Der Clan der Wildkatzen
dem Bücherregal und überschaute triumphierend ihr Königreich. Sie hatte drei Versuche gebraucht, um das Regal zu erklimmen. Beim ersten Mal war sie kurzerhand von ihren Großfüßen unterbrochen worden, die sie vom vorletzten Brett genommen hatten, ehe sie die Bücher, die sie bei ihrem mühsamen Aufstieg umgeworfen hatte, wieder aufstellten und sie gutmutig anknurrten.
Beim zweiten Mal war sie gescheitert, als sie das Bücherregal von hinten hochklettern wollte. Auf einmal hing sie nämlich mitten in der Luft an den Vorderpfoten und strampelte wild mit den hinteren, um ihren Po wieder aufs Brett zu bringen, nachdem die Nachschlagewerke umgefallen waren und Mara den Platz geraubt hatten. Beim dritten Versuch betrachtete sie die Bücher auf den Regalen zunächst sorgfältig, ehe sie über mehrere Taschenbücher und gebundene Ausgaben stieg und einen weiten Bogen um lose Papiere machte. So war es ihr gelungen, bis ganz nach oben zu klettern. Nun war sie vollkommen begeistert davon, wie anders alles von ihrem neuen Standpunkt aussah.
Einer ihrer Großfüße kam vorbei, und Mara musste sich beherrschen, ihm nicht auf die Schulter zu springen. Sie würde den Sprung zwar vermutlich schaffen, wenn sie sich bei der Landung mit den Pfoten festkrallen würde, doch ihre früheren Sprungübungen auf Großfüße waren nicht gerade auf Begeisterung gestoßen. Außerdem fühlte es sich gut an, oben auf dem Bücherregal zu hocken. Das Kätzchen kam sich wie die Königin der Entdecker vor, und ihre Großfüße konnten sie hier kaum erreichen, es sei denn, sie selbst wollte es.
Nachdem sie nach einer Fliege geschlagen und ein Spinnennetz verspeist hatte, betrachtete Mara ihr Königreich abermals und gestand sich still die Wahrheit ein: Sie war gelangweilt. Den Morgen hatte sie mit den Großfüßen verbracht, die nur sehr langsam lernten und sich meist allen Bemühungen widersetzen, sich von ihr trainieren zu lassen. Beraal kam normalerweise am späten Abend zum Unterricht vorbei . S ie hatten einige Male üben müssen, ehe es Mara gelang, ihre speziellen Spaziergänge zu unternehmen, ohne gleich die Katzen von ganz Nizamuddin in Aufregung zu versetzen. Aber schließlich hatte sie es geschafft. Doch nun blieb ihr noch der ganze Nachmittag und auch eine Katze hatte irgendwann einmal genug geschlafen. Southpaw war nicht zurückgekommen, und sie wusste nicht, wo sie ihn finden sollte.
Während Mara ihre Möglichkeiten durchging, richteten sich ihre Schnurrhaare auf. Sie wüsste einen Ort, den sie mal wieder besuchen könnte. Sie würde sich gern mit Rudra DemGroßenMitDenVielenStreifen treffen, oder wie auch immer er hieß, aber würden die anderen Katzen nicht wieder ein Theater veranstalten, wenn sein Vater sie erneut anbrüllte? Vermutlich schon. Aber wie würde es wohl sein, wenn sie zu senden versuchte, ohne sich in das allgemeine Katzennetz einzuklinken?
Mara jagte ihren Schwanz und wirbelte den Staub auf dem Bücherregal auf, während sie über diese Möglichkeit nachdachte. Beraal hatte ihr beigebracht, nicht der gesamten Katzengemeinschaft stündlich über alle Neuigkeiten Bericht zu erstatten. Es hatte etwas mit der Kontrolle von Schnurrhaaren und Nasenlöchern zu tun, und Mara war sich nicht ganz sicher, wie sie das hinbekam. Doch wenn sie mit den Schnurrhaaren links ein wenig zuckte und rechts die Nase rümpfte, schien sie die Verbindung besser im Griff zu haben. Um zu senden und sich nicht gleichzeitig einzuklinken, musste sie vermutlich Schnurrhaare, Nase und Ohren gleichzeitig kontrollieren. Mit Beraal hatte sie das bereits einzeln geübt, aber noch nicht zusammen. Es gab keinen besseren Zeitpunkt, um damit anzufangen, als jetzt, entschied sie und schloss die Augen.
Sie sauste hinaus über den Park und fühlte sich leicht und glücklich. Eine Weile schwebte Mara über den Bäumen, schaute den Eichhörnchen beim Spielen zu und hastete erst weiter, als ein Baby zu schreien begann, weil es eine Katze so weit oben hängen sah. Sie klinkte sich aus dem Netz aus, doch ein- oder zweimal erwischte sie sich dabei, wie sie die Verbindung doch wieder hergestellt hatte. Über dem Golfplatz musste sie die Höhe neu einpegeln: Sie war viel zu hoch, und sie erschreckte einige Krähen und ein empörtes Paar Pfauen, ehe sie auf einer gesitteteren Höhe angelangt war.
Sie schien sich schneller zu bewegen und ließ ihren Schnurrhaaren freien Lauf, wobei sie unabsichtlich in die Bandbreite der Katzen vom Obergerichtshof geriet und
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