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Der Chirurg von Campodios

Der Chirurg von Campodios

Titel: Der Chirurg von Campodios Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Aber es wird lange dauern. Bist du auch nicht zu müde?«
    »Oh, nein. Wir Frauen sind nun einmal neugierig, und ich will alles hören.« Sie lachte leise, während sie sich an ihn kuschelte. Und Vitus berichtete ihr, was er und die Freunde erlebt hatten, und während er erzählte und von ihr mit zärtlichen Händen liebkost wurde, vergingen die Stunden.
    Danach erzählte auch sie ihre Geschichte, die nicht minder abenteuerlich war, und während sie sprach, bettete er ihren Kopf in seine Halsbeuge. Er stellte fest, dass ihre Haut noch immer so betörend roch, genau wie damals auf der
Phoenix
. Es war kaum vorstellbar, dass diese Haut jemals krank gewesen sein sollte. »Kannst du dir vorstellen, was die Rose ausgelöst haben mag, Liebste?« Aus seinen Worten sprach das Interesse des Arztes.
    »Ich glaube, es war, nachdem ich gehört hatte, dass bei den Spaniern des Öfteren Gefangene, trotz nichtigem Anlass, bis an ihr Lebensende eingekerkert bleiben – nur, weil die Behörden sie vergessen. Der Gedanke war für mich einfach unvorstellbar, denn er bedeutete, dass ich dich nie wiedersehen würde.« Sie drehte den Kopf aus seiner Halsbeuge und hauchte ihm einen Kuss auf das Grübchen in seinem Kinn. »Ich glaube, die Rose kam über Nacht, wobei ich niemals genau wusste, wann Tag und wann Nacht war, denn in dem Verlies herrschte ständiges Halbdunkel.«
    »Du Arme.« Sein Herz quoll über vor Mitleid und Liebe. »Komm wieder zu mir.«
    »Jedenfalls hatte ich plötzlich diese furchtbaren Schmerzen im Gesicht, und wenig später spürte ich mit den Fingern überall grässliche Risse und Pusteln. Es war entsetzlich.«
    Er strich über die jetzt makellose Rundung ihrer Wange. »Wie gut, dass die alte Marou dir helfen konnte.«
    »Ja, die alte Marou war weise. Gott schütze sie.«
    »In gewisser Hinsicht war auch Achille weise. Er liebte die Menschen, obwohl viele sich an ihm versündigt hatten. Er half, wo er konnte. Ich bin stolz, ihn gekannt zu haben.«
    Sie schwieg. »Ja«, sagte sie dann. »Mit dem Kennen ist es ein seltsames Ding. Wir haben uns zwei Jahre nicht gesehen, und trotzdem glaube ich dich heute viel besser zu kennen als damals. Ich kenne dich wie mich selbst. Vielleicht liegt es daran, dass ich in Gedanken immer bei dir war.«
    »Und ich bei dir.«
    Ihre Unterhaltung verstummte, denn es war alles gesagt, und während sie sich weiter liebkosten, spürten sie, wie sehr sie einander begehrten. Gott der Allmächtige hatte sie zusammengeführt, wie er Adam und Eva zusammengeführt hatte, und es konnte nichts Verwerfliches dabei sein, sich zu lieben, sich gegenseitig anzuschauen, sich zu entdecken.
    »Du bist so schön«, stöhnte er heiser, »so wunderschön, ich habe es schon im Escargot gewusst. Ich habe es immer gewusst.« Er strich über ihre Brustspitzen, und die Berührung war so sacht, dass sie ein Schauer durchlief.
    »Du auch. Du bist auch schön. Alles an dir.« Sanft streichelte sie über sein hoch aufgerichtetes Glied und betrachtete es. »Auch dein … du weißt schon. Die Öffnung sieht aus wie ein kleiner Mund.«
    »Wie ein kleiner Mund?« Er lachte leise auf.
    »Wie ein kleiner Mund. Man muss ihn nur von der Seite anschauen«, sagte sie zärtlich.
    Und ihr großer Mund küsste den kleinen.
     
    »Die Zeit des Abschieds ist gekommen«, sagte Vitus am Kai zu Pedro, der soeben die letzten Gepäckstücke auf die
Boisterous
gebracht hatte. »Ich danke dir für alles. Hier, nimm deinen Lohn.«
    Der Kutscherjunge nahm die Münze, betrachtete sie und ließ sie vor Schreck beinahe fallen, denn sie war aus purem Gold. »Das is zu viel, Señor, viel zu viel!«
    »Nein, das ist es nicht. Du warst für uns nicht nur ein braver Kutschfahrer, sondern auch der Überbringer guter Kunde. Ohne dich hätte ich Lady Arlette vielleicht nie wiedergesehen.«
    »Ja, hm, wenn’s so is.« Pedro steckte die Münze ein, nicht ohne vorher gewohnheitsmäßig darauf gebissen zu haben. »Un ich hab auch was für Euch, dacht mir, Ihr wolltet’s vielleicht haben.« Er ging zu seinem Gefährt und zog etwas unter dem Kutschbock hervor. »Hier is es.«
    Es war das Wams von Achille: das blaue Stück mit den goldenen Sternzeichen und den schillernden Steinen. Beides, Zeichen und Steine, blinkte in der Sonne wie ein letzter Gruß des Hermaphroditen. Vitus hielt staunend das Geschenk in den Händen. »Danke, Pedro, danke! Und du bist sicher, dass du es mir geben willst?«
    Trotz der überflüssigen Frage lächelte Pedro.
    »Ja doch,

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