Der Chaos-Pakt
kann noch weniger anbieten, meine Dame. Ich bin Heilerin und Sängerin und kann mich mit dem Schwert verteidigen.« Ayrlyn senkte den Kopf.
»Zweifellos gut genug, um zwanzig Kämpfer zu töten.«
»Höchstens die Hälfte.«
Die blonde Regentin lachte wieder. »Die meisten Bewaffneten töten so viele nicht im ganzen Leben und Ihr fühlt Euch unzulänglich.« Sie schüttelte den Kopf. »Und Ihr, Schmied?«
Nylan schluckte. »Mit der Klinge nur ein paar mehr als die Heilerin.«
»Und wie habt Ihr die Kämpfer aus Lornth vernichtet? Mit einer schrecklichen Magie?«
Nylan beschloss, etwas zu riskieren und ihr die volle Wahrheit zu sagen. »Mit Geräten vom Himmel, die nicht mehr funktionieren.«
»Also ... also könnte ein frisches Heer jetzt Westwind einnehmen?«
»Möglich«, erwiderte Nylan. »Allerdings würde der Turm allem außer einer Belagerungsmaschine standhalten und inzwischen sind erheblich mehr Wächterinnen in Westwind als bei unserer Landung.«
Zeldyan schüttelte den Kopf. »Ich würde keinen Bewaffneten gegen Euer Westwind schicken. Wir können dabei nichts gewinnen und alles verlieren.« Die durchdringenden grünen Augen musterten die beiden Engel. »Da Ihr schon einmal hier seid, werdet Ihr uns gegen Cyador helfen?«
»Ja.« Die Antwort kam wie aus einem Munde.
»Gut. Ich hatte gehofft, dass Ihr zusagen würdet. Ich habe mir die Freiheit genommen, für Euch ein Gästezimmer im Südflügel herzurichten. Es hat sogar ein Badezimmer. Die Magier sagten mir, Engel baden gern.«
»Ihr wisst weit mehr, als Ihr zu erkennen gebt, Regentin«, meinte Ayrlyn.
»Das ist die Aufgabe der Regenten und wie ich glaube auch die der Engel.« Zeldyan stand auf. »Heute Abend werde ich Euch das Abendessen aufs Zimmer schicken lassen. Morgen werdet Ihr uns, den Regenten, beim Essen Gesellschaft leisten. Lornth steht Euch offen.« Die blonde Frau hielt inne. »Für den Augenblick würde ich vorschlagen, dass Ihr den Bergfried nicht verlasst. Die meisten Menschen in Lornth sind auf Engel nicht gut zu sprechen.« Ihre Lippen zuckten. »Ich hege keinen Zweifel an Euren Fähigkeiten, Euch zu verteidigen, aber es wäre mir lieber, wenn niemand mehr sterben müsste, und nicht alle unsere Einwohner sind vernünftig genug einzusehen, wie sinnlos es ist, gegen Euch die Klinge zu erheben.«
Ayrlyn folgte dem Beispiel der Regentin und stand ebenfalls auf. Nylan fing Weryl wieder ein, der sich mit dem Schnitzwerk der Kommode beschäftigt hatte.
Die beiden Engel verneigten sich.
Zeldyan schellte mit einer kleinen Glocke und die Tür wurde geöffnet. Der Knappe trat ein.
»Würdest du die Engel ins Gästezimmer führen? Sie bekommen das Zimmer im Südflügel.«
»Das große?«
»Ja, das große, Nistyr«, bestätigte Zeldyan.
»Danke«, sagte Nylan leise.
»Ich fürchte, Engel, mein Dank wird wenig zählen, wenn Cyador uns angreift.«
Nylan ahnte, dass sie Recht behalten sollte, aber es war trotzdem angenehm, ein festes Dach über dem Kopf und genug zu essen zu haben, auch wenn er nach wie vor keine Ahnung hatte, was die Zukunft ihnen bringen mochte.
XXXIX
S o trotzte der Schmied Nylan der Engelsfrau Ryba, kannte er doch das Schicksal des einstmals mächtigen Jägers Gerlich, und floh aus Westwind mit der Heimlichkeit und Geschicklichkeit, die einem Mann entsprach, der die Feuer des Himmels und den Regen des Todes neu erschaffen hatte.
Die seelenvolle Sängerin Ayrlyn aber begleitete ihn und bei ihnen war auch ein Kind. Weit größere Gefahr drohte ganz Candar und allen Ländern bis zum Ende der Welt von diesen dreien als von der mächtigen Ryba ...
Die Engelsfrau und Marschallin von Westwind war bald erzürnt und schickte ihre Wächterinnen den dreien hinterher, aber gegen die dunklen Künste des Schmieds und der Sängerin vermochten sie nichts auszurichten und so erreichten die drei schließlich das alte und mächtige Land Lornth.
Die Menschen in Lornth verriegelten die Türen, als die Engel kamen, und fürchteten die dunklen Schatten, die sich über ihre Türschwellen legten.
Die Anführerin des Rates von Lornth aber war eine arglose Frau, die, bezaubert von Nylan und den süßen Liedern der dunklen Sängerin und der Unschuld des Kindes, den Reisenden eine Zuflucht bot und ihr Land den Dunklen öffnete, obwohl viele ihr abrieten und sie vor dem warnten, was die Engel bringen würden.
Und so lebten der mächtige Schmied und die Sängerin der dunklen Lieder und das Kind eine Weile in Lornth.
D IE F
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