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Der Clan

Titel: Der Clan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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war sein Haar etwas dünner geworden, aber Hände und Augen waren noch schnell und sicher wie früher. Für mich sah er immer noch aus wie der Mann, der vor mehr als dreißig Jahren meinen Bugatti im Park umgebaut hatte.
    Das Flugzeug setzte auf der Landebahn des Werks auf. Tony Rourke erwartete uns. Ich machte die beiden miteinander bekannt.
    »Ich habe Sie in einem Hotel hier in der Nähe einquartiert«, sagte Tony. »Ich denke, Sie werden mindestens zwei Tage brauchen, um sich die Fabrik gründlich anzusehen.«
    »Zwei Tage« erwies sich als recht untertrieben. Wir blieben fast eine Woche. Und ohne John Duncan wäre ich völlig verloren gewesen.
    Langsam wurde mir klar, warum Nummer Eins so viel Vertrauen zu ihm hatte. Es gab nichts, was seiner Aufmerksamkeit entging. Nicht einmal die Tiefe der Fahrrinne im Fluß, der zu unseren Docks führte - für den Fall, daß wir sie je mit größeren Frachtern befahren wollten.
    Am Ende der Woche saß ich mit ihm im Hotelzimmer, vor uns lagen die Fabrikpläne. Bobbie stellte unsere Drinks auf den Tisch und ging ins Schlafzimmer zurück. »Nun, was meinen Sie?« fragte ich. »Es könnte gehen«, sagte er. »Wir müßten das Hauptmontagewerk beträchtlich vergrößern, um die maximale Kapazität der Fertigungsstraße zu erreichen, aber ich wüßte nicht, warum sich das nicht machen lassen sollte. Platz ist genug da. Die Vormontagegebäude liegen günstig. Wir müßten nicht mehr als weitere sieben- bis achttausend Quadratmeter verbauen, dann wäre es ideal. Nur eines macht mir Sorgen.«
    »Und zwar?« »Der Stahl«, sagte er. »Ich kenne die Stahlwerke an der Westküste nicht. Vielleicht sind sie nicht leistungsfähig genug, um uns zu beliefern. Und wenn man den Stahl vom Osten hierher transportieren müßte, wären wir pleite, noch ehe wir anfangen. Mir wäre es lieber, wir hätten unser eigenes Stahlwerk. In diesem Punkt waren uns GM und Ford immer überlegen. Sie produzierten Wagen, während wir auf den Stahl warteten.«
    »Wir werden das untersuchen. Sonst noch etwas?«
    Er schüttelte den Kopf. »Im Augenblick fällt mir nichts mähr ein.«
    »Haben Sie eine Ahnung, was es kostet, das Werk umzustellen?«
    »Ohne zu wissen, was für eine Art Wagen wir bauen? Nein.«
    »Soviel ich weiß, hat Ford für die Produktion des neuen Kompaktwagens eine Fabrik gebaut. Wissen Sie, wieviel er da hineingesteckt hat?«
    »Hundert Millionen, habe ich gehört.«
    »Würden wir so viel brauchen?«
    »Möglich«, meinte er. »Ich hätte aber gern von einem Technikerteam einen Kostenvoranschlag. Für Mutmaßungen hab’ ich nichts übrig.«
    »Wie lange dauert das?«
    »Drei, vier Monate.«
    »Zu lange. Wenn wir uns für dieses Werk entscheiden, müssen wir es sofort tun. Ich kann die Leute nicht Monate bei der Stange halten.«
    »Das haben Sie zu entscheiden«, sagte er und lächelte. »Sie erinnern mich an Nummer Eins, der konnte auch nie auf die Zahlen warten.«
    »Glauben Sie, daß es die sechs Millionen wert ist, die Rourke dafür verlangt?« »Haben Sie es schätzen lassen?«
    »Ja«, antwortete ich, »zweimal. Die eine Schätzung lautet auf zehn Millionen, die andere auf neun Millionen sechshunderttausend.«
    »Was will Rourke damit anfangen, wenn sein Vertrag ausgelaufen ist?«
    »Verkaufen.«
    »Für das ganze Objekt findet er nie einen Käufer. Er muß es aufteilen. Das dauert eine Ewigkeit.« Er überlegte einen Augenblick. »Alles hängt davon ab, wie nötig er es hat.«
    »Das weiß ich nicht«, sagte ich. »Aber er scheint mir in guter Form zu sein.«
    »Ich bin durch das Werk gegangen«, sagte er, »und ich habe großen Respekt vor ihm bekommen. Er würde einen hervorragenden Produktionsfachmann in der Autoindustrie abgeben, wenn er dazu Lust hätte.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Warum versuchen Sie es mit ihm nicht auf diese Weise?« fragte er listig. »Zwei Jahre bei mir, und er ist der beste Mann in der Branche. Und ich werde ja nicht jünger.«
    Ich war für drei Uhr mit ihm verabredet. Ich ging in sein Büro, und es gefiel mir: kein unnützer Luxus, ein richtiger Arbeitsraum. Aus den Fenstern konnte man auf das Werk sehen.
    Er wies auf einen Stuhl. »Möchten Sie etwas trinken?«
    »Nein, danke.«
    Er zündete eine Zigarette an. »Was ist also Ihre Ansicht?«
    »Ich könnte Ihnen eine lange Liste von Gründen angeben, warum ich Ihre Fabrik nicht kaufe«, sagte ich. »Aber das ist doch wohl unwichtig.«
    Er schwieg eine Weile. Dann nickte er. »Sie haben recht,

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