Der Club der Teufelinnen
Unternehmen verließ. Er wußte zwar nicht, warum sie das tat, aber er hatte so das Gefühl, daß mit ihr nicht alles stimmte, und da er bei der Arbeit ihre Aversion ihm gegenüber deutlich spürte, war er der Meinung, daß ein bißchen Munition ganz willkommen sein dürfte. Zumindest etwas habe ich von Gil Griffin gelernt, dachte er. Und nun, nach nur zwei derartigen Ausgängen: Volltreffer!
Nur daß er noch nicht so recht wußte, was er damit anfangen konnte. Noch nicht. Er hatte sie und ihren Geschäftspartner kaum durch die verschmutzte Scheibe des Restaurants erkennen können. Aber diese Kombination aus diesem abgelegenen Restaurant, einem Schwarzen und dem Umschlag, den er sie hatte hinüberreichen sehen, dürften ausreichen, um ein ungenießbares Süppchen zu brauen, dessen war er sich sicher. Drogen? Sex? Noch Schlimmeres? Er befahl seinem Fahrer, dem Schwarzen zu folgen, der schnell in Richtung Broadway davonging. Bei der 96. Straße betrat er ein neues Gebäude mit Luxus-Apartments, das dort wie ein Fremdkörper zwischen den Mietshäusern und Bodegas stand. Dies war ein Glückstag für ihn und ein weniger glücklicher für Mary, sagte sich Stuart. Jeden Tag zeigte sich deutlicher, daß Mary Griffin alles andere als eine unbescholtene Frau war.
Stuart sah sich das Logo an der Wand des Gebäudes an und notierte sich den Namen der Management-Firma, die er als eine seiner Pensionskassenkunden erkannte. Wieder ein Volltreffer! Er wies seinen Fahrer an, ihn zur Wall Street zurückzufahren, und begann, still vor sich hin lächelnd, einige Telefonate vom Wagen aus zu tätigen.
17
Gelobtes Land
Annie mußte vor sich hin lächeln, als sie vom Montauk Highway abbog und die Eisenbahngleise überquerte. Dies würde wohl das erste Mal sein, daß Elise sich auf die falsche Seite der Schienen hier draußen in den Hamptons begab.
Annies kleines Haus, das sie von ihrer Großmutter geerbt hatte, war ein echtes kleines Landhäuschen und nicht eins von diesen gewaltigen Anwesen am Strand, die von den Wohlhabenden weiterhin hartnäckig als ›Häuschen auf dem Lande‹ bezeichnet wurden. Es lag in Devon, einer Ecke von Amagansett nördlich der Hauptstraße und damit auf der Seite, die nicht als schick galt. Vor siebzig Jahren hatte sich ihre Großmutter in dieses alte Bauernhaus auf der kleinen Halbinsel, die Gelobtes Land hieß, beim ersten Anblick verliebt.
In dem dämmrigen Herbstlicht war es leicht zu erkennen, warum. Das dunstige Blau der Fensterrahmen hob sich wunderschön von den braunen Zedernschindeln des Hauses ab, das auf einer sanft ansteigenden Wiese stand. Die eine Seite des Hauses nahm ein einziger hoher Raum ein, das Wohnzimmer, mit dem offenen Dachgebälk und großen Verandatüren nach drei Seiten, die auf eine alte Ziegelterrasse hinausführten.
Im anderen Teil des Hauses gab es ein weiteres Stockwerk, mit einer Küche, einem Bad, einem kleinen Studio unten, zwei Schlafzimmern und einem weiteren Bad oben. Ein verglaster Vorraum auf der Westseite diente als Eßzimmer und Wintergarten. Von den Fenstern auf der Westseite aus sah man auf den kleinen Hof und dahinter den Strand und die Bucht, die nun im silbrigen Grau eines spätherbstlichen Nachmittags dalag.
Als Annie die Auffahrt hinauffuhr, schien der knirschende Kies sie willkommen zu heißen. Das Tageslicht würde gerade noch ausreichen, um den Holzstoß zu inspizieren, das Haus zu lüften und vielleicht einen Apfelwein-Punsch für den morgigen Feiertag anzusetzen. Es war ungewöhnlich kalt für die Jahreszeit, fast schon winterlich, und sie würde eine Menge Holz herbeischaffen müssen.
Zuallererst aber war der Wagen auszupacken. Sie hatte Vollkorn-Croissants besorgt und Himbeeren und Sahne, dazu einen herrlich duftenden Jamaika-Kaffee und schließlich noch einen Riesenstrauß Päonien. Schuldbewußt schaute sie auf die riesigen, schwellenden Blüten. Jede einzelne kostete vier Dollar, und zwölf davon hatte sie gekauft. Ich kann noch nicht einmal die Versorgung meiner Tochter bezahlen und werfe achtundvierzig Dollar für einen Blumenstrauß aus dem Fenster. Annie seufzte. Aber was waren diese achtundvierzig Dollar neben den anderthalb Millionen, die ihr Mann vertan hatte?
Sie war sich nun sicher, daß sie das Geld nicht so bald wiedersehen würde. Und vielleicht sogar nie. Aaron hatte angerufen und kühl erklärt, daß es gerade jetzt geschäftliche Probleme gäbe. Annie fragte sich, ob das stimmte; von Chris und Jerry hatte sie andere
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