Der Clan
den Bach runter.«
Angelo warf einen kurzen Blick auf Amanda, die die ganze Unterhaltung überhaupt nicht wahrzunehmen schien, aber es natürlich doch tat. Ganz eindeutig wußte sie auch, wovon die Rede war.
»Auf Nummer drei kann er sich nicht verlassen«, fuhr Cindy fort. »Das sieht ein Blinder. Deswegen ruft er dich zu Hilfe, damit du dieser Obernull aus der Patsche hilfst. Aber falls du dich darauf einläßt, mußt du verrückt sein. Schließlich hat der mal versucht, dich umbringen zu lassen. Das kannst du doch nicht einfach vergessen.«
Angelo warf noch einmal einen kurzen Blick auf Amanda. »Ich fliege jedenfalls runter, um zu sehen, was er will. Ich verspreche dir, ich mache keine Zusagen, bevor ich nicht mit dir darüber geredet habe.«
1975
1
Sie saßen auf der Veranda mit dem Blick hinaus aufs Meer. Doch im Augenblick behinderte ein prasselnder Regen die Sicht. Es war einer dieser tropischen Regen, wie sie in Florida manchmal passieren: Wolkenbrüche, die schlagartig aus einem dunklen Wolkenhimmel kommen, ohne einen Hauch Wind, so daß sie kerzengerade herunterfallen. Der Regen hatte Kühle mitgebracht. Nummer eins war deshalb in einen dicken Strickschal eingewickelt, den ihm seine Pflegerin umgelegt hatte.
»Was für ein König war das gleich wieder«, fragte er, »den sie in Decken wickelten und dem Jungfrauen die Wärme seines Alters spendeten?«
»David«, sagte Angelo. Er lächelte. »Wenn es nicht gerade unbedingt Jungfrauen sein müssen, ließ sich da sicher etwas finden.«
Nummer eins schaffte seinerseits ein kleines Lächeln. »Wissen Sie«, meinte er, »wenn man an dem Punkt angekommen ist, wo es einem egal ist, ob das Mädchen, das einen einwickelt, Jungfrau ist oder nicht, dann ist wohl die Zeit gekommen ... Ach, zum Henker damit. Ich habe mir geschworen, ich werde hundert, und allmählich fürchte ich, ich schaffe es. Versprechen Sie sich bloß nie selbst etwas. Könnte geschehen, daß Sie es halten müssen.«
Angelo war nicht direkt vom Flughafen hierhergekommen. In der Erwartung einer Auseinandersetzung war er zuerst in ein Motel gegangen und hatte sich dort die Entspannung und Meditation gegönnt, die er vielleicht brauchte. Er trug jetzt eine Madrasjacke zu einem weißen Polohemd und sandfarbene Hosen dazu.
Loren war auch da und so unübersehbar aufgeladen, daß Angelo
sich fragte, was er wohl geschluckt habe. Ganz egal, was er anhatte, Loren der Dritte sah immer angespannt und selbstbewußt aus wie ein Knabe, der stolzgeschwellt in seiner feinsten Pfadfinderuniform zur Schule kommt und dann erfährt, daß die Pfadfinderwoche erst nächste Woche ist. Der Golfdreß, den er trug, sah hier in Anwesenheit von Nummer eins leicht deplaziert aus.
Aber wirklich interessant war Roberta. Angelo hatte von ihr gehört und wußte, wer sie war, hatte sie aber nie persönlich kennengelernt. Ihr Name dehnte sich auf Roberta Ford (aber nicht von den Fords, wie sie stets sofort hinzufügte) Ross Hardeman aus. Sie war in jeder Hinsicht eine auffallende und ungewöhnliche Frau, daran gab es keinen Zweifel, obwohl ihm gerne ein noch besseres Wort für sie eingefallen wäre. Selten war er einer Frau mit einer so ausgeprägten Selbstsicherheit begegnet. Irgendeiner anderen von Lorens früheren Frauen hätte Nummer eins nie im Leben erlaubt, bei einer geschäftlichen - und aller Wahrscheinlichkeit auch noch kontrovers und hitzig werdenden - Besprechung anwesend zu sein, aber bei dieser hier machte er sichtlich eine Ausnahme. Sie war in keiner Weise die Frau, die sich Angelo jemals in Verbindung mit Loren hätte vorstellen können.
Außer ihrer frappanten Selbstsicherheit war Roberta obendrein auch noch eine äußerlich überaus attraktive Frau. Er fand ihre Frisur höchst interessant: über den Ohren ganz kurz geschnitten, dann nach oben in längere Strähnen ausfedernd. Nicht, daß sie schön im üblichen Sinne gewesen wäre, gar nicht. Aber sie machte aus dem, was sie hatte, das wirklich Allerbeste, und deshalb war sie ganz eindeutig sehr attraktiv. Sie trug hautenge cremeweiße Stretchhosen mit Spannern und dazu ein himbeerfarbenes Polohemd über einem bemerkenswerten Busen.
»Ich nehme an«, krächzte Nummer eins, »sie wollen uns noch immer die Idee Ihres komischen Autos verkaufen.«
Angelo hob das Kinn ein klein wenig, nur eine Spur. »Das wäre vielleicht gar kein schlechter Name dafür«, meinte er. »F-Car, Funny Car.«
»Fucker-Car«, murmelte Loren grob dazwischen. »Sitzen wir hier,
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