Der Chaos-Pakt
diesem Ärger wegen der Mine auf sich hat?«
»Oh ... das war die Zeit, als Berphi noch der Herrscher von Cyador war. Es muss mindestens vier, fünf Jahrzehnte her sein. Als Fürst Berphi seinen Vorfahren ins Jenseits folgte, gab es Unruhen in Cyador, die Mine fiel an Lornth und dann wurde die Sache fürs Erste vergessen.«
»Bis heute?«, fragte Nylan.
»Wenn Ihr den Ärger auf weißen Pferden heranreiten seht, mein Engelsfürst, dann zahlt es sich oft aus, wenn man wartet und schaut, wie viele tatsächlich die Brücke über den Fluss überqueren. Sogar ich habe herausgefunden, dass nur wenige so weit kommen.« Genglois stand auf. »Wenn Ihr mich jetzt entschuldigen wollt, Ser, ich muss die Küche beaufsichtigen.«
»Oh, natürlich.«
Sie verließen die kleine Stube des Majordomus und begaben sich über den Hof zu den Ställen.
»Ser?« Ein schlanker Junge, der vernarbte Lederkleidung trug, empfing sie, noch bevor sie drei Schritte in die Stallungen getan hatten. Tief drinnen im Gebäude gackerten Hühner.
»Wir wollten nach unseren Pferden sehen«, erklärte Nylan.
»Schöne Tiere sind es«, sagte der Stallbursche. »Sie stehen in der zweiten Reihe.« Er drehte sich um und wies ihnen den Weg. »Der Graue, den Ihr als Packpferd benutzt habt, steht auch dort.«
Ayrlyn und auch Nylan lächelten, als sie dem dunkelhaarigen Burschen durch den Stall folgten.
»So, da wären wir ... die dunkle Stute und der Braune.« Der Junge deutete auf die Boxen. »Die waren nicht so dünn wie manche andere, die hierher kommen und denen man sofort ansieht, dass die Reiter sie nur haben grasen lassen. Die Hufe der braunen Stute sind abgewetzt, sie braucht bald neue Hufeisen, sagte Edicat. Beim Braunen ist noch alles in Ordnung.« Der Stallbursche sah zwischen Nylan und Ayrlyn hin und her.
»Wie heißt du?«, fragte Ayrlyn.
»Merthek. Ich bin der zweite Stalljunge, bis Kielmer bei den Bewaffneten ist.«
»Willst du auch mal ein Bewaffneter werden?« Nylan wunderte sich etwas über die Ausdrucksweise des Jungen.
»Ich? Nein, Ser. Ich liebe die Tiere, nicht das kalte Eisen. Kaltes Eisen liebt nichts außer Blut und der Preis ist mir zu hoch.« Er sah dem Schmied unverzagt in die Augen. »Besonders wenn man gegen Engel kämpfen muss.«
»Der Preis ist auch für Engel sehr hoch«, erwiderte Nylan trocken.
Merthek warf einen Blick auf Nylans Schwert. »Ein Kurzschwert, aber eine tödliche Waffe.«
»Ja, tödlich ist es«, räumte Nylan ein. »Ich wünschte freilich, ich würde es nicht brauchen.«
»Solange manche haben wollen, was den anderen gehört«, meinte der Junge, »solange braucht man auch Schwerter.«
»Leider«, antwortete Ayrlyn. »Ja, halte dich lieber an deine Pferde, Merthek.«
»Das werde ich tun, meine Dame, mein Herr, und wenn Ihr sonst noch etwas braucht, dann ruft mich einfach, falls ich nicht Euch schon vorher gefunden habe.« Er grinste breit und verneigte sich. »Wenn ich nicht hier bin, könnt Ihr Euch auch an den Stallmeister Guisanek wenden. Er ist ein guter Mann und kennt sich mit Pferden aus.«
»Das werden wir tun.« Nylan betrachtete die Stute, die auf sauberem Stroh stand und aus einem Holztrog anscheinend Korn fraß.
Nachdem Merthek sie wieder zum Hof geführt hatte, holte Nylan tief Luft. »Ich brauche eine Pause. Lass uns zum Turm hinaufgehen und von dort aus das Gelände in Augenschein nehmen.« Er deutete auf den kleinen Turm, der sich südlich des Gebäudeteils erhob, in dem ihre Kammer liegen musste.
»Da höre ich doch schon wieder den Ingenieur sprechen.«
»Was soll ich sagen?« Nylan musste Weryl festhalten, der sich plötzlich vorgebeugt hatte, um nach einem Huhn zu schnappen, das sich eilig in Richtung Stall in Sicherheit brachte.
»Am besten überhaupt nichts«, meinte sie, als Nylan sich der Tür des Turmes näherte. Ein Schloss gab es nicht, nur einen Eisenriegel, der quietschend protestierte, als er angehoben wurde.
Die Wendeltreppe war schmal und steil, die Stufen waren sogar an der Außenseite gerade breit genug für einen Stiefel. Die rosafarbenen Steine waren von den vielen Schultern, die hier vorbeigekommen waren, glatt geschliffen.
Ein wenig überrascht, dass er nicht einmal keuchte, als er oben ankam, hob er die schmiedeeiserne Luke, die ebenfalls quietschte. Nylan trat auf die Plattform und sah sich auf einer höchstens zehn Ellen durchmessenden Fläche stehen, die ringsum von einer Brustwehr umgeben war.
»Eindeutig zur Verteidigung gebaut«, bemerkte er,
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