Der Clan
nicht. In den Kurven und bei den Wenden vor allem, meine ich. Wir gehen ja davon aus, daß unser normaler Familienvater, der das Auto fährt, nicht mit hundertfünfzig in die Kurve geht.«
»Wenn er es aber doch tut?«
»Dann kann er natürlich die Kontrolle über den Wagen verlieren. Es wird ihm aber dann wohl eine Warnung sein. Ich kann es Ihnen ja mal vorführen.«
»Ich glaube es Ihnen auch so. Ich möchte jetzt selber fahren.«
»Aber natürlich, ganz wie Sie wollen. Doch wir können nicht mitten auf der Strecke anhalten. Wir fahren erst zurück und wechseln hinter dem Zaun.«
Er verlangsamte das Tempo auf 35 km/h, bevor er umkehrte und durch das Tor einfuhr. Selbst bei dieser geringen Geschwindigkeit war die Übersteuerung schon spürbar.
Sie stiegen aus.
»Soll ich mitkommen oder wollen Sie allein fahren?« fragte er.
»Ich fahre allein«, erklärte Loren. Er wandte sich an Roberta. »Möchtest du mitkommen? Dann quetsch dich mal in einen dieser albernen Schutzanzüge und schnall dich an.«
Aber Roberta winkte ab. »Ich warte lieber, bis man sich ohne Schutzanzug und Geschirr da hineinsetzen kann.«
Als Loren am Steuer saß und eingeschnallt war, beugte sich Angelo zu ihm hinab und sagte: »Keinerlei Probleme in normalen Kurven. Seien Sie vielleicht nur ein wenig vorsichtig in den scharfen Kurven. Wir haben da noch eine leichte Tendenz zur Übersteuerung.«
»Alles klar«, sagte Loren und fuhr los. Er kurvte hinaus auf die Bahn und trat auf der langen Geraden vor der Garage, in der die Empfangsgeräte für die Meßinstrumente aufgebaut waren, kräftig aufs Gas. Als er außer Sicht war, beobachteten Angelo und Roberta die Daten der Meßinstrumente mit seiner Geschwindigkeit. Loren drehte nicht so kräftig auf wie Angelo zuvor. Er ging mit etwa hundert in die Kurven und beschleunigte erst beim Hinauskommen wieder. Als er offenbar ein wenig Gefühl für den Wagen bekommen hatte, wurde er etwas mutiger.
»Du bist sicher, daß er sich nicht das Genick bricht, ja?« murmelte Roberta.
»Solange er es nicht ausdrücklich und mit Gewalt darauf anlegt.«
Sie gingen wieder nach draußen, um ihn direkt zu beobachten, als er wieder in Sicht kam und vorbeisauste. Sie winkten, konnten aber nicht sehen, ob er zurückwinkte.
Bei seiner zweiten Runde beschleunigte Loren etwas stärker, wenn auch nicht sehr viel. Die Instrumente zeigten, daß er jetzt die Kurven etwas schärfer anging. Angelo wollte eigentlich nicht, daß sich der Übersteuerungseffekt mitten auf der Strecke einstellte und überlegte, ob er Loren nicht über Funk warnen sollte. Aber Loren hatte keinerlei Probleme.
»Wie macht er sich?« fragte Roberta, als Loren zum zweiten Mal auf die Gerade kam.
»So weit, so gut«, sagte Angelo. »Gehen wir raus. Ich nehme an, jetzt kommt er herein.«
»Und wann passiert es?« fragte sie.
»Jetzt oder nie«, meinte Angelo.
Die Einfahrt zum Garagenbereich war ein einfaches Tor, aber trichterschmal, und der Fahrer mußte genau rechtwinklig abbiegen und durch. Für Loren war das nichts anders, als an einer Straßenkreuzung abzubiegen. Das Tor war von zwei weiß angemalten, knapp zwei Meter hohen Holzpfählen flankiert. Innen war der ganze Trichterbereich von einem weißen Lattenzaun umgeben.
Loren bremste den Wagen auf etwa siebzig herunter, bremste noch einmal nach, bis er auf sechzig unten war, und schlug dann das Steuer zum scharfen Abbiegen ein.
Der Stallion kurvte wie gewünscht, aber dann kurvte er weiter. Das Heck brach nach links aus, und vorne rammte er den Zaun. Holzsplitter flogen durch die Luft, als er den Zaun völlig durchbrach. Er schlitterte weiter mit dem Heck nach links weg und drehte sich um das eigene Hinterrad, das von der Achse brach. Der Wagen brach aus, und der linke Kotflügel hinten riß ab.
»Großer Gott im Himmel!« schrie Loren auf.
»Spektakulär«, murmelte Angelo.
3
»Dieses beschissene Mistauto ist nicht nur ein beschissener Reinfall, sondern eine öffentliche Gefahr!«
Loren wartete nicht einmal, bis er außer Hörweite der Japaner war. Er brüllte Angelo an, während er sich wütend aus den Gurten des ruinierten Stallion wand.
»Ruhe, Loren, nun mal langsam. Ich habe Sie doch gewarnt wegen der Übersteuerung. Das ist aber nur ein minimales Problem. Wir haben es schon gewußt, und wir wissen auch bereits, wie wir das beheben. Ich habe Sie gewarnt!«
»Beheben? Das können Sie sich sparen. Der Fall ist erledigt, das Projekt ist gestorben. Ich bezahle keinen einzigen
Weitere Kostenlose Bücher