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Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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lang starrten sie einander an. Sie erschrak über die Veränderungen, die sie an ihm bemerkte: Sein Gesicht war hager, die Haut gelblich, die Augen waren eingesunken und glänzten fieberhaft.
    Â»Ist es dir nicht gut gegangen?«, fragte sie voll jähem Mitleid.
    Â»Du weißt warum. Akane, wie konnte das mit uns geschehen? Wir haben einander geliebt.«
    Â»Nein.« Sie wollte weitergehen, doch er packte sie am Arm.
    Â»Ich kann ohne dich nicht leben. Ich werde aus Liebe sterben.«
    Â»Sei kein Narr, Lord Hayato. Niemand stirbt aus Liebe!«
    Â»Lass uns zusammen weglaufen. Wir können die Drei Länder verlassen, nach Norden gehen. Bitte, Akane. Ich flehe dich an, komm mit mir.«
    Â»Es ist unmöglich.« Sie versuchte sich aus seinem Griff zu befreien. »Lass mich allein oder ich rufe nach dem Wachtposten.« Sie hatte Angst, mit ihm zusammen zu sein, wenn er so verzweifelt war, sie fürchtete, er könne eher sie und sich selbst umbringen, als ohne sie zu leben.
    Ãœberrascht schaute er auf seine Hand hinunter, als hätte ein anderer sie um ihr Handgelenk gelegt. Bei ihrem Widerstand war sein Griff fester geworden und hatte ihr wehgetan. Jetzt ließ er sie plötzlich frei. Sie rieb sich die schmerzende Stelle.
    Â»Ich will dir nicht wehtun«, sagte er. »Verzeih mir. Das ist das Letzte, was ich will. Ich möchte dich berühren wie früher. Du musst dich erinnern, wie schön das war.«
    Sie antwortete nicht, sondern wandte sich ab und ging schnell davon. Ihr war, als hätte er ihren Namen gesagt, doch sie schaute sich nicht um. Die Träger sprangen auf,als sie näher kam, und der Wachtposten, der die Sänfte immer begleitete, half ihr hinein und hob ihre Sandalen auf, als sie drinnen war. Sie ließ die geölten Seidenvorhänge herunter, obwohl es stickig im Inneren war und ein frecher Moskito lästig um ihren Hals surrte. Sie fürchtete, Hayato sei von einer so verzehrenden Eifersucht beherrscht, als habe ihn eine vernichtende Krankheit befallen. Sie hatte gesagt, »niemand stirbt aus Liebe«, doch sie hielt es für möglich, dass er starb oder sich tötete, und dann würde sein wütender Geist sie verfolgen … Und sie fürchtete auch die Amulette, die er vielleicht gegen sie einsetzte. Jetzt, wo sie selbst die dunkle Welt der Magie betreten hatte, war sie sich deren Macht umso mehr bewusst.
    Sie ging zum Hausaltar und verbrannte Weihrauch, zündete Kerzen an und betete lange zum Schutz gegen alle Übel, die sie befallen mochten. Die Nacht war drückend und schwül, Donner grollte über den Bergen, aber es regnete nicht. Sie schlief schlecht, stand spät auf und war kaum mit ihrer Toilette fertig, als Haruna kam. Haruna war wie immer elegant gekleidet, doch sie konnte nicht verheimlichen, dass sie an diesem Morgen geweint hatte. Akane wurde von Angst gepackt, einer Vorahnung schlechter Nachrichten. Sie ließ Tee kommen und tauschte Höflichkeiten mit Haruna, dann schickte sie die Dienerinnen weg und näherte sich Haruna so, dass sich ihre Knie berührten.
    Haruna sagte leise: »Hayato ist tot.«
    Akane hatte diese Nachricht fast erwartet, dennoch schwankte sie vor Entsetzen und Trauer. Du musst dich erinnern, wie schön das war, seine letzten Worte kamen ihrin den Sinn und sie erinnerte sich an alles Gute an ihm und begann ungehemmt zu weinen über das Erbärmliche seines Lebens und seines Todes und über das Leben, das sie zusammen hätten haben können.
    Â»Ich habe ihn gestern gesehen. Ich habe gefürchtet, dass er sich das Leben nimmt.«
    Â»Er hat sich nicht selbst getötet. Es wäre besser gewesen, wenn er es getan hätte. Lord Masahiro hat ihn töten lassen. Seine Leute haben ihn vor meinem Haus erschlagen.«
    Â»Masahiro?«
    Â»Lord Shigerus Onkel. Der jüngste Bruder. Du kennst ihn, Akane.«
    Natürlich kannte sie ihn und hatte ihn gelegentlich gesehen – das letzte Mal bei der Einmauerung ihres Vaters. Sein Ruf in ganz Hagi war nicht gut, auch wenn nur wenige wagten, ihre Ansichten öffentlich zu machen. Sogar in einer Stadt, deren Bewohner zur Nachsicht neigten, galt er als geil und, schlimmer, als feige.
    Â»Warum? Wodurch hat Hayato Masahiro je gekränkt? Wie können sich ihre Wege überhaupt gekreuzt haben?«
    Haruna rutschte unbehaglich hin und her, sie schaute Akane nicht an. »Lord Masahiro hat uns von Zeit zu Zeit

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