Der Club der Teufelinnen
»Ungefähr anderthalb Millionen Dollar sind weg.«
»Aber du hast doch gesagt, daß er es zurückzahlen will? Er ist doch nicht so ein jämmerlicher, verlogener Drückeberger wie Morty. Das kommt doch in Ordnung, nicht wahr, Annie?« Ausnahmsweise hörte sich Brenda diesmal an wie ein kleines Mädchen, das sich an eine Hoffnung klammert.
»Na ja, inzwischen ist Aaron sich nicht mehr so sicher. Er weiß nicht, wann er dazu in der Lage sein wird. Er sagte, daß gerade jetzt die Geschäfte nicht so gut laufen.«
»Das hast du uns nicht berichtet«, warf Elise ein. »Aber wie war das überhaupt möglich? Man kommt doch nicht so einfach an ein Treuhandvermögen heran.«
Annie schüttelte den Kopf. »Er hat es ohne mein Wissen getan. Es ist dabei mit ziemlicher Sicherheit nicht legal zugegangen, und vielleicht könnte man ihn sogar rechtlich belangen, aber was bringt das?« Dann erzählte sie ihnen von ihrem Besuch bei Gil Griffin und von seiner Drohung. Tränen traten ihr in die Augen. »Ich kann gerichtlich überhaupt nichts machen. Vom Gefängnis aus kann Aaron das Geld für Sylvies Unterricht erst recht nicht zurückerstatten.«
»Ich leihe dir das Geld«, erbot sich Brenda.
Elise warf ihr einen Blick zu. Wie kam es nur, daß gerade die Leute besonders freigebig waren, die selbst nicht viel hatten? Sie mußte an die Lebensregeln ihrer Mutter denken. Sie verstieß bereits gegen eine davon, indem sie diesen Frauen hier vertraute, die so anders waren als sie. Sollte sie gegen noch eine verstoßen? Sie hatte Annie viel zu gern, um zu riskieren, ihre Freundschaft zu verlieren. Aber Annie hatte ihnen heute auch etwas geschenkt, ihnen ihr Vertrauen geschenkt. Und plötzlich hatte auch Elise das Bedürfnis zu teilen.
»Also, ich hätte auch etwas zu beichten«, begann sie. »Ich habe mit einem Mann geschlafen, der nur halb so alt ist wie ich. Ich war betrunken. Und einsam. Und jetzt glaube ich, daß ich anfange, mich in ihn zu verlieben. Ich schäme mich deswegen. Und ich habe Angst davor, was die Leute sagen werden.«
»Wahrscheinlich werden sie sagen ›Die Glückliche!‹« Annie lächelte sie an, aber dann fielen ihr ihre eigenen Bedenken in bezug auf Miguel ein, der nur ein paar Jahre jünger war als sie und einer anderen Volksgruppe angehörte. Hatte sie da nicht auch Hemmungen? Es war so schwer, sich von Vorurteilen frei zu machen.
»Kümmere dich bloß nicht um das, was andere sagen«, riet Brenda. »Sollen sie dir doch den Buckel runterrutschen, wenn sie daran Anstoß nehmen. Aber bislang hat von euch keine den Vogel abgeschossen. Jetzt bin ich dran, und dann werden euch die Augen übergehen.« Sie sprach mit größerer Nonchalance, als sie tatsächlich verspürte. »Der Gewinn ist eine Wasch- und Trockenmaschine und Beifall aus dem Publikum. Ich habe auch etwas, wofür ich dankbar bin, aber ich warne euch, es ist ziemlich ausgefallen.« Sie sammelte sich. »Morty hat meinem Vater einmal was erzählt … ein Geheimnis über eine Affäre, die ich mal mit einer von den Betreuerinnen in einem Sommerlager gehabt habe und das ich ihm anvertraut hatte.« Elise und Annie starrten sie an. »Die Betreuerin war fast noch ein Mädchen. Sie war die Schwimmlehrerin.« Nun war es heraus.
»Als Morty das meinem Vater erzählt hatte, schaute mein Vater mich böse an, und ich mußte weggucken. Ich konnte ihn einfach nicht anlügen. Nie. Mein Vater hat nie darüber gesprochen, aber er war anders geworden, tief drin. Mein Papa hat mich immer geliebt, das wußte ich, aber von da an schaute er mir nie mehr in die Augen. Und als mein Vater vier Monate später starb, fühlte ich mich einfach gräßlich. Und ich gab Morty die Schuld daran. Das tue ich immer noch. Denn natürlich hätte ich ihm das niemals erzählen dürfen.«
»Viele Mädchen schwärmen für Frauen, wenn sie Teenager sind. Das ist völlig normal«, beruhigte Elise sie. »Dein Vater hat das bloß nicht gewußt.«
Die drei Frauen schwiegen, nur das Feuer knisterte. »Ich glaube, daß mehr dahinter steckt, Elise.« Brenda sah ihre beiden Freundinnen offen an. »Ich versuche, mir darüber klarzuwerden, seit ich Diana kennengelernt habe. Ihr müßt wissen, daß dieses Erlebnis mit der Betreuerin das einzige Mal in meinem Leben war, wo ich körperliches Begehren empfunden habe. Alles andere ist nie so gewesen … erst recht nicht mit Morty. Ich habe geglaubt, daß es an unserer schlechten Ehe lag. Jedenfalls wollte ich das glauben. Aber es saß tiefer.« Sie sprach
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