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Der Chirurg von Campodios

Der Chirurg von Campodios

Titel: Der Chirurg von Campodios Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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nicht.«
    »Es ist ganz einfach …«
    Während die beiden Frauen über das Kochen sprachen und darüber alles andere zu vergessen schienen, brummte der Magister zu Vitus: »Von mir aus braucht die Speise gar nicht so exorbitant zu sein, Hauptsache, sie kommt bald. Wie heißt es so schön:
Malum panem tibi tenerum et siligineum fames reddet.
Schlechtes Brot wird dir der Hunger zu zartem Weizenbrot machen, oder auch: Hunger ist der beste Koch!«
    Vitus schmunzelte. »Kannst es mal wieder nicht abwarten, was, altes Unkraut? Beruhige dich, da kommt schon die Suppe.«
    Die Lauchsuppe war heiß, pikant und ein wahrer Genuss, zumal Polly es sich nicht hatte nehmen lassen, jedem ihrer Gäste einen eigenen Teller hinzustellen.
    Nach diesem ersten Gang bat Arlette, sich ein wenig frisch machen zu dürfen, und Polly ging mit ihr ins obere Stockwerk, um ihr die vorgesehenen Zimmer zu zeigen.
    Als die Frauen fort waren, seufzte der kleine Gelehrte: »Stecke zwei Frauen zusammen und lasse sie über Rezepte schwatzen, schon sind die Herren der Schöpfung Luft für sie. Immerhin, das Süppchen wusste zu munden.« Er hielt seinen Napf hoch, und Sue beeilte sich, ihn erneut zu füllen.
    Vitus nahm einen Schluck Wein. »Ich bin froh, wieder im Polly’s Wharf zu sein. Es ist ein bisschen so, als wäre man nach Hause gekommen. Weißt du noch, wie rührend sich Polly um uns gekümmert hat, als wir das letzte Mal hier logierten?«
    »Weiß ich, weiß ich.«
    »Polly ist eine gute Seele, rau und voller Kanten, gewiss, aber im Grunde ihres Herzens wohl auch einsam. Vielleicht fehlt ihr eine gute Freundin.«
    »Oder ein Mann.« Der Magister hatte auch den zweiten Teller in Windeseile ausgelöffelt. »Ganz ohne uns geht es nämlich nicht. Auch wenn wir nicht kochen können. Apropos kochen können: Wann kommt eigentlich der zweite Gang?«
    »Gleich, Herr Magister Nimmersatt!« Polly stand oben an der Treppe und lachte gutmütig. Sie musste den letzten Satz des kleinen Gelehrten mitbekommen haben. »Ich geh in die Küche und mache den Mädchen Beine. Arlette kommt übrigens nach, sie wechselt nur rasch die Kleidung, will sich was Bequemeres anziehen.«
    »Ist gut«, brummten die Freunde einträchtig und widmeten sich ihren Weinbechern.
    Als wenig später wieder alle am Tisch versammelt waren, trugen Sue und Ann das mit Apfelwürfeln übergossene Schweinefleisch auf, und Polly bemerkte, nachdem alle den ersten Bissen gekostet und gelobt hatten: »Solch Schweinernes hat Taggart, der Teufelskerl, auch immer gern bei mir gegessen. Lang, lang ist’s her.« Sie seufzte. »Wisst ihr übrigens, dass er mit seiner
Falcon
heil in der Heimat angekommen ist? Es liegt wohl schon einen Monat zurück. Leider ist er direkt nach Portsmouth gesegelt, nun ja, ich kann’s verstehen, hat schließlich Frau und Kind auf der Isle of Wight.«
    Sie sprachen ausgiebig über den alten Korsaren und waren sich einig, dass er es verdient hatte, so reiche Schätze mit nach Hause zu bringen. Als sie bei der Salbeitorte waren, die wieder allseits gelobt wurde, erzählte Polly, dass es Gerüchte gab, Taggart plane schon wieder die nächste Reise.
    »Seine arme Frau«, entfuhr es Arlette, wobei sie Vitus’ Hand streichelte. »Sie hat nicht viel von ihrem Mann.«
    »Das stimmt wohl.« Polly, die eine schnelle Esserin war und ihre Portion Torte schon verdrückt hatte, griff nach ihrer Pfeife. Tabak in den großen Kopf stopfend, meinte sie: »Aber es dürfte für ihn nicht leicht sein, seine
Falcon
wieder voll zu bemannen, obwohl er bei den jungen Burschen populärer denn je ist.«
    »Warum das?«, fragte Vitus, von seinem Tortenstück aufblickend.
    Polly ließ sich Zeit mit der Antwort. Sie ging zum Kamin, zündete sich die Pfeife mit einem Kienspan an und meinte dann mit einem Ernst, der gar nicht ihrer sonstigen Art entsprach: »Weil zurzeit die Presskommandos der Königlichen Marine besonders aktiv sind. Und dann ist da noch die Pest. Sie flackert immer wieder auf.«
    Vitus nickte. »Eine Geißel Gottes. Möge der Allmächtige geben, dass sie sich bald totläuft. Es gibt viele Arzneien dagegen, vom Haarstrangziehen über purgierende Mittel, herzstärkende Sude, Techniken zum Aufstechen der Bubonen bis hin zur Anwendung von getrockneten Rosenblättern, der höchst umstrittenen Therapie eines gewissen Nostradamus.«
    Polly paffte dicke Wolken. »Überall ist Unruhe, auch drüben auf dem Festland, obwohl die Pest dort gar nicht auftritt. Dafür braut sich anderes zusammen. Man

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