Der Clan
Sofort.«
»Was tust du in New York?« fragte ich. »Ich dachte.«
»Alicia weiß, daß Loren mit mir fort war. Das Büro hat nach ihm gesucht und den Fehler begangen, es ihr zu sagen.«
»Warum hat ihn das Büro gesucht?«
»Da war etwas im Zusammenhang mit dir. Sehr viel hat er mir nicht erzählt. Aber er war sehr wütend und sagte, du könntest ins Gefängnis kommen. Dann rief Alicia an, und er erzählte ihr alles.«
»So ein verdammter Narr!«
»Er ist nicht sehr weltklug«, sagte sie. »Bei ihm ist es eine
Ehrensache. Und nun will er mich heiraten.«
»Wo ist er?«
»In Detroit. Ich muß dich sehen. Darf ich zu dir kommen?«
»Nein. Ich komme nach New York. Wo wohnst du?«
»Im Waldorf«, sagte sie.
»Ich bin morgen nachmittag bei dir.«
»Ich liebe dich, Angelo.« Ihre Stimme klang erleichtert.
»Wiedersehen, Liebling«, sagte ich. Nummer Eins war im Türeingang erschienen.
»Wer war das?« fragte er.
»Die junge Frau, von der ich Ihnen erzählt habe. Die Sache ist aufgeflogen: Loren kennt unsere Pläne.«
»Ich weiß«, sagte Nummer Eins gereizt. »Ich habe schon mit ihm gesprochen. Aber es ist noch etwas anderes passiert.«
»Ja, Alicia hat ihn mit der anderen erwischt. Er will sich scheiden lassen.«
»O du mein Gott!« sagte Nummer Eins. »Wird denn der Junge nie erwachsen?«
»Ich weiß nicht, was zum Teufel ich hier treibe«, sagte sie. Sie ging in dem geräumigen Wohnzimmer des Appartements von Bethlehem Motors im Waldorf Towers auf und ab. »Alles ist so schnell gekommen.«
Ich saß im Sessel und sah ihr zu, trank einen Schluck aus meinem Glas und sagte nichts.
>»Fahr ins Appartement der Firma im Waldorfc, sagte er mir, >und warte dort, bis du von mir hörst. Mach dir bloß keine Sorgen.<« Sie blieb stehen und sah mich an. »Erst als ich im Flugzeug nach New York saß, überlegte ich, was er gesagt hatte. Es gab nichts, worüber man sich hätte Sorgen machen sollen. Es war nichts zwischen uns vorgefallen.«
Ich sagte noch immer nichts.
»Du glaubst mir nicht, wie?« fragte sie.
»Natürlich glaube ich dir.«
»Es klingt aber nicht so.«
»Komm her!« sagte ich.
Sie durchquerte das Zimmer und blieb vor mir stehen. Ich beugte mich vor, küßte sie mitten auf ihr Ding und schaute ihr dann ins Gesicht. »Glaubst du mir jetzt, daß ich dir glaube?«
Sie lächelte flüchtig. »Eine verzwickte Frage. Du bist verrückt.«
»Jetzt reg dich erst mal ab und erzähl mir genau, was vorgefallen ist. Was dir unwichtig erscheint, kann für ihn
ungeheuer wichtig sein. Vergiß nicht, daß wir von einem sehr altmodischen Mann sprechen.«
»Das stimmt«, sagte sie. »Er ist von einer jungenhaften Naivität, die ich zuerst für gespielt hielt. Sie war es aber nicht. Er ist wirklich so.«
»Habt ihr zusammen in einem Appartement gewohnt?«
»Nein. Unsere Appartements lagen nebeneinander.«
»Mit Verbindungstür?«
»Ja. Aber er kam nie zu mir herüber, ohne vorher anzuklopfen. Dabei war nicht einmal abgeschlossen. Er gab mir keinen Gute-Nacht-Kuß, ohne mich vorher um Erlaubnis zu bitten. Und daß er in mich verliebt ist, hat er erst nach dem Telefongespräch mit Alicia erwähnt.«
»Er muß es aber doch gezeigt haben.«
»Natürlich«, sagte sie, »alle Anzeichen waren vorhanden. Täglich die frischen Blumen, die Art, wie er mich mit großen runden Augen ansah, die ständigen zufälligen Berührungen meiner Hand, du weißt schon. Ich fand es reizend, nahm es aber nicht ernst. Wer hätte das gekonnt? Es war alles so neunzehntes Jahrhundert.«
»Wie konnte Alicia es dann erfahren, wenn alles so harmlos war?«
»Eben weil es so harmlos war«, sagte sie. »Das war ja das Alberne an dem Ganzen. Alicias Anruf wurde durchgestellt, während wir in meinem Appartement einen Cocktail tranken. Hätten wir im selben Appartement gewohnt, hätte ich den Hörer gar nicht abgenommen. So aber dachte ich mir nichts dabei. Sie erkannte meine Stimme sofort.«
»War das vor oder nach seinem Gespräch mit dem Büro?«
»Vorher. Eigentlich rief sie ihn deshalb an. Sie wollte fragen, ob das Büro wissen durfte, wo er zu erreichen war.«
»Aber Liebling«, sagte ich, »das ist nicht altmodisch, sondern einfach blöd. Es gehört schon ein besonderes Talent dazu, wenn ein Mann seiner Frau sagt, wo er hinfährt - besonders wenn er mit einer anderen verreist. Nein, er wollte sich erwischen lassen.«
»Glaubst du wirklich?«
»Was denn sonst?« Ich schaute sie an. »Ich wußte schon am ersten Abend, als wir
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