleidung ihrer Kinder selbst.«
»Ich vergesse immer wieder, wie die Dinge in Candar laufen.« Nylan gab noch etwas Kleinholz ins Feuer, während er Weryl im Auge behielt, aber der Junge blieb auf Händen und Knien hocken und betrachtete gebannt die kleinen Flammenzungen, die am Holz leckten.
»Kinderpsychologie?«, fragte die Heilerin noch einmal. »Wie kamst du dazu?«
»Es lag an den Zulassungsbedingungen. Ich bin ja nicht von der Akademie gekommen und deshalb musste ich auf der Universität neben der Hochenergiephysik noch einige andere Kurse belegen. Ich dachte, ich würde vielleicht eines Tages selbst Kinder haben, deshalb erschien mir Kinderpsychologie sinnvoller als Verhaltensforschung, Soziologie außerirdischer Rassen oder extraterrestrische Molekularbiologie.« Nylan schob ein etwas größeres Stück Holz ins Feuer und warf einen Blick zu den beiden Töpfen, die schon bereitstanden.
»Kinderpsychologie oder nicht, er versteht, was ein Nein bedeutet.«
Nylan zuckte mit den Achseln und fragte sich, ob Weryl schon empfindsam genug war, um die Ordnungs-Felder zu spüren, und ob er irgendeine emotionale Energie oder die Störungen oder sonst etwas bemerkte, sobald es um negativ besetzte Handlungen ging. Wenn dem so war, dann mussten sie sehr, sehr vorsichtig sein. Nylan stöhnte ausgiebig. Es kam ihm so vor, als müsste er überall vorsichtig sein, ganz egal, was er in Angriff nahm.
»Was stöhnst du?«
»Weil ... wenn du Recht hast und Weryl tatsächlich ein Nein versteht ...« Er erklärte ihr die Probleme, die sie bekommen konnten, wenn der Kleine zu empfindlich reagierte.
Ayrlyn bückte sich, hob Weryl auf und umarmte ihn, dann setzte sie ihn bequemer wieder hin. »Du musst ihm eine Menge Zuneigung geben. Das kann nicht falsch sein, denn dann erkennt er umso leichter den Unterschied.«
Der Ingenieur hätte am liebsten gleich noch einmal gestöhnt. Einen Sohn, der ein lebendiger Lügendetektor war, konnte er wirklich nicht gebrauchen. Aber andererseits konnte sein Sohn ja nichts dafür, dass er die Begabung möglicherweise vom Vater geerbt hatte, Nylan und Ayrlyn und auch Istril hatten entsprechende Anlagen gehabt. Warum musste eigentlich jede Gabe zugleich auch ein Fluch sein?
Er schob wieder ein größeres Stück Holz ins Feuer und schwenkte den Ausleger, an dem jetzt beide Töpfe hingen, über die Flammen. Das Gusseisen krachte und wackelte, als könnte es sich gleich aus den gemauerten Steinen lösen, aber es hielt.
»Es wird eine Weile dauern, bis der Eintopf fertig ist«, sagte er nachdenklich. »Gut, dass du die wilden Zwiebeln gefunden hast, sie werden den Geschmack verbessern.«
Nylan entfernte die gewachste Hülle vom Käse, schnitt vorsichtig ein paar Scheiben ab und ließ sie ins Tuch fallen, in das der Käse eingeschlagen gewesen war. Als er einen kleinen Stapel Scheiben vor sich liegen hatte, bot er Weryl die erste an. Weryl kaute und zerdrückte sie mit seinen paar Zähnen, bis er schlucken konnte. Sofort danach sperrte er den Mund wieder auf.
»Er hat Hunger«, meinte Ayrlyn, die sich auf die Steine neben der Kochstelle gesetzt und Weryl auf den Schoß genommen hatte, damit Nylan ihn füttern konnte.
»Ja, wir haben alle Hunger und wir haben schon eine Menge Lebensmittel verbraucht.« Der Schmied gab dem Jungen noch etwas Käse und sah zum Feuer. »Es wird noch dauern.«
»Schon gut, Weryl braucht sowieso etwas Bewegung.«
»Wenigstens kommen wir jetzt gut voran und seit wir das erste namenlose Dorf verlassen haben, hat es nur noch ein Unwetter gegeben.«
»Das Dorf hat einen Namen, ich habe ihn nur nie erfahren.«
»Ein Glück, dass es hier diese Schutzhütten gibt. Es ist gut, ein Dach über dem Kopf zu haben, besonders da wir mit Weryl reisen. Ich habe immer ein ungutes Gefühl bei der Vorstellung, dass wir in einem Gasthof oder mitten in einer Stadt übernachten müssten.«
»Die Schutzhütten dienen hauptsächlich den Händlern, würde ich meinen. Lornth ist lange nicht so dicht besiedelt wie die Länder östlich der Westhörner, sodass die Händler hier größere Strecken zurücklegen müssen.«
»Ich frage mich, ob die Eisenholzwälder der Grund dafür sind. Wir haben große Waldgebiete
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