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Der Chirurg von Campodios

Der Chirurg von Campodios

Titel: Der Chirurg von Campodios Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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sind doch …«, entfuhr es Vitus.
    Der Zwerg schirmte mit seiner Kinderhand die Augen ab, um besser sehen zu können. »Wui! Die beiden Hudelmetzen aus Polly’s Wharf!«
    Tatsächlich befand sich der Seemann in Begleitung von Phoebe und Phyllis. Phoebe redete kichernd und schnatternd auf ihn ein, während alle drei sich anschickten, den Niedergang zum Hauptdeck hinabzuklettern. »Bei den Knochen meiner Mutter, so ’ne Seereise is mächtich aufregend, überall flotte Jungs um einen rum, huhuuu!« Die vollbusige Phoebe winkte nach oben, wo einige Matrosen hoch über dem Krähennest die Wanten des Hauptmasts teerten.
    Als Antwort erhielt sie ein paar lang gezogene, bewundernde Pfiffe.
    »So stramme Jungs, da wird einem ganz kribbelig, was, Phyllis?«
    »Ja, ja, kribbelig.« Das blasse Gesicht der Freundin gewann etwas Farbe.
    Unterdessen war das Trio näher gekommen. »Dich hab ich doch schon mal gesehn, Winzbuckel!«, platzte Phoebe heraus. »’s war inner Kneipe, ja, richtig, jetzt fällt’s mir wieder ein, bei Polly in Plymouth war’s, stimmt’s oder hab ich Recht?«
    »Wui, Frau Beischläferin, so mag’s wohl sein. Du bist Phoebe, und deine Gackin is Phyllis.«
    »Mich laust der Affe, der Zwerg wird frech! Nennt ’ne Dame Beischläferin! Hör mal, wenn ich ’ne Beischläferin bin, bist du …«
    »Enano, wenn’s beliebt!« Der Winzling grinste und verbeugte sich so schwungvoll vor der Gruppe, dass seine roten Haarbüschel nach vorn flogen.
    Jetzt schaltete sich der Seemann ein: »Da sich hier alle zu kennen scheinen, habe ich wohl etwas nachzuholen. Mein Name ist Ó Moghráin, Donal Ó Moghráin, Gentlemen. Ich bin Steuermann auf diesem Schiff und versuchte gerade, den beiden Damen einige Segelerklärungen zu geben.«
    Vitus nickte den Mädchen höflich zu. »Ja, wir kennen die Damen. Zumindest vom Sehen.« Dann nahm er Ó Moghráins Hand. »Sehr erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen! Ich bin Vitus von Campodios, Arzt und Cirurgicus auf der
Gallant
. Man sollte meinen, wir hätten uns bereits über den Weg laufen müssen, aber so klein, dass man einander nicht verpassen kann, ist das Schiff wohl doch nicht.«
    »Fürwahr, Sir, als englische Frachtgaleone ist sie nicht klein. Allerdings ist sie ein bisschen vernachlässigt, wenn ich so sagen darf, denn an allem, was ein Schiff in Fahrt hält, scheint gespart zu werden.«
    »Das Thema ist uns vertraut. Doch erlaubt, dass ich Euch noch meinen Freund, den Magister der Jurisprudenz Ramiro García, vorstelle.«
    Der kleine Gelehrte trat vor und ergriff die Rechte des Steuermanns. »Sehr angenehm. Wo kommt Ihr her, Mister Ó Moghráin?«
    »Ich stamme aus Irland. Mein Heimatdorf steht in der Killala Bay an der Westküste der grünen Insel.«
    Plötzlich schrie Phoebe auf: »Hach nee! Guckt mal dahinten, ’n Gockel! Un daneben ’n richtiges Schaf!« Sie hatte Stouts lebende Verpflegung entdeckt, die in ihren Käfigen neben dem Großboot stand. Mit schnellen Schritten, Phyllis mit sich ziehend, eilte sie zu dem Hahn und steckte den Zeigefinger durch die Stäbe. »Put, put, put, put, put!« Der Hahn, von der Mannschaft »Jack« getauft, blickte die Frau mit schräg gelegtem Kopf an.
    »Put, put, put, put, put!« Jacks Hals drehte sich mit einer eckigen Bewegung um die Achse, dann schoss sein Schnabel blitzschnell vor.
    »Autsch! Mistvieh, verdammichtes!« Phoebe steckte sich den verletzten Finger in den Mund.
    »Lasst mich mal sehen.« Vitus trat heran und besah sich den Finger. »Gottlob scheint es nicht schlimm zu sein. Haltet die Kuppe einfach hoch, dann lässt die Blutung gleich nach. Wenn Ihr wollt, mache ich Euch einen Verband.«
    »Verband? Bei so ’nem Kratzer? Pah! Wir Mädels aus’m Pu …, äh, ich mein, wir Damen aus Plymouth sin zäh!«
    »Ja, ja, zäh«, bestätigte Phyllis.
    Gleich darauf hatte Phoebe abermals Grund aufzuschreien, denn eine der das Schiff begleitenden Möwen hatte ihr auf den Hut gemacht. »Verdammich, ’s is mein einziger Hut, verdammich!« Anklagend besah sie sich den Fleck.
    Der Magister verbiss sich das Lachen. »Macht Euch nichts draus, Verehrteste, seid froh, dass es keine Kuh war! Im Übrigen: Möwendreck auf der Kopfbedeckung, das besagt eine alte Seemannsweisheit, bringt Glück. Der oder die Betroffene hat einen Wunsch frei.«
    »Oooh! So is das? Hm.« Eine Falte entstand über Phoebes Nasenwurzel, während sie misstrauisch den kleinen Gelehrten musterte. Doch der verzog keine Miene.
    »Isses wirklich so, auf Ehre un

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