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Der Clan

Titel: Der Clan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ihre sprudelnde Laune mir die Tränen in die Augen trieben. Und dann wurde mir klar, was mit mir passiert war. Zu viele Jahre waren vergangen, ohne daß mich etwas so berührt hatte, daß ich darüber weinen konnte.
    Mein Körper war meine Welt geworden. Mein Körper, meine Schale, mein Gefängnis, in dem ich meine Zeit absaß. Und das war ganz falsch. Denn aus einem Gefängnis soll man versuchen auszubrechen. Und ich tat genau das Gegenteil. Meine einzige Sorge war es, Mittel und Wege zu finden, um immer mehr Zeit darin zu verbringen. Jetzt, in diesem Augenblick, wußte ich, was ich zu tun hatte.
    Seit über dreißig Jahren saß ich in diesem Stuhl und glaubte zu leben, während ich in Wirklichkeit tot war. Aber das sollte nicht so weitergehen. Es gab noch etwas für mich zu tun. Ich konnte einen Wagen für Betsy bauen, wie ich ihn für ihre Urgroßmutter gebaut hatte. Als sie aus dem Bassin kam und wir am Frühstückstisch saßen, erzählte ich ihr, was ich vorhatte. Sie sprang auf und umarmte mich stürmisch. Und wissen Sie, was sie sagte?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Urgroßvater, das wäre das Tollste, was irgendwer für mich tun könnte!«
    Er schwieg eine Weile. »Nachdem sie fort war, rief ich Loren an. Er lobte meine wunderschöne Gefühlsregung, fand sie aber nicht sehr brauchbar. Unsere Gewinnstruktur war wirtschaftlich stabil, der Bau eines neuen Wagens hätte sie möglicherweise gestört. Praktisch fehlte es uns an Platz, weil mehr als siebzig Prozent für andere Produkte festgelegt waren. Ich brachte ihn so weit, daß er mir versprach, die Sache zu untersuchen.«
    »Hat er es getan?«
    »Ich weiß nicht. Ich habe jedenfalls nichts mehr von ihm gehört. Nach einiger Zeit wurde mir klar: Wenn ich den Plan ausführen wollte, mußte ich jemand anderen dafür finden. So kam ich auf Sie.«
    »Warum auf mich?«
    »Weil für Sie, ebenso wie für mich, die Autos das Leben bedeuten. Das wußte ich seit jenem Tag im Park. Und ich wußte auch, es würde nur eine Frage der Zeit sein, bis Sie aufhören würden, sich mit Spielzeug abzugeben, und zum Kern der Dinge kommen würden, an denen Ihnen lag. In dem Augenblick, in dem ich nach dem Rennen in Indy Ihre Stimme am Telefon hörte, wußte ich, daß ich recht hatte.«
    »Na schön, jetzt haben Sie mich also«, sagte ich lächelnd. »Aber da ist immer noch Loren.«
    »Ja, das verstehe ich nicht recht«, sagte er grübelnd. »Ich weiß, Loren ist nicht dumm. Er müßte schon längst herausgefunden haben, was wir vorhaben. Aber ich habe noch immer kein Wort von ihm gehört.«
    »Loren hat andere Dinge im Kopf«, sagte ich.
    »Was, zum Beispiel? Eines tut Loren nie: das Geschäft aus den Augen lassen.«
    »Diesmal hat er es getan.«
    »Seien Sie nicht so verdammt geheimnisvoll!« fuhr er mich an. »Wenn Sie was wissen, sagen Sie es mir!«
    »Loren ist mit einer Liebesaffäre beschäftigt«, sagte ich. »Im Augenblick ist er auf Hawaii.«
    »Woher wissen Sie das?« fragte er scharf. »Ich habe bei ihm zu Hause und im Büro angerufen. Niemand hat eine Ahnung, wo er ist.«
    Ich lachte. »Ich habe praktisch alles getan, um das Mädchen zu ihm ins Flugzeug zu setzen.« Ich erzählte ihm kurz die Geschichte, und am Ende lächelte er.
    »Sehr gut«, sagte er. »Ich hatte mich schon gefragt, ob er überhaupt menschliche Gefühle hat. Vielleicht besteht noch Hoffnung für ihn.«
    Ich stand auf. »Ich denke, ich seh’ mal drinnen nach, wie die Jungens mit ihren Zahlen vorankommen.«
    Er blieb dort sitzen und sah auf den Ozean, während ich zum Haus zurück und in die Bibliothek ging. Trotz der offenen Fenster schwebten Schwaden von blauem Zigarettenrauch über dem Tisch. An einem Ende saßen Len Forman, ein Seniorpartner von Danville, Reynolds und Firestone, der das Emissionskonsortium vertrat; am anderen Arthur Roberts, ein bedeutender New Yorker Wirtschaftsberater, den wir engagiert hatten. Was mir an Artie gefiel, war der Umstand, daß er keine Angst vor einem Kampf hatte. Wir alle wußten ja, daß das, worauf wir uns nun einließen, kein Spaß sein würde. »Wie weit sind wir?« fragte ich.
    »Fast fertig«, antwortete Artie. »Ich glaube, wir können uns jetzt darüber unterhalten.«
    »Ich hole Nummer Eins«, sagte ich.
    »Tun Sie das nicht!« bat Artie schnell. »Wir kommen mit Ihnen. Wir waren drei Tage in diesem Raum eingeschlossen. Ein wenig frische Luft kann uns nicht schaden.«
    »Ich muß noch ein paar Dinge klären«, sagte Len. »Gehen Sie nur voraus, ich komme

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