Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers

Titel: Der Clan der Otori – Der Ruf des Reihers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
Vom Netzwerk:
entgegenzutreten.
    Eine Reiterschar kam vom Pass herbeigaloppiert, und ihre Pferde taten immer wieder Sätze, um nicht auf die Gefallenen zu treten. Die Schwerter blitzten und mähten die Fußsoldaten nieder, die sich hinter ihre Barrikaden zurückzogen, während die Bogenschützen an der Nordflanke einen Hagel von Pfeilen abschossen. Viele trafen ihr Ziel, aber Takeo musste feststellen, dass es viel weniger Treffer waren als am Tag zuvor. Die lange Dauer der Schlacht begann seine Truppen zu zermürben. Genau wie bei Kahei kam seine Zuversicht ins Wanken. Wie viele Männer hatte Saga noch? Seine Reserven schienen unerschöpflich zu sein und alle waren frisch und ausgeruht …
    Wie die Reiter, die ihn nun fast erreicht hatten. Mit dumpfem Schreck sah er, dass Kono ihr Anführer war. Ersah auch das Maruyamapferd, sein Geschenk, das nun gegen ihn eingesetzt wurde, und er empfand eine brennende Wut. Der Vater dieses Mannes hätte fast sein Leben zerstört. Sein Sohn hatte Intrigen gegen ihn gesponnen, hatte ihn belogen, hatte es gewagt, Bewunderung zu heucheln, während er in Wahrheit seinen Sturz plante. Takeo packte Jato fester, verdrängte den Schmerz, der vom Ellbogen bis zum Schulterblatt schoss, und sprang behände zur Seite, so dass er den Edelmann mit links nehmen konnte.
    Sein erster Hieb trennte Kono fast den Fuß ab. Kono schrie auf, wendete sein Pferd und kam zurück. Jetzt musste Takeo mit der rechten Hand kämpfen. Er duckte sich, um dem herabsausenden Schwert zu entkommen, und holte zum nächsten Hieb nach oben aus, zielte auf Konos Handgelenk, als er hörte, wie hinter ihm das Schwert des nachfolgenden Reiters niedersauste. Er setzte das zweite Ich ein und rollte sich zur Seite, wobei er darauf achtete, sich nicht am eigenen Schwert zu verletzen. Rings um ihn her stampften die Hufe der Pferde. Takeo suchte nach einem festen Stand im Schlamm. Seine eigenen Fußsoldaten waren mit Speeren und Spießen zum Angriff übergegangen. Neben ihm ging schwer ein Pferd zu Boden, dessen toter Reiter kopfüber in den Matsch fiel.
    Unmittelbar über ihnen zuckte plötzlich ein Blitz und der Regen prasselte noch heftiger. In sein unablässiges Prasseln mischte sich ein anderes Geräusch, eine dünne, geisterhafte Musik, die über die Ebene hallte. Takeo wusste anfangs nicht, was sie zu bedeuten hatte. Dannebbte ringsumher der Schlachtlärm ab. Takeo stand auf und wischte sich mit der rechten Hand Schlamm und Regen aus den Augen.
    Das Maruyamapferd preschte vorbei. Kono klammerte sich mit beiden Händen an die Mähne, aus seinem Bein quoll immer noch Blut. Er schien Takeo nicht zu sehen, denn er hatte nur Augen für den sicheren Pass.  
    Sie blasen zum Rückzug , dachte Takeo ungläubig, als der Ton des Muschelhornes in Triumphgebrüll unterging und auf allen Seiten die Männer losstürmten, um den fliehenden Feind zu verfolgen.

KAPITEL 47

    Die früheren Ausgestoßenen, die nun in einem Dorf in Maruyama lebten, kümmerten sich auf dem Schlachtfeld um die verwundeten Pferde und begruben die toten. Sobald man die Leichen der Gefallenen geborgen hatte, gingen Kahei, Gemba und Takeo die Reihen ab und identifizierten so viele wie möglich. Minoru notierte die Namen. Die Gefallenen auf Sagas Seite waren zu zahlreich, um identifiziert werden zu können, und man bestattete sie eiligst in einem Massengrab mitten auf der Ebene. Köpfe als Trophäen zu nehmen war verboten worden. Der Boden war steinig und die Gräber daher flach. Die Krähen sammelten sich schon, glitten auf großen schwarzen Schwingen durch den Regen, hockten auf den Felsklippen und verständigten sich krächzend. Nachts huschten Füchse über das Schlachtfeld, und Takeo wusste, dass nach dem Abmarsch der Menschen die scheueren Wölfe dazustoßen würden, die den ganzen Sommer zu fressen hätten.
    Die Pfähle der Palisaden wurden aus der Erde gezogen und zum Teil für den Bau von Tragen benutzt, auf denen man die Verwundeten nach Inuyama transportierte. Mit dem Rest errichtete man vor dem Pass eine Barriere, und Sonoda Mitsuru und zweihundert seinerMänner blieben da, um sie zu bewachen. Gegen Abend des folgenden Tages, als die Toten begraben worden waren, die Verteidigungsanlagen standen und es keine Anzeichen für eine Rückkehr Sagas gab, schien die Schlacht endgültig zu Ende zu sein. Kahei ordnete eine Ruhepause an: Die

Weitere Kostenlose Bücher