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Der Clan

Titel: Der Clan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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nicht jeden Tag die Chance, nach Hawaii zu fliegen.«
    »Davon spreche ich nicht, und das weißt du«, fauchte sie. »Ich meine, wie du dich benimmst. Du verfügst über mich wie über eine Hure, die du irgendwo aufgelesen hast.«
    Ich lächelte wieder. »Irgendein Engländer hat einmal geschrieben, das sei die einzige Art, eine Dame zu behandeln.«
    Sie lächelte nicht. »Dir liegt wirklich gar nichts an mir.«
    »Sag das nicht. Ich würde dich nicht halb so lieben, mein Herz, liebte ich die Ehre nicht noch mehr.«
    »Hör mit den Zitaten auf«, sagte sie ärgerlich. »Was hat das mit Ehre zu tun?«
    »Ich mache tatsächlich etwas sehr Ehrenhaftes. Ich opfere mich für einen Freund. Noblesse oblige. Schließlich schulde ich ihm wirklich was. Ohne ihn hätten wir uns nicht kennengelernt.«
    Sie sah mir in die Augen. »Du willst ihn aus dem Weg haben?«
    »Ja«, sagte ich einfach.
    »Und wenn er sich in mich verliebt?«
    »Das ist sein Problem.«
    »Und wenn ich mich in ihn verliebe?«
    »Dann ist es dein Problem.«
    »Du bist ein richtiger Saukerl«, sagte sie.
    Ich stand auf.
    »Wart einen Augenblick. Wo willst du denn hin?« fragte sie.
    »Mich anziehen. Ich nehme das Flugzeug um zehn.«
    »Im Augenblick gehst du nirgendwohin«, erklärte sie entschlossen.
    »Ich treffe ihn erst heute abend um sieben auf dem Flughafen. Du weißt jetzt, daß er dir aus dem Weg ist. Also kannst du dir noch einen Tag Zeit lassen.«
    »Warum?«
    Sie schaute mich an. »Weil ich dich in Grund und Boden vögeln werde. Vögeln, daß du einen Monat lang keinen Ständer mehr zusammenbringst.«
    Ich lachte und ließ mich in den Stuhl zurückfallen. Dann griff ich nach dem Telefon.
    »Wen rufst du an?« fragte sie argwöhnisch.
    »Den Zimmerkellner«, sagte ich. Ich hatte plötzlich das Gefühl, daß ich ein kräftiges Frühstück brauchen würde.
    Ich fuhr mit ihr zum Flughafen, obwohl mein Flugzeug erst drei Stunden später startete. Nachdem ich mein Gepäck aufgegeben hatte, ging ich mit ihr in den Warteraum für den United-Flug aus Detroit. Die Maschine sollte in einer Viertelstunde landen.
    »Wir haben noch Zeit, schnell was zu trinken«, meinte ich und führte sie zur nächsten Bar.
    Die Kellnerin stellte unsere Drinks auf den Tisch und entfernte sich. Ich hob mein Glas: »Cheers.«
    Sie nippte nur an dem ihren. Ich sah sie an. Sie hatte während der ganzen Fahrt zum Flughafen geschwiegen. »Kopf hoch«, sagte ich, »so schlimm ist es gar nicht.«
    Im gedämpften Licht waren ihre Augen unter dem breiten Rand ihres weichen Filzhutes kaum zu sehen. »Ich mache mir Sorgen um dich«, sagte sie.
    »Bei mir wird schon nichts schiefgehen.«
    »Weißt du das sicher?«
    »Ja, ganz sicher.«
    Sie hob das Glas, stellte es aber wieder hin, ohne getrunken zu haben. »Sehe ich dich wieder?«
    Ich nickte.
    »Wann?«
    »Wenn du zurückkommst.«
    »Wo finde ich dich?«
    »Ich bin in der Nähe. Ich finde dich schon.«
    Aus den Lautsprechern an der Decke ertönte die blecherne Stimme der Ansagerin: »United Airlines, Flug 271 aus Detroit, landet soeben auf Flugsteig 72.«
    »Das gilt dir«, sagte ich. Ich trank mein Glas aus, und wir standen auf. Sie hatte ihren Drink nicht angerührt.
    Wir wanderten aus dem Dunkel in das Millionen Watt starke Flutlicht des Flughafens. Dort blieb ich stehen. »Viel Spaß im Urlaub!« sagte ich.
    Sie sah zu mir hoch. Ihre Stimme war leise. »Laß dich nicht unterkriegen. Man kann sich noch anders umbringen als durch Autorennen.«
    »Keine Angst.« Ich beugte mich nieder und küßte sie leicht auf die Lippen. »Leb wohl.«
    Ihre Lippen bewegten sich kaum unter den meinen. »Leb wohl.« Sie schaffte es nicht weiter als drei Schritte, dann warf sie sich wieder in meine Arme und preßte leidenschaftlich ihren Mund auf den meinen. »Laß mich nicht gehen, Angelo!« rief sie weinend. »Ich liebe dich.«
    Einen Augenblick lang konnte ich die Musik hören, aber der Trommelwirbel war lauter. »Ich laß dich nicht gehen«, sagte ich und löste sanft ihre Arme von meinem Nacken.
    Sie sprach kein Wort mehr. Diesmal schaffte sie den ganzen Weg. Ich blieb stehen und schaute ihr nach, bis sie das Tor erreichte. Die Passagiere kamen bereits durch. Er war unter den ersten, ein hochgewachsener Mann, der in seinem grauen Detroiter Filzhut mit der geschwungenen Krempe alle anderen überragte.
    Bei ihrem Anblick verzog sich sein Gesicht zu einem breiten Lächeln. Er eilte auf sie zu, nahm mit einer Hand den Hut ab und streckte die andere aus.

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