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Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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werden geboren; alle müssen sterben.«
    Â»Sie haben die Begierden der Welt aufgegeben, um den Lehren des Erleuchteten zu folgen«, sagte Shigeru. »Sie haben Mitgefühl für alle Lebewesen. Der Heilige lehrte seine Anhänger, nichts und niemanden zu verletzen. Doch Sie sind mein Lehrer in der Kriegskunst. Es ist mir nicht möglich, Ihnen zu folgen, selbst wenn ich es wollte. Ich habe Pflichten gegenüber meiner Familie, gegenüber dem Clan, meinem Land. Die kann ich nicht ablehnen.«
    Â»Das würde ich nie von Ihnen erwarten. Ihr Weg ist in dieser Welt. Doch es ist möglich, in dieser Welt zu leben und nicht ihr Sklave zu sein. Wenn ich Sie das lehren kann, werde ich glücklich sein.« Matsuda fügte hinzu: »Neben dem Schwertkampf und der Kriegskunst natürlich, denn um Ihre Frage klar zu beantworten: Ja, die Otori werden gegen die Tohan kämpfen müssen. Innerhalb der nächsten fünf Jahre, schätze ich. Entweder im Süden oder an den östlichen Grenzen.«
    Â»Lord Kitano aus Tsuwano hat seine Söhne nach Inuyama geschickt«, sagte Shigeru. »Das kommt mir wie Verrat vor.«
    Â»Auch Noguchi hat der Iidafamilie freundliches Entgegenkommen gezeigt. Das sind die Strohhalme, die zeigen, woher der Wind weht. Beide Männer sind überaus pragmatisch. Noguchi ist ein Feigling und ein Opportunist. Sie erwarten Krieg und sie rechnen nicht damit, dass die Otori gewinnen.«
    Â»Sie sind Verräter«, sagte Shigeru zornig, seine vorherige Geduld war auf einmal völlig dahin. »Ich sollte zurück nach Hagi gehen.«
    Â»Ihr Vater ist immer noch Anführer des Clans; er muss wissen, wie die Dinge stehen. Es liegt an ihm und seinen Ratgebern, sich mit der Situation auseinanderzusetzen.«
    Â»Mein Vater …«, fing Shigeru an, dann schwieg er, weil er nicht selbst illoyal klingen wollte.
    Â»Das gehört zu den Lektionen des Erwachsenwerdens«, sagte Matsuda. »Die eigenen Eltern klar zu sehen, ihre Stärken und Schwächen zu erkennen und sie doch immer noch als Eltern zu ehren.«
    Â»Mein Vater hat viele Schwächen«, sagte Shigeru voller Schmerz. »Wenn die Otori von den Tohan besiegt werden, wird die Schuld dort zu suchen sein.«
    Matsuda entgegnete: »Wir hoffen, der Beginn des Krieges wird lange genug verzögert, um Ihnen eine größere Rolle in der Führung des Clans zu ermöglichen. Und wir hoffen, dass Sie den gleichen Schwächen entkommen sind«, fügte er trocken hinzu.
    Â»Sie wissen sicher schon, welche Schwächen das sind.« Shigeru spürte, wie ihm das Blut zu Kopf stieg. »Und es sind viele!«
    Â»Zweifellos die üblichen Otorischwächen. Übereiltes Temperament, Ungeduld, eine Neigung, sich leicht zu verlieben. Das sind kleinere Fehler, die Sie beherrschen werden.«
    Â»Ich werde mich sehr anstrengen«, versprach Shigeru.

KAPITEL 11 

    Die Tage verliefen nach einem regelmäßigen Muster aus Meditation und Übungen, wie die wiederkehrenden Motive in einem gewebten Tuch. In der Mittagszeit oder nach dem Abendessen sprach Matsuda häufig über die Geschichte und Politik des Clans und über die unterschiedlichen Kriegsstrategien. Er befragte Shigeru über seinen bisherigen Unterricht und erwartete ganz selbstverständlich von dem Jungen, dass er alles im Kopf behielt. Matsudas Gedächtnis war erstaunlich und Shigeru spürte, wie sein eigenes besser wurde, während er alles aufnahm, was der Alte ihm beibringen konnte.
    Nachdem er zwei Wochen täglich die Bewegungen seines Lehrers nachgeahmt und selbstständig geübt hatte, forderte Matsuda ihn eines Morgens auf, die Stangen zum Übungsplatz zu bringen. Shigeru war erstaunt, wie sich seine Muskeln und seine Koordination verbessert hatten. In Hagi war er als begabter Schüler betrachtet worden, aber jener Junge war unbeholfen und langsam gewesen im Vergleich zu dem heutigen. Jetzt wurde die Stange zu dem, was das Schwert sein würde, eine Verlängerung von Arm und Gehirn. Sie würde sich so schnell wie sein Gedanke bewegen, mit seiner ganzen Kraft hinter dem Schlag. Und zugleich würde sie so flexibel sein wie seine eigenen Muskeln, so rasch und leicht eingesetzt wie seine eigene Hand. Einatmen, ausatmen. Die Leere des Geistes, die er meditierend erreicht hatte, gelang ihm jetzt ohne Anstrengung. Er dachte nicht darüber nach, mit wem er kämpfte; er vergaß, dass

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