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Der Chirurg von Campodios

Der Chirurg von Campodios

Titel: Der Chirurg von Campodios Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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einem anderen Gott betet als ich, möge er es mir sagen. Wenn nicht, will ich gerne seinen Segen empfangen.«
    Doch wie sich zeigte, erflehte der Gottesmann nicht nur den Segen für die Gemeinde, und damit auch für den Magister, sondern ganz besonders für Ihre Majestät Königin Elisabeth I. von England, denn man schrieb den 7. September, den Tag also, an dem sie geboren worden war.
    Anschließend lenkten sie nach Greenvale Castle zurück und sprachen ein stilles Gebet in der Familiengruft unter der Schlosskapelle, wo der alte Lord seine letzte Ruhe gefunden hatte.
    Der Nachmittag brachte ungleich fröhlichere Stunden, denn allerorten fanden Festlichkeiten zum Geburtstag der Königin statt, und auch auf Greenvale Castle erschienen Gaukler, Jongleure, Schwertschlucker, Rezitatoren und andere Spielleute. Die große Wiese, zwischen Gutshof und Schloss gelegen, war Schauplatz der Darbietungen, und man hatte lange Tische in U-Form aufbauen lassen, an denen das Gesinde saß, sich an Speis und Trank labte und an den Künsten der Auftretenden ergötzte.
    Auch für Vitus, Arlette und die Freunde war ein Tisch aufgebaut worden. An ihm hatte, zu seiner Freude und Ehre, Catfield ebenfalls Platz nehmen dürfen. Neben ihm saß der alte Dorfarzt Doktor Burns und an seiner Seite der Reverend von Worthing, ein Mann namens Pound, dessen Beleibtheit Zeugnis dafür ablegte, dass er den Freuden der Tafel sehr zugetan war.
    Nach einiger Zeit gesellte sich der Runde ein fröhliches brünettes Mädchen hinzu, das Catfield ständig schöne Augen machte und das ganz offenbar sehr verliebt in ihn war.
    »Mit wem habe ich das Vergnügen?«, fragte Arlette.
    »Oh, verzeiht, dass ich sie Euch nicht gleich vorgestellt habe!« Catfield sprang auf und bedeutete seiner Angebeteten, sich gleichfalls zu erheben. »Ich darf Euch Anne Evans vorstellen.« Während Anne einen züchtigen Knicks machte, fuhr er eifrig fort: »Anne ist die Tochter von Timothy Evans, dem gefallenen Kapitän der
Argonaut
. Ihr wisst sicher noch, Mylord«, wandte er sich an Vitus, »dass Kapitän Taggart mich beauftragte, die Witwe Evans aufzusuchen, um ihr eine Bankorder zu überbringen. Nun, die Witwe hat zwei Töchter, und … und …«
    »Und da war es als Offizier und Gentleman natürlich Eure Pflicht, sich um die Familie zu kümmern«, half Vitus nach. »Ich weiß, dass es Euch gelungen ist, die lecke
Argonaut
noch zu einem recht guten Preis zu verkaufen.«
    »Sehr richtig, Mylord, und während dieser Bemühungen habe ich Anne kennen und lieben gelernt.« Mit einer scheuen Bewegung drückte er das Mädchen an sich.
    Der Magister blinzelte. »Ich bin überzeugt, Ihr habt Euch von beiden Töchtern die hübschere ausgesucht.«
    Der Verwalter lächelte geschmeichelt. »Anne und ich möchten uns vermählen, Mylord, vorausgesetzt, wir haben Euer Einverständnis.«
    Vitus fühlte, wie Arlette seine Hand drückte, und antwortete: »Wie kann ich Euch die Hochzeit verweigern, wo Lady Arlette und ich doch selbst in Kürze heiraten wollen.«
    »Oh, Mylord, danke! Meinen ergebensten Dank! Welch wundervolle Nachricht!« Catfield ließ offen, ob er mit seinem Jubelruf Vitus’ Hochzeit oder die eigene meinte. Stattdessen vergaß er seine Würde als Verwalter und küsste Anne vor aller Augen auf den Mund. »Mit Eurer Erlaubnis würden wir uns jetzt gern entfernen«, sagte er etwas übergangslos. »Drüben am anderen Ende der Wiese sind Musikanten eingetroffen, sie spielen gerade einen Jig, und Anne tanzt für ihr Leben gern …«
    »Natürlich, Catfield.«
    Der Magister blickte dem jungen Paar nach und schob sich ein gebratenes Kapaunbein in den Mund. »Du kannst sicher sein, Vitus, dass spätestens in einer Stunde ganz Greenvale Castle von Eurer geplanten Hochzeit weiß.« Er schob ein weiteres Stück Kapaun nach. »Und wie ich Enano kenne, der seit geraumer Zeit verschwunden ist, sitzt er bei seiner Mrs Melrose, der Quelle aller leiblichen Genüsse, was ich durchaus in des Wortes doppelter Bedeutung verstanden wissen möchte, und tratscht, was die Zunge hergibt.«
    Vitus lachte. »Wir können gewiss sein, dass sich unsere sämtlichen Abenteuer, mit gewaltiger Übertreibung natürlich, binnen vierundzwanzig Stunden über das Schloss, das Gut, die Dörfer, bis hin nach Worthing herumgesprochen haben werden.«
    Reverend Pound fiel dröhnend in Vitus’ Lachen ein. »Ja, so sind sie, meine Schafe, immer mit dem Maul voran, doch wenn sie den Allmächtigen loben sollen, versagt ihnen

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