Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
Vom Netzwerk:
besucht – natürlich unter anderem Namen, und wir haben alle getan, als würden wir ihn nicht kennen.«
    Â»Ich hatte keine Ahnung davon«, sagte Akane. »Was ist passiert?«
    Â»Hayato war ziemlich betrunken – er hat getrunken, seit er dir begegnet war, nehme ich an. Ich versuchte ihn zu überreden, still wegzugehen, doch als er uns endlichverließ, bemerkte er Masahiros Männer auf der Straße. Er fing an, sie zu beschimpfen, die Otorilords zu verfluchen, besonders Lord Shigeru – verzeih mir, dass ich dir so Schreckliches erzähle. Die Männer waren sehr geduldig, versuchten ihn zu beruhigen – natürlich war ihre Kleidung nicht gekennzeichnet, sie konnten leicht so tun, als seien sie nicht persönlich beleidigt. Jeder kennt Hayato, er war stets beliebt und sie hätten ihn nicht beachtet, aber Masahiro kam heraus, hörte die Beschimpfungen und dann war alles aus.«
    Â»Niemand wird Masahiro die Schuld geben«, sagte Akane und weinte wieder, weil es so traurig war.
    Â»Nein, natürlich nicht, aber er ist noch weiter gegangen: Er hat befohlen, dass die Familie ihr Haus verlassen muss, ihre Ländereien sind ihm zu übereignen und die Söhne sollen ebenfalls getötet werden.«
    Â»Sie sind doch noch Kinder!«
    Â»Ja, sechs und acht Jahre alt. Masahiro sagt, sie müssen für die Beleidigungen ihres Vaters büßen.«
    Akane schwieg. Die Härte der Strafe ließ sie schaudern, doch Lord Masahiro hatte das Recht zu handeln, wie es ihm gefiel.
    Â»Wirst du zu ihm gehen, Akane? Wirst du ihn bitten, sie am Leben zu lassen?«
    Â»Wenn Lord Shigeru hier wäre, könnte ich durch ihn an seinen Onkel herantreten, aber er ist fort im Osten. Selbst wenn wir den schnellsten Boten schicken würden, käme er zu spät. Ich glaube nicht, dass Masahiro mich auch nur empfangen würde.«
    Â»Glaube mir, es tut mir leid, dich darum bitten zu müssen. Aber du bist der einzige Mensch, den ich kenne,der irgendwelchen Einfluss im Schloss hat. Ich bin es Hayato schuldig zu versuchen, das Leben seiner Kinder und ihr Erbe zu retten.«
    Â»Masahiro wird beleidigt sein, wenn ich auch nur um eine Audienz bitte. Vielleicht wird er mich gleichfalls umbringen lassen.«
    Â»Nein, er scheint großes Interesse an dir zu haben. Er hat wiederholt sein Bedauern darüber ausgedrückt, dass du nicht mehr in meinem Haus bist. Er vergleicht alle Mädchen mit dir.«
    Â»Das ist womöglich noch schlimmer«, sagte Akane. »So liefere ich mich seiner Gnade aus – was wird er von mir verlangen, wenn er die Kinder verschont?«
    Â»Du stehst unter Shigerus Schutz. Selbst Masahiro wird nicht wagen, dich auszunutzen.«
    Â»Ich fürchte, es wird Shigeru nicht gefallen.« Akane wünschte, er wäre da und sie könnte mit ihm direkt sprechen.
    Â»Lord Shigeru hat ein mitleidiges Herz«, entgegnete Haruna. »Er würde eine solche Strafe nicht fordern.«
    Â»Ich kann das nicht machen«, sagte Akane. »Verzeih mir.«
    Â»Dann werden sie morgen sterben.« Haruna weinte, als sie das sagte.
    Nachdem die Ältere gegangen war, betete Akane am Altar für Hayatos Seele, bat ihn um Verzeihung für die Rolle, die sie in seinem tragischen Schicksal und in der Katastrophe gespielt hatte, die seine Liebe zu ihr über seine Familie brachte. Er liebte Kinder, dachte sie. Er wollte, dass ich seine Kinder bekomme. Jetzt verliert er seineSöhne; er wird niemanden haben, der seine Linie fortsetzt, seine Familie wird erlöschen. Niemand wird für seine Seele beten.
    Die Leute werden mir die Schuld daran geben, sie werden mich hassen. Was, wenn sie herausfinden, dass ich Amulette gegen Shigerus Frau benutzt habe? Sie sagen jetzt schon, ich hätte ihn verzaubert …
    Ihre Gedanken wanden und drehten sich wie Nattern in ihrem Kopf, und als die Dienerinnen ihr das Mittagsmahl brachten, konnte sie nichts essen.
    Im Lauf des Nachmittags wurde es heißer und das Schrillen der Zikaden immer unangenehmer. Allmählich folgten dem Tumult in ihr Betäubung und Mattheit. Sie fühlte sich so erschöpft, dass sie sich kaum bewegen oder denken konnte.
    Sie bat darum, das Bett gerichtet zu bekommen, zog ein leichtes Sommergewand an und legte sich hin. Sie erwartete keinen Schlaf, doch fast sofort sank sie in eine Art Wachtraum. Der Tote kam ins Zimmer, entkleidete sich und legte sich neben ihr nieder.

Weitere Kostenlose Bücher