Der Clan
Alicia realistischer war als sie persönlich.
Sie saß auf einem zierlichen viktorianischen Polsterstuhl aus schwarzem Roßhaar. Es war ein Stuhl aus ihrem Wohnraum, den sie mit in Amandas Atelier gebracht hatte. Wie Manets Olympia hatte sie ein Medaillon an einem schwarzen Samtband um den Hals. Ihr dunkelbraunes Haar war zurückgebunden. Um ihren Mund spielte ein leises, fast abschätziges Lächeln.
Die Beine waren an den Knöcheln gekreuzt, und sie lehnte entspannt leicht nach links. Die Pose zeigte ihr Dreieck nicht, nur den Leib bis knapp zum Ansatz des Schamhaars, von dem Amanda einige kleine Löckchen gemalt hatte.
Alicia war achtundvierzig, und Amanda hatte durchaus nicht versucht, ihr zu schmeicheln und sie jünger zu machen, als sie war. Ihre Brüste hingen schon ein wenig und waren weich. Sie war schlank, aber sie hatte einen schönen vollen kleinen Bauch. Amanda hatte nicht einmal die Schwangerschaftsstreifen von der Geburt ihrer einzigen Tochter Betsy unterschlagen.
Alicia meinte: »Nicht schlecht für ein altes Mädchen, wie?«
»Sie sind sehr schön, Alicia«, sagte Angelo.
Sie seufzte. »Ich wollte das Bild gemalt haben, bevor ich mir selbst etwas vormachen mußte. Ich ließ Bill Polaroids von mir machen. Wenn ich wirklich alt bin, dann will ich den Beweis haben, daß ich nicht immer alt war. Capisce?«
Angelo nickte. »Capisco.«
Sie ging zum Fenster und öffnete die Stores, um hinauszusehen. »Je mehr Jahre vergehen, desto mehr wird einem klar, daß man nicht alles gelebt hat, was man hätte leben können. Man fängt an, über die Gelegenheiten nachzudenken, die man ausgelassen hat.«
»Ja, ich weiß.«
»Aber Sie doch nicht«, sagte sie. »Rennfahrer und all das andere. Sie sind doch noch mittendrin. Ihnen fehlt und entgeht doch nichts, habe ich recht? Haben Sie eine Vorstellung, von wie vielen Menschen Sie beneidet werden?«
»Alicia .«
»Nehmen wir Bill. Bill Adams. Lieber Gott. Sie dagegen kriegen einfach, was Sie wollen.«
»Alicia ...!«
»Wenn nur - Sie können sich wohl gar nicht denken, was ich mir jetzt gerade wünsche, wie?«
»Alicia .«
»Jawohl, ich wünsche mir, daß Sie mich auf diese Bett da legen und es mit mir tun, Angelo. Es könnte meine letzte Gelegenheit sein, jemals mit .«
»Es könnte sich als großer Fehler erweisen«, sagte er.
Sie lächelte kopfschüttelnd. »Zerstören Sie mir doch nicht mein romantisches Bild von dem hinreißenden Angelo Perino! Machen Sie doch keinen Mr. Vorsichtig aus ihm! Alles stimmt jetzt im Augenblick und ist richtig. Niemand wird es je erfahren. Vielleicht kommt einmal eine andere Zeit. Vielleicht auch nicht. Wer weiß das schon. Ich bin kein hysterisches Weib, Angelo. Natürlich weiß ich, daß es für uns beide keine Zukunft gibt. Aber, lieber Himmel, jetzt und hier ergibt es sich und kann geschehen! Dieses eine Mal, und dann vielleicht nie wieder. Angelo .!«
Sie trug in der Tat einen Bikini unter dem Strandkleid. Er war winzig und gelb. Im nächsten Moment hatte sie sich seiner entledigt und stand vor ihm mit den Händen in den Hüften, um sich von ihm in ihrer Nacktheit betrachten zu lassen. Dann bot sie sich ihm in der Missionarsstellung an und murmelte und stöhnte die ganze Zeit, die er in ihr war.
Für Angelo war es eine etwas eigenartige Erfahrung. Alicia war keine Sexmaschine wie ihre Tochter Betsy und hatte nicht den ausgefallenen Bettappetit Robertas. Sie war einfach nur eine ganz normale Frau, die sich an einer ganz normalen Kopulation erfreute und zufrieden war, wenn sie etwas Heißes und Hartes tief in sich kommen spürte. Nur, als er ejakulierte, warf sie ihre Beine um ihn und klammerte sich fester an ihn, um ihn noch tiefer in sich zu haben und ihn daran zu hindern, sich zurückzuziehen.
Sie hielt ihn lange so, während sie allmählich wieder zu Atem kam.
»Irgendwann noch einmal, Angelo«, flüsterte sie. »Wenn es ganz sicher ist. Mach dir keine Sorgen. Ich bringe dich nicht in Verlegenheit. Keinerlei Risiko und Gefahr. Einfach nur, wenn es geht.«
Auf der Heimfahrt hatte er ein Gefühl von Unwürdigkeit. Ja, das war das Wort. Er war dieser großartigen Frau nicht würdig, mit der er da eben im Bett gewesen war.
Jetzt hatte er es glücklich mit sämtlichen Ehefrauen Lorens samt seiner Tochter getrieben.
4
Am Montagabend, dem 6. Oktober, kam Cindys Porsche in die Garage, die zugeschlossen wurde. Zwei XB Stallion , der eine weiß, der andere metallicblau, wurden zum Haus gefahren und in der Einfahrt
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