Der Chirurg von Campodios
zu rauben.
Der Kampf zwischen Jawy und Taggart war unentschieden ausgegangen, denn nicht nur die
Torment
hatte Federn lassen müssen, auch die
Falcon
hatte ein paar tüchtige Einschüsse abbekommen. Lediglich die einbrechende Dunkelheit hatte das Gefecht beendet, eine Tatsache, die Jawy zugute gekommen war, denn so konnte er sich unbemerkt mit seiner Beute davonmachen.
Die
Torment
bot einen schneidigen Anblick, sie fuhr hart am Wind, und ihr neu gestellter Besan ächzte unter dem Druck der einfallenden Böen. Am Fuß des Masts wies das Kommandantendeck noch immer ein paar Schäden auf, die beim Verlust des ursprünglichen Besans entstanden waren.
Jim, der Zimmermann, und Tom, sein Gehilfe, erschienen eben aus den Tiefen des Schiffs – auf den Schultern eine gehörige Menge guten Schnittholzes. Sie wollten neue Decksplanken einpassen, eine Arbeit, die angenehm zu werden versprach, denn das Wetter war prächtig. Der Dritte im Bunde war Hewitt, der mit Holzböcken und allerlei Handwerkszeug folgte.
Jim und Tom ließen schnaufend das Holz an Deck poltern. Sie waren nicht mehr die Jüngsten, und die Schlepperei der schweren Eichenplanken hatte ihnen die Luft aus den Lungen gepresst. »Das wär geschafft!« Jim wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Komm, Junge, leg das Werkzeug gleich hier hin, dann haben wir’s griffbereit.«
»Gern, Jim.« Hewitt setzte das Bundgeschirr und einige andere Utensilien ab.
»Bin froh, dass du uns hilfst. Die letzten Tage waren für Tom und mich ziemlich anstrengend.«
»Ich tu’s gern. Solange ich Freiwache habe, hat Jawy nichts dagegen.«
»Fein.« Jim zögerte, dann sprach er weiter. »Im Vertrauen gesagt: Ich war’s, der dir damals an dem Tag, als du über Bord … na, du weißt schon. Jedenfalls hab ich dir noch die alte Deckspforte hinterhergeworfen. Vielleicht is sie dir über’n Weg geschwommen?«
Hewitt sperrte Mund und Nase auf. »Was? Du meinst, als Jawy mich den Fischen vorwerfen ließ …«
»Pssst, nich so laut.« Jim schielte nach achtern, wo nur wenige Schritte entfernt Jawys klobige Gestalt neben der Hecklaterne stand. Wie immer war er bis an die Zähne bewaffnet, auch wenn seine Linke noch verbunden war und er das Rapier nicht führen konnte. »Wenn Jawy merkt, dass wir über ihn reden, denkt er gleich wieder sonst was.«
Tom grunzte beifällig. »Ja, genau, ’s wird immer schlimmer mit ihm, man kann schon nich mehr Piep sagen, ohne dass er die Flöhe husten hört. Wundere mich überhaupt, dass er dich wieder in Gnaden aufgenommen hat. Na ja, uns fehlen mindestens dreißig Männer, wenn nich vierzig, un der Guineaman segelt sich auch nich von allein.« Er hielt eine der neuen Planken neben eine zerstörte. »Hm, die neue müsste ’n tüchtiges Stück abgelängt werden. Willst du das machen, Hewitt? Das is nett. Komm, ich zeig’s dir. Am besten, wir nehmen die Handsäge.«
Jim war unterdessen dabei, mit Stemmeisen und Klopfholz die angeknickten Planken zu lösen. »Sollten uns Mühe geben, damit Jawy zufrieden is«, brummte er. »Gottlob ham wir bei ihm ja ’nen Stein im Brett, weil wir ihm die Galionsfigur geschnitzt ham, aber seit er Smith un Evans abserviert hat, is er nich mehr der Alte. Überall vermutet er Verrat. Möchte nich mit ihm tauschen, wahrhaftich nich.«
»Wie, Smith und Evans sind tot?« Hewitt erinnerte sich mit Schaudern an Jawys Handlanger. »Haben sie sich etwas zu Schulden kommen lassen?«
»So kann man’s nennen, aber niemand weiß was Genaues. Smith und Evans hätten Jawy damals die Diamanten geklaut, sagen die Männer.«
»Wenn ihnen das nur früher eingefallen wäre.« Hewitt hatte die Planke zugesägt und hob zwei weitere auf die Böcke.
Tom fixierte sie mit großen Schraubzwingen. »Jedenfalls lagen sie neulich mit durchgeschnittenen Kehlen in ihren Kojen. Als Jawy Meldung gemacht wurde, hat er nur gesacht: ›Wieder zwei weniger‹, un er schien gar nich traurig darüber zu sein.«
»Was soll ich gesagt haben?«, schnappte eine Stimme unvermittelt. Jawy war unbemerkt herangetreten und stand nun wie ein Ungewitter vor den Dreien.
»Oh, Jawy, äh …«, druckste Tom, »wir sind gerade dabei, die Decksplanken auszuwechseln, und …«
»Das sehe ich.« Jawys Blick wurde steinern. »Was ich gesagt haben soll, will ich wissen!«
Hewitt schob sich geistesgegenwärtig dazwischen: »Tom meinte gerade, wir hätten zu wenig Hände an Bord, und ich finde, da hat er Recht.«
»So, findest du.« Jawy musterte den
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