Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Chirurg von Campodios

Der Chirurg von Campodios

Titel: Der Chirurg von Campodios Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
Vom Netzwerk:
Laudanums, die nächsten Tage sowieso viel schlafen.«
    »Jawohl, Cirurgicus, wie Ihr meint.«
    »Sind zwei Tage um, wechsle ich den Verband. Ihr werdet dann das erste Mal Wasser lassen, und zwar noch durch die Wunde. Bei dieser Gelegenheit können noch weitere Steinchen und auch feinste Partikelchen, der so genannte Sand, herausgeschwemmt werden. Das wäre nichts Ungewöhnliches. Danach richtet sich der Verbandswechsel nach dem Heilungsverlauf. Nach einer Woche solltet Ihr, wenn alles gut geht, wieder normal urinieren können, allerdings müsst Ihr Euch dabei noch die Wunde zuhalten. Nach zwei Wochen wird auch das nicht mehr notwendig sein.«
    Stout schnaufte froh und überlegte für einen Augenblick, ob er dem Cirurgicus die drei Pfund, die er ihm für die Schiffspassage abgenommen hatte, aus Dankbarkeit zurückgeben sollte, gewissermaßen als Honorar. Doch er verwarf den Gedanken sogleich wieder.
    So dankbar war er nun auch wieder nicht.

Der Steuermann Ó Moghráin
    »Nehmen wir an, eine Kriegsgaleone wäre eine heranrauschende, vor Schmuck starrende adlige Dame mit herablassendem Gehabe und spitzer Zunge, dann wäre unsere
Gallant
eine derbe, gutmütige Magd, zwar in abgerissener Kleidung, aber fleißig, tüchtig und mit festem Kern …«
     
    G ott gebe, dass Barks nicht die Himbeerkrankheit hat«, seufzte Vitus. Er stand mit dem Magister in einer abgeteilten Ecke des Mannschaftslogis und betrachtete den Koch, der in eine Decke gewickelt zu seinen Füßen lag. Das Fieber des Mannes hatte in den letzten Tagen zwar nachgelassen, was auch der Grund gewesen war, warum man ihn in Funchal nicht an Land geschafft hatte, doch kurz darauf waren bei ihm im Gesicht unzählige kleiner himbeerfarbener Pusteln aufgetaucht. Eine Untersuchung des Oberkörpers und der Arme hatte ergeben, dass die Läsion sich auch hier schon ausbreitete. Vitus wandte sich ab, so dass der Kranke ihn nicht hörte. »Ich könnte es nicht ertragen, wenn hier schon wieder ein hoffnungsloser Fall vorläge.«
    In der Tat war Atkins, einer der beiden Fieberkranken, noch vor ihrer Ankunft in Funchal seinem Leiden erlegen, was Stout, dem es zu jenem Zeitpunkt schon wieder blendend ging, zum Anlass genommen hatte, die sterblichen Überreste des Mannes möglichst rasch der See zu übergeben. Die Bitte des Decksmannes Ambrosius, für die Seele des Verstorbenen eine Bibelstunde abhalten zu dürfen, war abschlägig beschieden worden. Der Geizhals, dem es darum ging, möglichst wenig Zeit zu verlieren, hatte die Sache selbst in die Hand genommen und wie folgt gesprochen:
    »Es umfingen mich des Todes Bande,
    und die Fluten des Verderbens erschreckten mich.
    Des Totenreichs Bande umfingen mich,
    und des Todes Stricke überwältigten mich.
    Als mir Angst war, rief ich den Herrn an
    und schrie zu meinem Gott.
    Da erhörte er meine Stimme von seinem Tempel
    und gab mir Frieden.
    Wir übergeben Dir, oh Herr,
    die Seele des Matrosen Atkins und beten darum,
    dass Du ihm das ewige Leben bescheren mögest.
    Amen.«
    Wie immer hatte Stout sich eine Passage aus den Psalmen herausgesucht, wo sich für nahezu jedes Stichwort und jeden Anlass ein paar fromme Sätze fanden.
    Der andere Fieberkranke, ein Mann namens Ellis, war bereits genesen, und das, obwohl Vitus alle Anzeichen des Schwarzen Erbrechens an ihm konstatiert hatte. Es war tröstlich zu wissen, dass diese als tödlich geltende Geißel nicht zwangsläufig zum Exitus führte.
    »Erzähl mir mehr über die Himbeerkrankheit«, bat der Magister. »Ist sie
incurabilis

    Vitus entgegnete: »Die Frambösie, wie die Krankheit nach dem französischen
framboise
für Himbeere auch genannt wird, ist eine ansteckende Hautkrankheit, die ursprünglich aus Neu-Spanien stammt. Aus diesem Grund finde ich über sie leider nichts in meinem Sammelwerk
De morbis
. So viel allerdings ist bekannt: Die Himbeerkrankheit verläuft, ähnlich wie die Syphilis, in mehreren Stadien, welche sich über Jahre hinziehen können. Weil das so ist, vermute ich, wird für sie dieselbe Therapie empfohlen wie für die Syphilis – nämlich regelmäßige Quecksilberschmierungen. Wenn ich es richtig sehe, leidet der Koch schon länger an Frambösie und hatte überdies das Pech, sich auch noch eine Fieberkrankheit zuzuziehen. Vielleicht hat er beides, die Himbeerkrankheit und das Fieber, aus Neu-Spanien mitgebracht. Aber egal wie: Höchste Vorsicht ist geboten.«
    »Verstehe. Nur gut, dass du den Mann, ähnlich wie die beiden Fieberkranken, vom ersten

Weitere Kostenlose Bücher