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Der Chirurg von Campodios

Der Chirurg von Campodios

Titel: Der Chirurg von Campodios Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Arzt nicht in Verlegenheit bringen. Doch war seine Sorge unbegründet, denn für Hall war die Sache eindeutig:
    »Nun, mein Junge, ich denke, es ist ganz klar, dass Ihr es seid, der trepaniert. Zum einen ist es Euer Instrument, mit dem Ihr selbst am besten umzugehen versteht, zum anderen hat mich, und wer wüsste das besser als Ihr, bis vor nicht allzu langer Zeit noch die Gicht in den Händen geplagt. Es ist also nur im Sinne des Patienten, wenn Ihr operiert.«
    Vitus wollte dagegenhalten, besann sich dann aber eines Besseren. Es hatte noch nie einen guten Eindruck gemacht, wenn Ärzte ihre Meinungsverschiedenheiten
coram publico
austrugen. Das führte nur zu Verunsicherungen und Gerede. »Also gut, Sir, ich mache es. Magister, gib mir mal den Trepanierbogen und halte den Wasserkrug bereit. Wir brauchen ihn gleich.«
    Vitus nahm rittlings auf der Kiste Platz, so, dass Duncs Kopf zwischen seinen gespreizten Beinen hervorragte. Er klappte den Bogen auseinander und legte ihn neben sich. Dann griff er zum Kronentrepan und verglich seine Größe mit jener der Golddublone. Beide hatten denselben Durchmesser. Beruhigt gab er das Goldstück an den Zwerg weiter. »Mach sie sauber, dass sie nur so blitzt! Alles, was ihr später noch an Dreck anhaftet, bringt sie in den Schädel hinein.«
    »Wui, wui, Vitus.«
    Er setzte den Trepan mit Hilfe des Dorns an. Ja, das kreisförmige Loch würde groß genug sein, um so viel Schädeldach herauszutrennen, dass der Druck vom Gehirn genommen wurde. Er drehte das Instrument ein paar Mal von Hand, bis seine Zähne gefasst hatten. Dunc zeigte keine Reaktion. Das Laudanum hielt ihn nach wie vor in einem Zustand barmherzigen Dämmerschlafs.
    Bevor er mit der eigentlichen Operation begann, prüfte Vitus noch einmal alle Vorbereitungen. Der Zwerg war da, die Dublone putzend und ansonsten wachsam und bereit, weitere Instrumente aus dem Koffer anzureichen, ferner der getreue Magister, der den Wasserkrug in der Hand hielt. So weit schien alles in schönster Ordnung. Nur Hall stand tatenlos da, aber das war seine eigene Schuld, denn wenn er schon nicht operieren wollte, brauchte er auch nicht zu assistieren.
    Vitus atmete durch. Wie immer kurz vor einem wichtigen Eingriff fiel alle Anspannung von ihm ab. Er nahm den Bogen, wickelte die Saite um den Körper des Trepans und begann ihn einige Male probehalber hin- und herzuziehen. Mit leichtem Druck fraßen die Zähne sich in den Knochen. Die Funktion war gut. Er konnte anfangen. »Bist du bereit, Magister? Wenn ich ›Wasser‹ sage, kühlst du die Bohrstelle.«
    »Mach ich.«
    Gleichmäßig führte Vitus den Bogen, was durch die verlangsamte Fahrt des Schiffs erleichtert wurde. Der Kronentrepan drehte sich nach links … nach rechts … nach links … Kleine Knochenspäne, fein wie Mehl, flogen zur Seite. »Wasser!«, befahl Vitus, und der Magister goss einen kühlenden Schwall über das Operationsfeld. Dunc schniefte, schien im Übrigen aber nichts bemerkt zu haben. Vitus machte weiter. Mit knirschenden, ratschenden Lauten fraßen die Zähne sich in den Schädel. »Enano, nimm den Pinsel aus dem Koffer und fege die Späne weg.«
    »Wui, Cirurgicus.«
    Weiter und weiter gruben sich die Zähne in die Kalotte, nur unterbrochen von der regelmäßig notwendigen Kühlung und dem Fortfegen der Späne. Ruhig und stetig arbeitend wie das Laufwerk einer Räderuhr, bewegte Vitus den Bogen, bis plötzlich ein Widerstand auftrat – Zeichen dafür, dass der Trepan sich fast durch die Knochendecke gefressen hatte. Vitus nahm das Instrument fort und streckte sich für einen Augenblick. Dann griff er zu einem kleinen Spatel, setzte ihn am Rand der Bohrrinne an und hob die Knochenscheibe mit einem knackenden Laut heraus. Der Blick in die Schädelöffnung offenbarte, dass die Hirnhaut gottlob unverletzt geblieben war, wenn sich auch, bedingt durch die Frakturen, einige grobkrustige Blutklümpchen zeigten. »Die
Dura mater
ist unverletzt, Doktor«, meldete Vitus, und der alte Arzt nickte ihm erleichtert zu. »Enano, gib mir die abgewinkelte Pinzette … danke.« Mit äußerster Vorsicht und Akribie beseitigte er die Blutverkrustungen, forschte nach Knochenmehl und -splittern, pustete mehrmals kräftig in die Öffnung und gab sich endlich, da alles makellos sauber zu sein schien, mit einem Seufzer zufrieden. »Enano, die Dublone.«
    Das Goldstück ließ sich problemlos in das geschaffene Rundloch drücken, zeigte sich dann aber, kurz bevor es eine plane Fläche

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