Der Club der Teufelinnen
Informationen erhalten. Einen Moment lang war sie stumm geblieben. Dann hatte ihre Wut die Oberhand gewonnen. »Kannst du die Agentur nicht verkaufen?« hatte sie gefragt.
»Verkaufen?« Er war sofort hochgegangen. »Ich will sie kaufen!«
»Aber wenn du sie verkaufst, könntest du Sylvies Geld zurückzahlen.«
»So? Und wie soll ich mir meinen Lebensunterhalt verdienen?«
Sie hatte nicht weiter gedrängt, und jetzt schüttelte sie den Kopf, als ob sie sich von dieser Erinnerung befreien wollte. Jetzt wollte sie nicht daran denken.
Während der nächsten Stunde packte sie alles aus und verstaute die Lebensmittel, wischte Staub und holte Holz für ein Feuer. Dann bereitete sie das Gästeschlafzimmer oben für Elise und das Studio unten für Brenda vor.
Sie legte frische Handtücher und Seife bereit, stellte Blumen in Vasen und legte einige Magazine neben jedes Bett. Dann ging sie in das Eßzimmer und machte schon alles für das morgige Frühstück fertig.
Elise und Brenda trafen erst nach halb zwölf Uhr abends ein. Annie hörte den Wagen, Elises Limousine, kommen. Der Fahrer trug die Taschen und einen großen Truthahn herein und fuhr dann wieder fort, um in Elises Anwesen in East Hampton zu übernachten.
Brenda und Elise klagten über den Feiertagsverkehr. Sie waren müde und wollten nichts weiter als schlafen gehen. Annie zeigte ihnen ihre Zimmer und ging auch zu Bett. Beide hatten einen besonders schlechtgelaunten, mürrischen Eindruck gemacht. Wahrscheinlich waren sie sich gegenseitig ein halbes Dutzend Mal während der langen Fahrt auf die Zehen getreten.
Am nächsten Morgen wachte Annie früh auf, duschte und zog sich so schnell und leise wie möglich an. Dann ging sie hinüber zur Flurbalustrade, von wo aus man das Wohnzimmer überblicken konnte. Einen Augenblick lang genoß sie den Anblick.
Der Raum unter ihr war bereits in das Licht des Sonnenaufgangs getaucht, das durch die hohen Verandatüren auf der Ostseite hereinflutete. Die Westwand wurde von einem großen Kamin mit einem schlichten Holzsims eingenommen. Gegenüber von dem Kamin stand ein langes Sofa, mit je einem Lehnsessel links und rechts, zu denen auch zwei Fußpolster gehörten. Ich sollte dankbar sein für alles das hier, sagte sie sich.
An der Wand zwischen zwei Verandatüren stand Annies Regency-Sekretär aus England, die einzige wertvolle Antiquität im Hause. Hier müßte es sich gut schreiben lassen, fiel ihr mit einem Mal ein. Hier könnte ich ein Buch schreiben, ohne Ablenkung wie in New York. Jetzt, wo Sylvie fort ist … aber ich wäre einsam hier. Das Zimmer war wunderschön, das Haus war wunderschön, und sie war glücklich, daß sie es besaß. Aber hier war man so isoliert. Ach, ich bin ja verrückt, dachte sie. Die Ablenkungen lassen mich nicht arbeiten, und ohne Ablenkungen kann ich nicht leben.
Sie mußte lächeln. Die Päonien sahen einzigartig aus auf dem Tisch hinter dem Sofa. Ihre dicken weißen Köpfe neigten sich mit genau dem richtigen Maß an Fülle. In der Zimmerwärme hatten sie sich noch weiter geöffnet, und jetzt konnte sie sogar von hier oben die magentafarbenen Staubfäden erkennen. Wunderschön, dachte sie wieder, als sie so leise wie möglich die Treppe hinabstieg.
Der weißgestrichene Eßtisch mit den Windsorstühlen sah frisch und einladend aus. Das blaukarierte Tischtuch und die drei Gedecke machten einen guten Eindruck, aber etwas fehlte noch. Sie beschloß, sich draußen nach etwas Passendem umzusehen, und schlüpfte in ihre Stiefel und einen alten Mantel.
Es war kalt. Ein leichter Wind wehte von Süden und trug den Meeresgeruch herbei. In der hintersten Ecke des Gartens erspähte sie ein paar Feuerdornzweige. Das paßte gut und hatte die rechte Erntedank-Farbe. Annie schnitt ein paar von den Ästen und verspürte wie immer einen Stich, wenn sie etwas von hier draußen für die Innendekoration opferte.
Sie ging zurück und freute sich an ihrer Umgebung. Sie kam gerne hierher. In ihrer Vorstellung war es immer noch das Haus ihrer Großmutter. Annies eigener Geschmack tendierte eher zur japanischen Schlichtheit, doch hier herrschte noch Großmutters Hand vor. Es hatte für sie etwas Beruhigendes an sich.
Sie benutzte sogar die alte Kaffeemaschine ihrer Großmutter, wenn sie hier, selten genug, Kaffee zubereitete. Ihre befremdlichen Geräusche und ihr anheimelndes Gluckern hatte ihnen oft Gesellschaft geleistet.
Ach Gott. Wahrscheinlich werde ich das hier verkaufen müssen. Für wie viele
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