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Der Chirurg von Campodios

Der Chirurg von Campodios

Titel: Der Chirurg von Campodios Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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ja.«

Die Braut Arlette
    »Ja. Es passierte in der Nacht im Escargot.«
     
    M it kleinen Schritten, die Schiffsbewegungen dabei fast wie ein Seemann ausgleichend, strebte Arlette ihrer Kabine zu. Es war spät in der Nacht, und nur der fahle Schein der Hecklaterne spendete etwas Licht. Sie öffnete die Tür und drückte mit einer anmutigen Bewegung ihre weit ausladenden Röcke zusammen, damit sie hindurchschlüpfen konnte. An diesem Abend hatte sie einen pinkfarbenen Traum von Kleid getragen, mit weiten, bauschigen Ärmeln und tief herabgezogener Korsage. Dazu ein Goldkettchen mit einem Kreuz aus roter Koralle um den Hals und einen Ring aus Granat am Mittelfinger. Die Sparsamkeit ihres Schmucks hatte die makellose Blässe ihrer Haut nur umso mehr betont.
    »Komm, Liebster, es ist spät geworden.«
    Vitus stieg hinter ihr über das Süll. Sie waren Gäste von Coolidge gewesen, der es sich nicht hatte nehmen lassen, anlässlich des bevorstehenden Endes der Reise an seine Tafel zu bitten. Das Essen hatte nicht sonderlich gut gemundet, was aber kein Wunder war, immerhin lagen über siebzig Seetage hinter der
Boisterous
, eine Zeitspanne, in der selbst die üppigsten Vorräte sich irgendwann erschöpften und karge Kost Einzug hielt.
    »Du bist wunderschön. Ich habe mich den ganzen Abend nicht satt sehen können an deinem Anblick.«
    Sie lachte und legte den Zeigefinger in sein Grübchen. »Ich habe es gemerkt. Und Coolidge und der Magister und alle anderen auch.«
    »Allmächtiger! Habe ich dich denn so angestarrt?«
    Sie küsste ihn. »Das hast du. Und ich habe es als sehr angenehm empfunden. Angenehmer jedenfalls als das Pökelfleisch von Coolidge. Ich habe kaum einen Bissen hinuntergebracht, ich meine, es roch auch schon.«
    »Mir ist nichts aufgefallen.« Er setzte sich auf ihre Koje.
    »Das glaube ich dir. Ihr Männer habt gröbere Nasen als wir Frauen.«
    »Darf ich dir beim Entkleiden zusehen?«
    »Das weißt du doch.« Abermals küsste sie ihn und widmete sich dann der Arbeit des Ausziehens. Wie immer staunte er dabei über die zahllosen Häkchen, die Schnürchen, die Bändchen, die gelöst und geöffnet werden mussten, um Stück für Stück die nackte Haut preiszugeben, und wie immer wuchs die Erregung bei ihm.
    Sie atmete auf, als sie sich der Korsage entledigte. »Wer als Dame gern ausgiebig speist oder herzhaft lacht, ist darin verloren. Nun ja, heute hatte ich keinen Anlass, ausgiebig zu speisen, wohl aber zu lachen. Hast du Coolidge gesehen, wie gravitätisch er das Fleisch zum Munde führte?« Sie machte die Bewegung des Kapitäns nach. »Und wie ihm ein Stückchen davon im Schnauzbart festklebte? Alle haben es gesehen, aber keiner hat es ihm sagen mögen. Ich hätte laut losprusten können, wenn dieses Ding nicht gewesen wäre.« Sie legte die Korsage in eine Truhe.
    Vitus lachte. »Ja, Coolidge sah komisch aus. Je wichtiger sich einer nimmt, desto lustiger wird’s.«
    Sie stimmte mit ein. »Lange müssen wir seine Steifheit nicht mehr ertragen. Er sagte, dass an Backbord schon die Scillys aufgetaucht seien, ein Ende der Fahrt ist also abzusehen. Schade trotzdem, dass er nicht bis Portsmouth fährt, sondern nur bis Plymouth. Der Weg von dort nach Greenvale Castle dürfte mit der Kutsche nochmals drei oder vier Tage dauern.«
    »Wir könnten auch einen Küstensegler von Plymouth direkt bis Worthing nehmen. Dann ist es nur noch ein Katzensprung zum Schloss.«
    »Gott bewahre! Über zwei Monate sind wir nun schon auf dem Wasser, und ich sehne mich nach Land. Nach guter, englischer Erde.«
    Wieder widmete sie sich dem Auskleiden. »Das Lästigste bei dieser Prozedur ist immer das Fischbeingestell.« Sie stieg aus der kreisrunden Konstruktion, über die man als Dame von Stand jeden Tag ein anderes Kleid zog. »Ich sehne mich nicht nach meinem schwarzen Umhang zurück, der Herrgott ist mein Zeuge, aber ein solches Gestell war dafür nicht nötig.« Sie schob den Apparat in die äußerste Ecke der Kabine und wandte sich Vitus wieder zu, jetzt nur noch mit einem spitzenbesetzten Leinenhöschen bekleidet.
    Seine Erregung wuchs weiter. »Jedes Mal, wenn du dich vor mir ausziehst, ist es um mich geschehen«, sagte er, »obwohl du es schon so oft getan hast. Wir sind schon fast wie ein altes Ehepaar.«
    »Ja, Liebster.« Ihre Augen leuchteten, als sie vor ihn hintrat und er die Knospen ihrer Brüste streichelte.
    »Wir werden in England so rasch wie möglich heiraten.«
    »Ja, Liebster«, sagte sie abermals und

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