Der Club der Serienkiller
gescheiteltes Haar heute Abend offen, und es gefällt mir, wie sie es sich immer wieder aus den Augen streicht.
Burt ist nicht überzeugt. »Gehen wir das mal
einen Moment durch. Würde irgendeine Mutter wirklich losziehen und ihren eigenen Nachwuchs auf diese Weise töten? Ich meine, das ist ziemlich weit hergeholt, findet ihr nicht auch?« Ich möchte, dass Burt stirbt - und zwar auf der Stelle.
»Meine hätte das tatsächlich getan«, sage ich gereizter als beabsichtigt.
»Überrascht dich das?« Chuck kichert, und einige der anderen stimmen mit ein.
»Meine hätte das wahrscheinlich auch getan.« Cher sagt das, ohne das Gesicht zu verziehen, worauf das Kichern verstummt.
»Meine hat es versucht.« Fast Tallulahs ganze Familie hat irgendwann versucht sie umzubringen.
Ich muss innerlich grinsen.
Meine Angst ist verflogen. Zufrieden trinke ich einen großen Schluck von meinem Bud.
»Wo wir davon reden, vielleicht sollte jemand beim Sender anrufen und sich als seine Mutter ausgeben. Willi zu Ehren, oder so.« Beflügelt durch die Tatsache, dass man ihm ausnahmsweise Gehör schenkt, nimmt James jetzt das Heft in der Hand.
Sieben von den Leuten am Tisch schreien sofort: »Ich mach’s!« Innerhalb von Sekundenbruchteilen schließe ich mich ihnen hastig an. Wie in der Schule schießen die Hände in die Höhe, und alle wirken so eifrig und entschlossen, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie Tony Curtis als Vorsitzender des Clubs sich für einen von ihnen entscheiden soll.
»Ich. Nimm mich, Tony.«
»Nein, mich.«
»Mich, Tony, mich.«
»Ich mache es«, erklärt Tony mit frostigem Blick und in noch frostigerem Tonfall, der jede Diskussion im Keim erstickt.
Erneut nehme ich einen großen Schluck von meinen Bud.
Zwei erledigt, bleiben noch acht.
Ich habe nicht ohne Absicht den ganzen Abend über neben Tallulah gesessen. Ich mustere sie einen Moment; mir fällt wirklich keine Person ein, die mich so sehr verunsichert wie sie. Obwohl sie an einer erstklassigen Kunstschule studiert hat, ist sie schließlich in einem Strip-Lokal gelandet, wo sie vor und nach den Auftritten den Boden putzt. Sie trägt Klamotten von der Wohlfahrt, wohnt in einem heruntergekommenen Viertel und hat kein richtiges Ziel im Leben, außer so viele Leute zu töten wie menschenmöglich. Sie macht keinen Hehl daraus, dass sie die ganze Menschheit hasst, und mir ist klar, dass das auf Gegenseitigkeit beruht.
Ich begutachte die Tätowierung auf Tallulahs rechtem Unterarm. Sie hat die Form eines Dolches, von dessen Spitze Blut tropft, das sich in einer Lache sammelt, die den Schriftzug »Art Is Dead« ergibt. Da ich Tallulah kenne, vermute ich, dass mit »Arta irgendein unglückseliger Kerl gemeint ist, mit dem sie mal zusammen war.
»Ich hatte bisher nicht den Mut, dir das zu sagen, aber ich würde wirklich gerne wissen, wo du das hast machen lassen. Ein Freund von mir sucht
einen guten Tätowierer, um sich nadeln zu lassein. Ich rede, als wäre ich im Fachjargon der Tätowierer zu Hause, denn das klingt sicher hip.
Tallulah sieht zu mir hoch, mit einem kalten, düsteren, hasserfüllten Blick. »Hab ich mir selbst verpasst.«
»Wow. Das ist wirklich, äh... wirklich klasse. Du bist also Linkshänderin?«
»Was meinst du?« Sie hat nicht die Absicht, sarkastisch zu klingen, das ist einfach ihre Art.
Ich schenke Tallulah ein kurzes, freundliches Lächeln. »Wundert mich, dass du das nicht professionell betreibst. Bei deinen Fähigkeiten.«
Tallulah verzieht spöttisch das Gesicht, während sie sich eine Zigarette ansteckt.
»Hinter Stripperinnen herzuputzen - das muss einem doch wie ein echter Abstieg vorkommen, besonders wenn man so viel Talent hat.« Ich kann nicht anders, als sie weiter zu piesacken. Piesacken - wie passend. »Weißt du, deine Geschichte hat mich wirklich berührt...« Ich deute auf mein Herz. »Direkt hier. Ich kann immer noch nicht glauben, dass du mir das erzählt hast.«
»Ich habe es der ganzen Gruppe erzählt, nicht nur dir.«
»Ich weiß, aber deine Geschichte war so, na ja... persönlich... ich hatte das Gefühl, als würdest du nur mit mir reden, mit mir ganz allein. Ich glaube, ich hatte ganz vergessen, dass sonst noch jemand im Raum ist, so hat mich die Sache mitgerissen.« Ich will, dass Tallulah das unter die Haut geht, so wie die Tinte, die sie verwendet, um ihre Opfer zu tätowieren.
Im Hintergrund schildert James Mason die Einzelheiten seines letzten Mordes.
»Ich hatte Mutter versprochen,
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