Der Clan
sich, mit derlei Geschichten aufzuhören und ihre sexuelle Energie auf ihren Ehemann zu konzentrieren. Das setzte sie auch in die Tat um und war drei Monate später das nächste Mal schwanger, mit ihrem vierten Kind.
3
Wenn Keijo Shigeto nickte, tat er das, wie Angelo inzwischen wußte, immer aus der Hüfte heraus. Er war sich nie ganz sicher, ob das nun bereits eine der vielen japanischen Verbeugungen war. So sehr er sich auch bemüht hatte - hinter die Feinheiten japanischer Höflichkeitsetikette vorzudringen, blieb fast unmöglich.
»Ich habe Ihnen noch nicht erzählt«, sagte Keijo, »daß mein Großvater Brigadegeneral in japanischer Armee war. Machte mit Feldzüge in Singapur und später Burma. Er kam heil aus Krieg zurück und wurde nie Kriegsverbrechen beschuldigt. Mit mir, einem niedrigen Enkel, sprach er nur wenig, aber eines bleibt mir immer in Erinnerung. >Sei immer diskrete, sagte er mir. >Diskretion ist von äußerster Wichtigkeit im Leben.<«
»Ich verstehe Sie sehr gut«, sagte Angelo trocken.
Er begriff in der Tat, was Keijo ihm auf seine umständlich-blumige Weise zu sagen versuchte. Nämlich, daß er sich wirklich keinerlei Sorgen wegen ihrer zufälligen Begegnung am Abend zuvor zu machen brauchte. Sie waren sich in dem Restaurant begegnet, in dem er mit Betsy gewesen war. Keijo war »diskret« vorbeigegangen und hatte getan, als hätten sie sich noch nie im Leben gesehen. Aber Angelo hatte natürlich keinen Zweifel, daß ihn Keijo selbstverständlich gesehen hatte, und aller Wahrscheinlichkeit nach sogar wußte, wer die junge Dame in seiner Begleitung war.
Betsy schien einen regelrechten siebten Sinn dafür zu haben, wo er gerade war und wann. Zuweilen vermutete er fast, sie besteche die Leute in den Reisebüros, in denen er buchte, oder bei den Fluglinien. Betsy klopfte an seine Hotelzimmertüren, irgendwo auf der Welt; ganz speziell aber in Tokio.
Keijo wurde geschäftlich: »Ich möchte Ihnen zeigen einen Fragebogen - wie Sie das vermutlich nennen würden. Stammt von einer Wirtschaftsprüferfirma im Auftrag von Firma XB Motors Incorporated.
Er schob ihm eine vierzigseitige Sammlung von Fragen über den Tisch zu, die sich mit jedem nur denkbaren Aspekt der finanziellen Lage von Shizoka Motors befaßten. »Es würde großen Aufwand an Zeit und Arbeit erfordern, diese ganzen Informationen zusammenzustellen, ganz abgesehen davon, daß Teil davon vertraulich.«
Angelo blätterte die Seiten rasch durch. Dann lächelte er und schob sie kopfschüttelnd Keijo zurück. »Sagen Sie denen ganz einfach, daß alle Informationen, die die Firma bereit ist zu geben, in veröffentlichten Dokumentationen verfügbar sind, zu denen sie problemlos Zugang haben.«
»Nun ja, ich könnte einige Berichte zusammenstellen.«
»Lassen Sie die das ruhig selber tun«, sagte Angelo. »Wie kommen Sie dazu, denen die Arbeit zu machen? Diesen Erbsenzählern. Die habe ich sowieso gefressen.«
»Ein Mr. Beacon hat angerufen. Er möchte detaillierten Bericht über technische Aspekte unserer neuen Kraftübertragungsmodifizierungen.«
»Kommt nicht in Frage«, sagte Angelo sofort und stach mit dem Zeigefinger auf die Schreibtischplatte. »Überlassen Sie das mal mir. Ich mache Peter Beacon schon klar, wenn ich ihn das nächste Mal sehe, daß jede Information über den Stallion , die er haben möchte, über mich läuft und nur von mir kommt. Er erfährt von mir persönlich, daß er keinerlei Anfragen oder Forderungen an unsere japanischen Partner zu stellen hat. Ignorieren Sie ihn einfach. Sollte er noch einmal anrufen, verweisen Sie ihn an mich. Oder noch besser, nehmen Sie das Gespräch erst gar nicht an. Ich sehe ihn nächste Woche ohnehin und stoße ihm Bescheid, daß er sich gefälligst nicht um Dinge kümmern soll, die ihn nichts angehen.«
»Er sagte aber, im Auftrag von Mr. Hardeman.«
»Von mir aus, Keijo, spricht er im Auftrag des lieben Gottes. Einen schönen Gruß von mir, und er soll sich in den Wind schießen. Wissen Sie, was der Ausdruck bedeutet?«
»Gewiß«, lächelte Keijo.
»Sie haben in Ihrer Sprache sicher Redewendungen mit ähnlichem Sinn, wie?«
Keijo schwieg sich diskret darüber aus. Sein Büro glich dem Angelos in New York, wenn es auch nicht so groß war. Es befand sich in einem Bürohaus neben den großen Werksanlagen von Shizoka Motors. Es war nur sehr sparsam eingerichtet und von peinlicher Ordnung und Aufgeräumtheit. Jedes Blatt, das nicht sofort gebraucht wurde, wurde säuberlich
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