Der Clark Darlton Reader
wunderte mich über seine Arbeiten. Eines Tages verriet er mir, daß die Maschine endlich arbeite. Ich war dabei, als er mit ihr verschwand und nach einer halben Stunde wiederkam. Er hätte genausogut nach zehn Sekunden wiederkommen können. Er war zehn Jahre älter. Zehn Jahre hatte er in der Vergangenheit gelebt. Im Jahre 1989 landete er dort. Eine Reparatur hielt ihn zehn Jahre lang fest. Erst 1999 gelang es ihm, zu mir ins Jahr 2955 zurückzukehren. Er wunderte sich, daß ich noch da war und auf ihn wartete. Ich war eine halbe Stunde und er zehn Jahre älter geworden. Dieser Zwischenfall hätte mich warnen sollen. Aber als mein Bruder die schöne Myra heimführte, konnte ich mich nicht mehr beherrschen. Ich erschlug meinen Bruder.“
Tiefes Schweigen lastete im Zimmer. Sogar die Uhr schien in ihrem Lauf innezuhalten, dann jedoch um so lauter zu ticken.
„Es gab nur einen Ausweg für mich: Flucht! Aber Myra wollte mich nicht mehr, nachdem ich zum Brudermörder geworden war. Also wollte ich sie so, wie sie vor dem Mord war. Ich wollte überhaupt den ganzen Mord aus der Welt schaffen. Die Zeitmaschine – das war die Lösung!
Yutal staunte, als ich abgehetzt und erregt zu ihm kam und ihn bat, mich einmal, nur ein einziges Mal, in die Vergangenheit reisen zu lassen. Er wies auf die vielen Gefahren hin und sträubte sich entschieden. Ich hatte oft genug zugesehen, wie er experimentiert hatte, und traute mir die Bedienung der an sich einfachen Instrumente ohne weiteres zu. Beim gemeinsamen Abendbrot überlistete ich ihn, indem ich ihm ein Schlafmittel in den Wein tat.
Um fünf Jahre wollte ich zurück – es wurden tausend. Irgend etwas scheint versagt zu haben; anders kann ich mir das Geschehene nicht erklären. Leider wurde dabei der wertvolle Stoff völlig aufgebraucht, der zur Rückkehr benötigt wird: radioaktives Byrellium.“
„Kenne ich nicht“, unterbrach Hal.
„Glaube ich Ihnen. Vielleicht gibt es einen Ersatz. Wenn das Buch nicht lügt, das Sie mir gestern gaben, habe ich auch schon eine Ahnung, wie der Ersatz heißen kann. Prof. Hall, der ‚die Zeitmaschine erfand’, benutzte Radium. Versuchen wir das auch.“
„Wir?“ fragte Weißfeld gedehnt und sah Smith an.
Dieser nickte.
„Wenn Sie wollen, ja. Platz ist vorhanden, wenn wir eng sitzen.“
„Wo ist sie, die Zeitmaschine?“
„Im Keller des Wilson-Hotels, der in tausend Jahren zum Laboratorium Yutals wird. Yutal wird staunen, wenn ich Besuch mitbringe. Aber ich will ja nicht in das Jahr 2955 zurück, sondern fünf Jahre vorher. Da liebte mich Myra noch.“
Hal begann der Kopf zu brummen. Bald war es so weit, daß er nichts mehr verstand. Brachte denn Smith seinen Bruder nicht um, wenn er nun seine Myra bekam? Aber das ginge doch nicht! Oder doch?
„Doch, es geht“, sagte Smith plötzlich. Als er das erstaunte Gesicht Hals sah, fügte er hinzu: „Wir lernten im Laufe der Jahrhunderte, wie man die elektrischen Wellen, die das Gehirn aussendet, empfängt.“
Weißfeld hatte andere Sorgen. Er sagte:
„In meinem Safe befindet sich etwas Radium, in einem Bleibehälter. Aber es fiele auf, wenn wir mit dem schweren Ding durch die Gegend liefen.“
„Wickeln wir es doch in Papier ein“, riet Smith, dem daran lag, möglichst schnell in seine Zeit zu kommen.
Hal lachte befreit auf. Er hatte endlich mal eine Schwäche des ihm sonst so überlegenen Zeitreisenden gefunden.
„Aber, Mr. Smith! Radium in Papier! Das ist genauso, als wollten Sie glühende Kohlen in die Hand nehmen.“
„Nicht, wenn Sie das Papier aus meinem Notizbuch nehmen.“
Weißfeld machte den Mund auf, als wollte er etwas sagen. Er schüttelte aber nur den Kopf und schwieg. Das ging über sein Fassungsvermögen.
„Und wie reißen Sie es aus dem Buch heraus?“ wollte Hal wissen.
„Erst falten; das zerstört die molekulare Zusammensetzung. Danach kann man es an dieser Stelle mühelos reißen.“
Hal mußte an die Blechschere des Professors denken und lachte laut auf. Dann aber wurde er wieder ernst.
„Sie wollen uns also wirklich mitnehmen, Mr. Smith? Wie aber kommen wir wieder zurück?“
„Ich nehme Sie nur hundert Jahre mit in die Zukunft und bringe Sie dann wieder. Sie sollen nur lernen und wissen, was kein anderer Mensch Ihrer Zeit weiß. Das soll mein Dank sein für Ihre Hilfe. Ohne die wäre ich noch lange umhergeirrt. Es war schon schwer genug, dem Hotelpersonal zu erklären, daß ich von einem Maskenball käme und versehentlich in den Keller
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