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Der Club der Teufelinnen

Titel: Der Club der Teufelinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goldsmith Olivia
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lassen, während er sie zum Lift begleitete. Da sie hinter ihm ging, kam sie nicht umhin, seine Figur zur Kenntnis zu nehmen. Er war dünn, beinahe schon dürr, und hatte lange Beine. Sogar in dem billigen Anzug sah er von hinten einfach gut aus. Ob er wohl ein Spanier war? Ein Puertoricaner? Sie kamen am Aufzug an. Nun denn, ich habe es immerhin versuchte, sagte sie sich.
    »Rufen Sie mich nächste Woche an, und teilen Sie mir mit, was Sie noch für Informationen erhalten haben.« Annie nickte. »Und rufen Sie mich auch vorher an, wenn Ihnen sonst noch etwas einfällt.« Dies sagte er, als er sich schon von ihr abwandte.
    »Genau das gleiche wollte ich Ihnen auch gerade sagen.« Annie lächelte. »Auf Wiedersehen.«
    »Auf Wiedersehen, Mrs. Paradise.«
    Auf seinem Weg zurück in sein Büro schüttelte Miguel den Kopf. Das ist die haltloseste Anklage, die ich je gehört habe, dachte er. Er setzte sich an seinen Tisch, nahm die Brille ab und rieb sich die Augen. »Rufen Sie mich nächste Woche an.« Das war ihm so über die Lippen gekommen, bevor er sich dessen bewußt geworden war. Und sie hatte zugesagt.
    Als er die Augen wieder öffnete, fiel sein Blick auf Cynthias Brief. Nun gut. Er setzte die Brille wieder auf. Ich werde das noch einmal lesen. Die Frau hat sich feingemacht und ist immerhin den ganzen Weg bis hierher gekommen, in diese schäbige Ecke.
    Bei der Lektüre sah er jene verzweifelte Frau vor sich, deutlich, verständlich bis zum Schluß. Sie hatte das Bedürfnis gehabt, ihr Herz zu erleichtern und die Wahrheit über ihren Mann zu berichten, der ihr Leben zerstört hatte. Was für ein Schweinehund, dachte er ergrimmt. Wieso konnte er mit so etwas davonkommen? Himmel noch mal, wie gerne würde er ihn mit irgendwas festnageln.
    Es war nicht das erste Mal, daß Miguel seine Aufmerksamkeit auf das Thema Gil Griffin richtete. Beim dritten Durchlesen des Briefes kam ihm ein Gedanke. Er ging hinüber zum Aktenschrank und nahm einige alte Ausgaben des Wall Street Journal heraus. Vielleicht war da ja doch etwas zu finden.

15
Miguel ist am Zug
    Miguel De Los Santos saß an seinem zerkratzten Schreibtisch in dem Souterrainbüro der Börsenaufsicht im Federated Plaza, und wie jeden Tag überflog er das Wall Street Journal, nicht wegen heißer Tips, sondern um die Glücksritter und Börsenbarone ausfindig zu machen. Denn sehr oft befanden sich unter diesen auch die größten Gauner.
    Und von denen gab es eine Menge. Auf dem gluckernden Heizkörper lagen stapelweise Ausdrucke, in denen alles über ›Unregelmäßigkeiten‹ in dem Gewerbe stand, Tausende von Transaktionen, die nicht in das übliche Schema paßten und mit anderen Geschäften verbunden waren, unnatürlich hohe Gewinne und gewaltige Verluste – alles das wartete darauf, untersucht zu werden. Auf seinem Tisch, in den alten Aktenschränken und auf dem Fußboden häuften sich die Akten derer, die es noch nie zu überführen gelang. Einigen jagte er schon so lange hinterher, daß er sie seine alten Bekannten nannte. So viele Gauner und so wenig Zeit. Oder besonders viel Zeit, wie er sich seufzend sagen mußte. Jahrelang war er damit nun schon zugange. Einige hatte er dingfest und deren Anklage hieb- und stichfest machen können. Einige waren sogar für ein paar Monate hinter Gitter gewandert. Aber es mangelte stets an stichhaltigen Beweisen. Dafür gab es jede Menge an Einfluß, um alles zu vertuschen, dazu ausgesprochen wenig Motivation seitens seiner Behörde. Und darin lag das Problem.
    Der Besuch von Mrs. Paradise hatte ihn aufleben lassen. Er war sich nicht sicher, ob es an der Aussicht lag, Gil Griffin an den Haken zu bekommen, oder daran, daß Mrs. Paradise an einen sensiblen Punkt in seinem Innern gerührt hatte. Wie auch immer, er würde sie wiedersehen.
    Miguel De Los Santos lehnte sich in seinem klapprigen Drehstuhl so weit zurück, bis sein Hinterkopf beinahe die Wand hinter ihm berührte, legte die Füße auf den Tisch und starrte auf die nur zwei Meter entfernte Wand gegenüber. Gestern war er beim Augenarzt gewesen, weil er in letzter Zeit öfter unter Kopfschmerzen litt. Er war erschüttert, als ihm der Arzt eine Lesebrille verschrieb. Das hatte er nun davon, daß er jahrelang diese Akten gewälzt hatte. Er war nicht darauf vorbereitet, alt zu werden.
    Er fuhr zusammen, als das Telefon klingelte, und hob ab. »Mike?« Es war seine Frau oder vielmehr Exfrau. Milagros war aus Kuba, nicht aus Puerto Rico. Anders als Miguel war sie sehr um

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